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Analog 2

Analog 2

Titel: Analog 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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kritzelte frisch drauflos. Es war das „Formular 21“. Das beschriebene Blatt legte er in das Fach für abzuschickende Post.
     
    Quentin Thomas, Esq.
    Ausstellungsdatum 25. 9. 2023
    S.N. 123 456,  Ablage am 1. Juli 2023
    Maschine und zugehörige Energiequelle.
     
    Carlton Miller
     
    Sehr geehrter Herr,
    Ihr Antrag ist bei uns eingegangen.
    Bei der fraglichen Erfindung scheint es sich um einen Perpetuum-mobile-Mechanismus zu handeln. Das Patentamt kümmert sich nicht um derartige Mechanismen. 35 USC 101, Handbuch der Patentprüfungsprozeduren 706.03 (S).
    Sollten Sie trotzdem weiterhin auf Ihrem Antrag bestehen, so wird eine Demonstration der Erfindung verlangt. Kom. Notiz 30. Jan. 1918; siehe auch Ex parte Payne, 1904 CD. 42.
     
    Hochachtungsvoll
     
    G. K. Tepples, Prüfer  Telefon 557-1111
    Richten Sie alle Anfragen an den Patentbeauftragten, Washington D.C.
     
    Formular 21
     
     
    Der Anwalt lächelte grimmig. Er hatte nichts anderes erwartet. Und er mußte auch nicht erst den riesigen Loseblatthefter öff nen, um zu wissen, was Abschnitt 706.03 (S) bedeutete. Er hat te Carl Miller das alles schon zuvor erklärt. „Carl, das Patentamt wird sich das alles ansehen und dann deine Erfindung als Perpetuum-mobile-Maschine klassifizieren. Was bedeutet, etwa drei Monate nach Eingang des Antrags wird man mir das Amt Formular 21 zusenden. Und dann müssen wir dein kleines Spielzeugauto nehmen und es dem Untersucher vorführen.“
    „Ich bin bereit.“
    Also war jetzt die Zeit gekommen. Er rief Miller an.
    „Denise, mein Liebling“, sagte Miller, „ich muß nach Washington. Geschäfte beim Patentamt.“
    Sie saß an der Frisierkommode in ihrem Schlafzimmer und bürstete ihr langes, dunkles Haar. Sie betrachtete sein Bild im Spiegel, ohne sich umzudrehen und ohne mit Kämmen innezuhalten. „Oh, wirklich? Wie lange?“
    „Zwei oder drei Tage. Ich werde im Americana in Arlington absteigen.“
    „Wozu mußt du denn drei Tage im Patentamt verbringen?“ Ihre Stimme klang nachdenklich, fast barsch.
    „Gespräche mit den Leuten dort über meinen Motor. Ich muß ein Modell mitnehmen. Vielleicht sogar demonstrieren. Quentin Thomas trifft alle Vorbereitungen.“
    „Aber du wirst spätestens am Freitag zurück sein?“
    „Wahrscheinlich.“
    „Frühestens Donnerstag?“
    „Ja.“
    „Ruf mich an, wenn du deine Pläne ändern solltest.“
    „Natürlich.“
     
4. Die Demonstration
     
    „Wie funktioniert es?“ fragte Mr. Tepples. Er hatte sich über seinen Schreibtisch nach vorn gebeugt und betrachtete den kleinen Spielzeugwagen.
    „Das Prinzip ist recht einfach“, antwortete Carlton Miller. „Die Maschine macht sich das Temperaturgefälle zunutze. Daraus kann nach dem Carnotschen Hitzezyklus und dem Ersten Hauptsatz der Thermodynamik Arbeit gewonnen werden: W = q(T 2 –T 1 )/T 2 .“
    „Wie bei dem Prozeß der Arbeitsgewinnung aus dem Ozean“, mutmaßte Mr. Tepples. „OTEK wird das meines Wissens genannt. Die oberen, warmen Wasserschichten erzeugen verfügbare Energie, wenn sie mit kälteren, unteren Schichten in Berührung gebracht werden.“
    „Dasselbe Prinzip“, stimmte Miller zu. „Und OTEK bezeichnen Sie doch auch nicht als Perpetuum mobile, oder?“
    „Natürlich nicht“, sagte Tepples. „Die Theorie in erster Linie, daß das Wasser im Endeffekt isothermisch wird, womit die gewonnene Arbeit des Systems null wird. Zum zweiten hängt das ganze System von der Wärmeeinwirkung der Sonne ab und nicht etwa von der inhärenten, internen Fortdauer des Systems an sich. OTEK gehorcht vollkommen der Formel E = A + TS, wobei A, die verfügbare Arbeit, in der Theorie auf null abfallen muß, wenn alle Schichten des Ozeans dieselbe Temperatur erreichen. Wenn das aber geschieht, dann wird E, die Energie, gleich TS, Entropie – mit anderen Worten, man hat eine gewisse Energie präsent, aber keine Möglichkeit, sie zu extrahieren.“
    „Unsere Erfindung unterliegt denselben Gesetzmäßigkeiten“, versicherte Quentin Thomas.
    „Also kein wirkliches Perpetuum mobile?“ fragte Tepples mit hinterhältigem Grinsen .
    „Eigentlich nicht“, antwortete Miller.
    „Könnte die Maschine hundert Jahre lang laufen?“ fragte Tepples.
    „Ja, wenn sie ordentlich gewartet wird“, entgegnete der Erfinder.
    „Tausend …?“
    „Wenn abgenutzte Teile ersetzt werden, ja.“
    „Eine Million Jahre?“
    „Auch – wenn die Einzelteile noch verfügbar sind und sich jemand um die Maschine kümmern kann.“
     



Mr.

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