Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
ebenfalls einen Drohbrief erhalten hat.«
Nastja ließ vor Überraschung fast den Telefonhörer fallen.
»Bestens. Dann ist ja alles klar.«
Die Sache hatte also mit Elena Bartosch überhaupt nichts zu tun. Vor zwei Monaten wußte noch niemand von ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Turbin, nicht einmal ihre beste Freundin Katja Golowanowa.
»Hat die Anruferin ihre Adresse hinterlassen?«
»Ja, natürlich, alles ist notiert. Wollen Sie sie anrufen?«
»Nein, ich werde zu ihr fahren«, sagte Nastja entschieden. »Wie ist ihre Anschrift?«
»Wenn Sie wollen, fahre ich Sie hin«, bot Anton an, »ich bin sowieso mit dem Auto unterwegs.«
»Danke, sehr gern. Was würde ich ohne Sie machen, Anton! Sie sind mein ständiger Helfer in der Not.«
»Unsinn. Wann soll ich Sie abholen?«
Nastja vereinbarte eine Uhrzeit mit ihm und begann, sich anzuziehen.
* * *
Die Frau, die sie antrafen, war etwa dreißig Jahre alt, vielleicht etwas jünger. Nastja blieb es nicht verborgen, daß sie sich in einem Zustand freudiger Erregung befand. Aus irgendeinem Grund machte auch ihr Mann einen sehr fröhlichen Eindruck. Der Grund dafür klärte sich sehr schnell.
»Stellen Sie sich nur vor, mein Mann läßt mir seit damals keine Ruhe«, erklärte die Frau aufgeregt, »er war bis jetzt davon überzeugt, daß ich vor unserer Hochzeit außer ihm noch einen zweiten Freund hatte und daß der hinter dem Drohbrief steckte, weil er die Heirat mit meinem Mann verhindern wollte. Ich habe mit Engelszungen geredet, um ihn davon überzeugen, daß da nichts war, aber er glaubte mir nicht. Jetzt wird er endlich Ruhe geben.«
»Waren Sie denn nicht überrascht, einen solchen Brief zu bekommen, wenn alles so war, wie Sie es schildern?« fragte Nastja argwöhnisch.
Die Frau wurde verlegen und warf einen kurzen Blick auf ihren Mann. Nastja begriff, daß es wahrscheinlich ein Fehler gewesen war, die Unterhaltung mit beiden gleichzeitig zu beginnen. Sie hätte sich die beiden einzeln vorknöpfen müssen, aber nun war es zu spät, nun mußte sie sehen, wie sie klarkam.
»Nun ja, ehrlich gesagt . . .« Die Frau war nervös geworden. Aber da half ihr überraschenderweise ihr Mann aus der Klemme.
»Hast du gedacht, daß der Drohbrief von meiner geschiedenen Frau stammte?« fragte er ohne Umschweife.
»Ja«, seufzte die Frau. »Lieber Gott, wie gut, daß sich nun alles aufgeklärt hat.«
»Haben Sie den Drohbrief aufbewahrt?«
»Nein, ich habe ihn weggeworfen.«
»Schade«, sagte Nastja enttäuscht. »Wie hat er denn ausgesehen?«
»Er trug keine Unterschrift und steckte in einem weißen Kuvert. Ich habe ihn im Briefkasten gefunden. Der Text war mit Druckbuchstaben geschrieben: ›Tu das nicht. Du wirst es bereuen‹«
»Wer hat denn diese Briefe geschrieben?« fragte der Mann.
»Wenn wir das wüßten«, seufzte Nastja. »Aber wir wollen Sie nicht länger stören. Ich danke Ihnen.«
»Nein, ganz im Gegenteil, wir haben Ihnen zu danken«, erwiderte das Ehepaar fast wie aus einem Munde. »Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen.«
Anton fuhr Nastja wieder nach Hause. Sie saß auf dem Rücksitz, streckte ihre Beine aus und rauchte.
»Nicht zu fassen. Irgend so ein Schurke hätte diesen Leuten fast das Leben ruiniert«, sagte sie. »Kaum zwei Monate verheiratet, und wegen dieses idiotischen Drohbriefes hat die Ehe bereits einen Riß. Wer weiß, was passiert wäre, wenn der Artikel nicht in der Zeitung erschienen wäre. Dann hätten die beiden nie erfahren, daß der Drohbrief mit ihnen persönlich gar nichts zu tun hat, und sie hätten nicht aufgehört, sich zu streiten.«
»Ohne Feuer kein Rauch, Anastasija«, widersprach Schewzow. »Wenn sie keine anderen Männer gehabt hätte und wenn ihr Ehemann sich im Guten von seiner vorherigen Frau getrennt hätte, dann hätte der Brief nichts anrichten können, dann hätten sie sich nicht gegenseitig verdächtigt. Aber so, die beiden sind selbst schuld . . .«
»Wer weiß, vielleicht haben Sie recht«, sagte Nastja zerstreut.
Ihr wurde klar, daß die mysteriösen Morde von langer Hand geplant waren. Wenn sie hinter diesen monströsen Plan käme, wäre schon viel gewonnen.
Schewzow hielt vor Nastjas Haus. Sie wollte gerade die Autotür öffnen, als sie das Mädchen entdeckte, das in dem ihr bekannten schwarz-roten Lackmantel vor ihrer Haustür stand. Es war Larissa Samykina. Was wollte sie hier?
»Bitte bleiben Sie noch einen Moment, Anton«, bat sie. »Ich glaube, dieses Mädchen dort wartet auf mich.
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