Anansi Boys
Tat so sei.
»Sie ist eine Freundin der Fa m ilie«, sagte Fat Charlie.
»Ihr Name ist Higg l er. Callyanne Higg l er. Haben Sie von ihr gehört ? «
Der Taxifahrer war eine Weile still. Er schien nachzudenken. Dann sagte er, nein, von der habe er noch nie gehört. Das Taxi hielt vor dem Hotel Dolphin, und F a t Charlie bezahlte den Mann.
Er betrat das Hotel. Eine junge Frau saß an der Rezeption. Er zeigte ihr seinen Pass und seine Reservierungsnu m mer. Er legte die Li m one auf den E m pfangstresen.
»Haben S i e Gepäck?«
»Nein«, sagte Fat Charlie entschuld i gend.
»Gar keins?«
»Gar keins. Nur diese Li m one.«
Nachdem er diverse For m ula r e ausgefüllt hatte, g a b sie ih m eine n Schlüss e l u n d bes c hr ie b i h m , w o sei n Z i mm e r war.
Fat Charlie war i m Bad, als es an der Tür klopfte. Er wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. Es war der Hotelpage. »Sie haben Ihre Li m o ne am E m pfang liegen lassen«, sagte er und überreichte sie ihm.
»Danke« , sagt e Fa t Charl i e . E r kehrt e i n s Ba d zurü c k . An schließend ging er zu Bett und hatte unge m ü tliche Träume.
—————
I N S E I N E M Ha u s a u f de r Klip p e h a t t e a u c h G r a h am e Co a t s die seltsa m sten Träume, dunkel und e h er unerfreulich, wenn nicht geradezu unangen e h m . Beim Erwachen konnte er sich nicht me hr recht erinnern, doch schlug er die Augen m it dem vagen Eindruck auf, er habe die Nacht da m it verbracht, sich durch langes Gras an kleinere Geschöpfe heranzuschleichen, sie m it einem Hieb seiner Ta t z e zu erledigen und ihre Leiber m it s e inen Zähnen zu zerreißen.
Im Traum waren seine Zähne Werkzeuge der Zerstörung.
Er erwac h te mit ei n e m Gefühl der Verunsicherung, der junge Tag schien bereits un t er einer gewissen Spannung zu stehen.
Es begann also, wie an jedem Morgen, ein neuer Tag und schon, nur eine Woche von seinem alten Leben entfernt, empfand Grahame Coats die Frustriertheit des Flüchtlings. Er hatte einen Swimmingpool, wohl wahr, und Kakaobä u me ebenso wie G r a p efruitund Muskatnussbäume; er besaß einen vollen Weinkeller und einen leeren Fleischkeller. Er war m it all e n m odernen Medien ausgerüstet, hatte Satellitenfernse h en, eine große DVD-Sammlung und jede Menge Kunst an d e n Wänden, tausende von Do l lar wert. Er hatte einen Koch, der jeden Tag kam und ihm seine Mahlzeiten z u bereitete, eine H a ushälterin und eine Art Hausmeister und Gärtner ( e in Ehepaar, das jeden Tag für einige Stunden D ienst tat). Das Essen war ausgezeichnet, das Kli m a sofern ma n war m es, sonniges Wetter schätzte – ideal, und nichts von alledem machte Grahame Coats so glücklich, wie es i h m seines E r achtens zustand.
Er hatte sich seit seiner A b reise aus England nicht mehr rasiert, was ihm allerdings noch keinen nennenswerten Bart beschert hatte, sondern ledi g lich jene Art von dünner Gesichtsbehaarung, die den gan z en Mann etwas fadenscheinig erscheinen lässt. Seine Augen saßen in pandabärartig verschatteten Höhlen, und die Tränensäcke darunter waren so dunkel, dass sie wie blaue Flecken an m u teten.
Einmal am Tag, morgens, s c hwamm er im Pool, ansonsten m ied er die Sonne; schli e ßlich hatte er sein unrecht m äßiges Ver m ögen nicht angesammelt, um es gleich wieder an den Hautkrebs zu verlieren. Oder an was auch i m mer.
Er dachte zu viel an London. In London h a tte jedes seiner Lieblingsrestaurants einen Oberkellner, der ihn m it seinem Namen anredete und dafür s o rgte, d a ss er zufr i eden, ja glücklich nach Hause ging. In London gab es Leute, die ihm noch einen Gefallen schuldet e n; er hatte nie Proble m e, Pre m ierenkarten zu bekommen, und vor allem gab es in London Theater, in denen Pre m i eren gegeben wurden. Er hatte immer gedacht, dass er einen perfekten Exilanten abgeben würde, doch allmählich s c hwante i h m, dass er sich getäuscht haben m o chte.
Da er einen Sündenbock b r auchte, kam er zu dem Schluss, dass Maeve Livings to ne die Schuld an di e ser ganzen Situation trage. Sie war der Auslöser gewesen. S i e hatte versucht ihn zu berauben. S ie war ein Drache, ein Bie s t und ein Flittchen. Egal, was m it ihr passiert war, sie hatte es verdient. Sie war ja total a u sgerastet. Für den Fall, dass er im Fernsehen interviewt w e rden würd e , konnte er bereits die gekränkte Unschuld in s e i n er Stimme hören, während er erläuterte, dass er sein Eigentum und seine Ehre gegen eine
Weitere Kostenlose Bücher