Anansi Boys
gehören.«
Der alte Mann nickte.
Und dann sagte sie: »Will Tiger sie denn nicht zurüc k haben?«
Er nickte wieder. » Er will sie seit ze h ntausend Jahren zurückhaben.«
»Aber er bekommt sie nicht, oder?«
Der alte Mann sagte nichts. Er starrte in die Ferne. Dann zuckte er die Achse l n. »Wäre schlimm, wenn er sie kriegen würde.«
»Was ist m it Anansi?«
»A n a ns i is t tot« , sagt e d e r Alte . »Un d d a kan n ei n Dup p y nicht viel dran ändern.«
»Da ich selber ein Duppy b i n«, sagte sie, » m öchte ich m ir solche Äußerungen verbitten.«
»Na ja«, sagte der alte Mann, »Duppys können nun ma l nichts Lebendiges berühren. Schon vergessen?«
Sie dachte kurz darüber nach. »Aber was kann ich dann berühren?«, fragte sie.
Der Ausdruck, der über sein a l tes Gesicht huschte, war sowohl verschmitzt als auch v e rschlagen. »Tja«, sagte er.
»Sie könn t en m ich berühren.«
»Ich m u ss Sie darauf aufmerksam machen«, sagte sie scharf, »dass ich eine verheiratete Frau bin.«
Sein Lächeln wurde nur noch breiter. Es war ein süßes und sanftes Lächeln, ebenso herzerwärmend wie gefährlich. »Im Allge m ei n e n endet ein Vertrag dieser Art in ei ne m bis dass der Tod euch scheidet. «
Maeve blieb unbeeindruckt.
»Die Sac h e ist die«, erklärte er ihr, »Sie sind ein immaterielles Mädchen. Sie können immaterielle Dinge berühren. Wie m i ch z u m Beispiel. Ich me ine, wenn Sie wollen, können w i r tanzen gehen. Es g i bt ein Lokal ganz in d e r Nähe. Würde niemandem auffallen, wenn auch ein Paar von Duppys über den Tanzboden schwebt.«
Maeve überlegte. Es war so lange her, seit sie z u letzt tanzen gegangen war. »Sind S i e ein guter Tä n zer?«, fragte sie.
»Habe noch keine K l agen gehört«, sagte der Alte.
»Ich suche einen Mann, e i nen le benden Mann – n a mens Grahame Coats. Können Sie m ir helfen, ihn zu finden?«
»Ich kann Sie auf jeden Fall in die richtige Richtung dirigieren«, sagte er. »Also, wie ist es, ta n z en Sie?«
Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. »Das fragen Sie mic h ?«, sagte s i e.
—————
DIE KETTEN, die Spider gefesselt hatten, fielen ab, der Schmerz, eben noch unablässig bohr e nd wie ein böser Zahnschmerz, der den ganzen Körper ergreift, ließ la ngsam nach.
Spider trat einen Sc h r itt nach vorn.
Vor ihm schien so etwas wie ein Riss im H i mmel auf, und er bewegte sich darauf zu.
Er sah eine Insel vor sic h . Er konnte einen kleinen Berg in der Mi t te dieser Insel sehen. Er konn t e einen strahlend blauen Himmel s e hen, sanft sich wiegende Pa l men, ei n e weiße Möwe hoch oben im Himm e l . A b er währe n d er sie noch sah, schien diese Welt sich bereits zurückzuziehen. Es war, als würde er sie durch d a s verkehrte Ende eines Fernrohrs betrachten. Sie schru m pfte und entzog sich ih m, und je angestrengter er ihr nachlief, desto m e hr schien sie sich zu entfernen.
Die Insel war eine Spiegelung in einer Wasserpfütze, und dann war sie gar nichts mehr.
Er war in einer Höhle. Überall gab es scharfe Kanten schärfer als alles, was Spider je gesehen hatt e . Dies war ein Ort ganz eigener Art.
Sie stand in der Höhlenöff n ung, zwischen ihm und dem Freien. Er kannte s i e. Sie hatte ihm in einem griechischen Restaurant in Süd l ondon ins Gesicht gestarrt, und aus ihrem Mund waren V ö gel gekommen.
»Weißt du«, sagte Spider, »ich m u ss schon sagen, dass du eine zie m lich seltsame Vorstellung von Gastfreundschaft has t . Wenn du in mei n e Welt kämst, würde ich dir ein Essen kochen, würde eine Flasc h e Wein a u fmac h en un d schön e sanft e Musi k a uflegen ; ic h würd e di r einen A b end bescheren, den du nie vergessen würdest.«
Ihr Gesicht war au s d ruckslos, wie aus s c hwa r zem Fels ge me ißelt. Der Wind zerrte an den Rändern ihres alten braunen Mantels. Dann sprach sie, m i t einer Stimme so hoch und einsam wie der Ruf einer fernen Möwe.
»Ich habe dich geho l t«, sagte sie. »Jetzt wirst du i h n rufen.«
»Ihn rufen? Wen rufen?«
»Du wirst winseln«, sagte sie. »Du wirst wimmern. Deine Furcht wird ihn erregen.«
»Spider w i nselt nich t « , sagte er. Er war sich nicht sicher, ob das zutraf.
Augen so schwarz und glänzend wie Obsidiansplitter starrten ihm entgegen. Wie schwarze Löcher wa r e n die s e Augen, sie ließen nichts heraus, nicht einmal Information.
»Wenn du m ich tötest«, sag t e Spider, »wird me in Fluch über dich kommen.«
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