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Analog 2

Analog 2

Titel: Analog 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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lassen.“
    Miller murmelte etwas, dann ging er zu der akustischen Flamme und schaltete den Brenner ab. Er wollte gerade die Streichholzschachtel wieder auf das Regal legen, als ihm offensichtlich etwas einfiel. Er nahm ein Streichholz heraus, zündete es an und sah in die Flammen.
    Noch mehr Flammen, dachte Quentin Thomas. Sind wir wieder bei Punkt eins angelangt? Er unterdrückte ein Gähnen.
    „Mit ein wenig Talent – und Übung“, sagte der Erfinder, „kann man lernen, eine Flamme zu ‚lesen’. Wie ein Musiker seine Noten liest. Er hört alle Noten in seinem Kopf. Beethoven war darin besonders gut – in seinen letzten Lebensjahren mußte er das sein, als er taub wurde. Aber jetzt sieh dir das an.“ Er wandte sich um und hielt das Streichholz empor. „Ein Chemiker sieht ein brennendes Streichholz und denkt: C + O 2 → CO 2 . Ein Physiker dagegen denkt an das Charlessche Gesetz, an den Einfluß der Temperatur auf das Gasvolumen, vielleicht mit einem kurzen Nebengedanken an Photonen, die erzeugt werden, wenn Elektronen Orbitalsprünge durchführen.“
    „Und was siehst du? “ fragte Thomas.
    „Hören, Quent. Nicht sehen. Diese kleine Flamme singt für mich. Aua! “ Er warf das verkohlte Holz in den Aschenbecher. „Ich höre das Lied einer großen Weißholzpinie aus Georgia. Dieses kleine Streichhölzchen wurde, mit Millionen anderer Gesellen, aus dem Holz hergestellt. Es hat den Wechsel der Jahreszeiten erfahren. Es ist älter als du und ich. Vögel haben in seinem Elternbaum ihre Nester gebaut. Davon singt mir die Flamme.“ Er verstummte. „Du siehst mich merkwürdig an. Du glaubst mir nicht, oder?“
    Quentin Thomas hob kaum merklich die Schultern. „Du hörst also ein Streichholz singen, Carl. Das ist seltsam, aber was soll ich dagegen sagen?“ Er lächelte. „Geht dir das mit allen Flammen so?“
    „Nein. Andere sind mehr prosaisch. Die Bunsenflamme hier zum Beispiel, die hat vage Erinnerungen an verfaulende prähistorische Reptilien im Permianischen Becken. Andererseits hat eine Getreide alkohollampe viel zu sagen über wogende Weizenfelder und die Biochemie der Fermentation.“
    Quentin Thomas lächelte.
    Der Erfinder sah verletzt drein. „Du hältst mich für verrückt!“
    „Nein. Ich fragte mich nur, ob du dich nach deinem Tod verbrennen lassen wirst.“
    Miller sah hinüber zu dem quadratischen Hitzerahmen. (Warum hat er das getan, wunderte sich der Anwalt. Welche Verbindung besteht zwischen seinem Willen und dem Rahmen?)
    „Nein, ich halte nichts von einer Feuerbestattung“, verneinte der Erfinder.
    „Aber du hast doch bestimmt einen letzten Willen?“
    „Hab’ ich. Für alles, was ich hinterlasse, eingeschlossen das Haus und das Labor samt Inhalt, ist gesorgt. Um meinen Leichnam werde ich mich selbst kümmern.“
    Quentin Thomas dachte darüber nach. Wollte sein Freund ein Loch ausheben und dann selbst die Erde über sich schaufeln? Irgend etwas entging ihm hier. Er hoffte nur, es mochte nichts Wichtiges sein. Nun, egal. Er mußte sich verabschieden. „Carl, vergiß die Sache mit der akustischen Flamme wieder. Konzentrieren wir uns auf dieses H-TEK. Damit ist Geld zu machen. Übrigens, da wir gerade dabei sind – ich vermute, TEK steht für ‚Thermale Energie-Konversion’?“
    „Richtig.“
    „Und wofür steht dann das H?“
    „Nun, ich … gute Frage. Hier geht’s raus.“
    Also will er nicht antworten, überlegte der Anwalt. Spielt das eigentlich eine Rolle? Laß ihm sein Geheimnis. Die Mündung der Mossbergflinte schien direkt auf ihn zu zeigen, als sie hinausgingen.
    Quentin Thomas vergaß das H. Er bemühte sich zu lauschen, aber er hörte nur die verhaltenen Geräusche eines verlassenen Hauses. Keine öffnenden oder schließenden Türen. Keine Stimmen.
    Miller begleitete ihn zur Eingangstür. Dann erinnerte sich der Anwalt wieder. Der Erfinder hatte einen Partner. Der Mann, der H-TEK finanzierte. Er zwang sich zur Vernunft. Er mußte mit diesen müßigen Spekulationen aufhören. Das war ungerecht gegenüber den Millers – wie auch gegenüber dem schattenhaften Sponsor, den er vielleicht niemals kennenlernen würde.
    Er ging hinüber zur Bushaltestelle.
    Auf dem Heimweg begann Quentin Thomas mit einer sorgfältigen Reminiszenz der Ereignisse des heutigen Vormittags. Das tat er, weil er gespürt hatte, daß irgend etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sicher, er hatte eine ausgezeichnete Beschreibung einer gut funktionierenden Erfindung. Damit konnte er

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