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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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die kleinen Spinnen, Giftspinnen und beißende Spinnen; riesige, haarige Spinnen und elegante C h itinspinn e n. Ihre Augen nahmen alles Licht auf, das sie finden konnten, aber recht eigentlich sehen taten sie durch ihre Beine und Füße, indem sie aus Schwingungen ein virtuelles Bild ihrer U m gebung schufen.
    Es war ei n e ganze Armee.
    Tiger sprach wieder aus d e r Dunkelheit heraus: »Wenn du tot bist, Anansikind – wenn deine ganze Blutlinie tot ist, dann werden die Geschichten wieder m i r gehören. Dann werden die Leute wieder T i gergeschichten erzä h len. Sie werden sich versammeln und meine Gerissenheit und me ine Kraft, meine Grausa m k e i t und me ine Freude preisen. Jede Ge s c hichte wird meine s e in. Jedes Lied wird meins sein. Die Welt wird wieder so sein, wie s ie früher war: ein dunkler Ort. Ein grausa me r Ort.«
    Spider lauschte dem Ra s cheln seiner A r mee.
    Er saß aus gutem Grund am Klippenrand. Zwar hatte er dort keinerlei Rückzugs m ögli c hkeiten, aber Tiger hatte auch keinen Platz zum Angreifen, er konnte sich nur langsam anschleichen.
    Spider begann zu lachen.
    »Worüber lachst du, Anansikind? Hast du den Verstand verloren?«
    Darauf lachte Spider nur noch mehr.
    Aus der Dunkelheit erhob sich jetzt Gejaule. Tiger war auf Spiders A r mee g e stoßen.
    Es gibt v i elerlei Arten von Spinneng i ft. Oft dauert es sehr lange, bis sich die ganze Wirkung des Gifts zeigt. Naturforscher denken seit Jahren darüber nach: Es gibt Spinnen, deren Biss zur Folge hat, dass die betroffene Stelle verfault und abstirbt, ma nchmal erst über ein Jahr nach dem Biss. Die Frage, warum S p i nnen so etwas tun, ist leicht zu beantworten. Sie tun es, weil sie es lustig finden und weil sie nicht wollen, dass ma n sie je vergisst.
    Schwarze Witwe biss Tigers ra m ponierte Nase, Tarantu la biss seine Ohren: Binnen Kurzem brannten und sch m erzten seine e m pfindlich e n Stellen, schwollen an und juckten fürchterlich. Tiger wusste nicht, wie ihm geschah; er spürte nur das Brennen, den Schmerz und die plötzlich einsetzen d e Furcht.
    Spider lachte noch länger u n d lauter, und er lauschte dem Lärm, der entsteht, wenn ein großes Tier Hals über Kopf ins Buschwerk stürzt und dabei vor Schmerz und Angst laut brüllt.
    Dann saß er und wartete. Tig e r würde zurückkehren, da hatte er k e inen Zweifel. Es war noch nicht vorbei.
    Spider nahm die siebenbeini g e Spinne von seiner Schulter und s t reichelte sie, indem er m it den Fingern über ihren breiten Rücken fuhr.
    Ein Stück weiter unten am Berghang tauchte jetzt ein kalt leuchtendes, grünes Licht auf, und es flackerte wie die Lichter einer winzigen Stadt, blitzte kurz auf in der Dunkelheit und verschwand wieder. Es kam auf ihn zu.
    Das Flac k ern löste sich in hunderttausend Leuchtkäfer auf. Im Zentrum des Leuchtk ä ferlichts zeichneten sich die dunklen U m risse einer me nsc h lichen Gestalt ab. Sie kam stetig den Berg hochmarschiert.
    Spider hob einen Stein und machte im Geiste seine Spinnenarmee für einen weiter e n Angriff bereit. Doch dann hielt er inne. Die Gestalt im Leuchtkäferlicht hatte etwas Vertrautes; sie trug einen grün e n Filzhut.
     
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    GRAHAME COATS war m i t der halben Flasche R u m, die er in der Küche gefunden hatte, mehr oder weniger fertig. Er hatte den Rum geöffnet, w e il er kei n erlei Verlangen danach hatte, in den Weinkeller zu gehen, und weil er sich ausrechnete, dass er vom R u m schneller betrunken würde als vom Wein. Leider war d a s nicht der Fall. Der Rum schien kaum eine Wirkung zu haben, schon gar nicht verhalf er ihm dazu, e m otional mal richtig abzuschalten, wie er es seiner Ansicht nach n ö tig gehabt hätte. Er lief durchs Haus, die Flasche in der einen, ein halb volles Glas in der anderen Hand, ma l n a hm er einen Schlu c k aus diese m , mal aus jener. Plötzlich fiel i h m sein Spiegelbild ins Auge, niedergeschlagen und schwitzend. » K opf hoch«, sagte er laut.
    »Erstens kom m t es anders. Kein Unglück ist so groß, trägt doch schon das Glück. In unser aller Leben hin und wieder Regen. Zu viele K ö che. Auf jedes Gewitter folgt dings . « Der R u m war so gut wie weg.
    Er ging in die Küche zurück. Er öffnete mehrere Schränke, bevor er, ganz hinten in einem der Fächer, eine Flasche Sherry fand. Grahame nahm sie und wiegte sie dankbar im Ar m , wie einen sehr kleinen a l ten Freund, der nach vielen Jahren auf See gerade hei m gekehrt war.
    Er schraubte den Verschluss

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