Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
andere?«
Er kniete nach wie vor auf dem Fußboden und beugte sich über die Listen.
»Das verstehe ich nicht«, murmelte er. »Konstantin Liwanzew und Swetlana Petrowna Alleko haben im Oktober 1992 das Aufgebot bestellt, und im April 1993 hat derselbe Liwanzew eine Irina Vitaljewna Alleko geheiratet. Das verstehe, wer will.«
Nastja sprang auf und kniete sich neben Anton auf den Fußboden.
»Alles klar. Aus irgendeinem Grund hat er Swetlana Petrowna nicht geheiratet. Haben er und Irina Vitaljewna ein Aufgebot bestellt?«
Sie hatten sich beide der Länge nach auf dem Fußboden ausgestreckt, suchten die Listen ab und fanden ziemlich bald den gesuchten Eintrag. Liwanzew und Irina Vitaljewna hatten im Januar 1993 das Aufgebot bestellt.
Nastja richtete sich auf und rieb sich den schmerzenden Rücken.
»Eine interessante Geschichte«, murmelte sie. »Ein gewisser vierunddreißigjähriger Liwanzew will eine Swetlana Petrowna Alleko heiraten, die zu dieser Zeit bereits achtundvierzig Jahre alt ist. Die Hochzeit müßte im Dezember oder Januar stattfinden, aber aus irgendeinem Grund kommt es nicht dazu. Statt dessen bestellt der schneidige Liwanzew im Januar ein neues Aufgebot und heiratet im April die fünfundzwanzigjährige Irina Vitaljewna Alleko. Ob sie vielleicht die Tochter der verlassenen Swetlana Petrowna ist? Und wenn es so sein sollte, dann. . .«
Sie stürzte zum Telefon und wählte Korotkows Nummer. Er war nicht zu erreichen, aber es gelang ihr, Selujanow zu finden.
»Kolja, du mußt dringend zwei Adressen für mich feststellen. Swetlana Petrowna Alleko und Irina Vitaljewna Alleko-Liwanzewa.«
»Wozu?«
»Kolja, ich erkläre dir alles später. Erkundige dich nach den Adressen, ich ziehe mich einstweilen an.«
»Bist du etwa ausgezogen?« scherzte Selujanow in seiner gewohnten Art. »Stehst du nackt da und drückst den Telefonhörer an deinen wunderschönen Busen?«
»Ich bringe dich um«, drohte Nastja und warf den Hörer auf die Gabel.
DREIZEHNTES KAPITEL
Swetlana Petrowna Alleko trafen sie nicht zu Hause an. Sie lebte allein, und niemand öffnete ihnen die Tür. Auch die Nachbarn wußten nicht zu sagen, wo sie war und wann sie wieder nach Hause kommen würde. Swetlana Petrowna wohnte erst seit zwei Jahren in dem Haus, sie lebte äußerst zurückgezogen und hatte keinen Kontakt zu den Nachbarn. Man wußte nicht einmal, was sie von Beruf war und wo sie arbeitete.
Irina Vitaljewna und Konstantin Liwanzew, ihren Mann, hingegen trafen sie mitten in einem Streit an. Das Ehepaar machte keinen Hehl daraus, daß es nicht begeistert davon war, Besuch von der Miliz zu bekommen, und als die beiden den Grund erfuhren, wurden sie noch mürrischer.
»Ich verstehe nicht, was das soll«, sagte Irina, eine launische, selbstgewisse Schönheit. »Warum in dieser alten Geschichte herumrühren? Es war schließlich kein Verbrechen.«
»Eine reine Familienangelegenheit«, bestätigte ihr Mann. »Sie haben kein Recht, sich einzumischen. Sagen Sie uns erst, worum es geht, dann können wir uns unterhalten.«
»Es geht darum, daß wir eine Frau suchen, die womöglich Zeugin eines schweren Verbrechens war. Wir besitzen ein Foto dieser Frau und haben eine Fahndung nach ihr eingeleitet, aber niemand hat sich gemeldet. Wir haben Grund zu der Annahme, daß diese Unbekannte eine Ehe eingehen wollte, es aber schließlich doch nicht getan hat. Da wir Swetlana Petrowna, Ihre Mutter, nicht zu Hause angetroffen haben, sind wir zu Ihnen gekommen, um herauszufinden, ob Ihre Mutter wirklich heiraten wollte und warum die Hochzeit nicht stattgefunden hat.«
»Und wieso sind Sie der Meinung, daß diese Unbekannte ausgerechnet meine Mutter ist?«
»Ich bin nicht dieser Meinung. Wir sind auf der Suche nach der Unbekannten auf dem Foto und befragen deshalb alle Frauen mit einer entsprechenden Biographie.«
»Zeigen Sie uns das Foto«, verlangte Irina.
»Ja, das ist sie«, sagte die junge Frau verwirrt, als sie Nastja das Foto wieder zurückgab. »Was ist das für eine Aufnahme?«
»Sie wurde im Standesamt gemacht, an dem Tag, an dem dort ein Mord begangen wurde«, erklärte Nastja. »Und ich wüßte sehr gern, warum Ihre Mutter an diesem Tag dort war. Haben vielleicht Bekannte von ihr geheiratet?«
Nastja wußte, daß es nicht so war. Alle Paare waren befragt worden, und niemand von ihnen hatte diese Frau gekannt.
»Vielleicht«, sagte Irina mit einem Schulterzucken.
»Wissen Sie denn über die Angelegenheiten Ihrer Mutter nicht
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