Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe
sie ihn nicht finden, wird sie das Geld auftreiben. Ich habe ihr ordentlich Angst eingejagt. Jetzt soll sie selber sehen, wie sie mit der Sache klarkommt.«
»Wie heißt das Weib von Kripo noch gleich, das die beiden belauscht hat?«
»Kamenskaja.«
»Kamenskaja . . . Diesen Namen habe ich schon einmal gehört. Ich werde Shenja danach fragen. Wie bist du mit Larissa verblieben?«
»Sie sucht Artjuchin, und ich werde sie jeden Tag anrufen. Ich bin sicher, daß sie ihn finden wird. Sie kennt schließlich alle seine Bekannten, mit Sicherheit auch den, der ihm dabei geholfen hat, die Flatter zu machen.«
»Übertreib es nicht«, murmelte der Dicke herablassend. »Er ist schließlich nicht aus dem Butyrka-Gefängnis abgehauen, sondern nur aus der Stadt. Viel Hilfe wird er dazu nicht gebraucht haben. Rein ins Flugzeug und viele Grüße an die Hinterbliebenen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, widersprach der Glatzköpfige. »Man hat ihm schließlich den Paß abgenommen. Und ohne Paß verkauft ihm niemand ein Flugticket.«
»Dann hat er eben den Zug genommen oder das Auto, auch kein Problem.«
»Auch das ist nicht ganz so einfach. Welches Auto sollte er denn nehmen? Sein eigenes? Das Kennzeichen ist der Polizei bekannt. Also müßte ihm jemand sein Auto geliehen haben. Und wenn er mit dem Zug gefahren ist, dann fragt sich, wohin. Wo sollte er denn wohnen? In einem Hotel? Auch das ist ohne Paß nicht möglich. Und wenn er bei Freunden oder Verwandten untergekommen ist, dann heißt das wiederum, daß ihm jemand hilft. Wie man es auch dreht und wendet, in jedem Fall müssen da irgendwelche Leute sein, die wissen, wo er steckt. Und Larissa wird diese Leute finden. Also kannst du Shenja ausrichten, daß er sich keine Sorgen machen soll, wir werden ihn schon finden. Und er bekommt sein Geld zurück.«
* * *
In der Nacht von Sonntag auf Montag schlief Nastja tief und lange. Ljoscha war schon lange aufgestanden, er hatte bereits gefrühstückt, seine Arbeitsunterlagen auf dem Küchentisch ausgebreitet und sich in die Arbeit vertieft, aber Nastja lag immer noch im Bett und schlief.
Tschistjakow weckte sie gegen elf Uhr.
»Wach auf, Schlafmütze, dich erwartet Weltruhm!«
Er legte ihr die frische Ausgabe des »Kriminalboten« aufs Gesicht, den er gerade am nächsten Kiosk geholt hatte. Auf der zweiten Seite war den Standesamtmorden mit den entsprechenden Fotos eine ganze Spalte gewidmet. Nastja ergriff die Zeitung und überflog den Artikel argwöhnisch, um zu überprüfen, ob alles so war, wie sie es gewollt hatte. Erleichtert stellte sie fest, daß der Journalist sich keine Eigenmächtigkeiten erlaubt hatte. Alles war richtig und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Besonders gelungen war die Aufmachung an der Stelle, wo von den Drohbriefen die Rede war. Hier hatte man noch einmal den Steckbrief und das Foto der unbekannten Frau abgedruckt.
Nastja trank gemächlich zwei Tassen Kaffee und dachte zufrieden daran, daß sie heute nichts vorhatte, daß sie den Tag in aller Ruhe zu Hause verbringen konnte, gemeinsam mit Ljoscha, sie konnte endlich mit ihrer Übersetzung beginnen, ihren Urlaub genießen und acht Tage nach ihrer Hochzeit zum ersten Mal die Tatsache auf sich wirken lassen, daß sie nun eine verheiratete Frau war. Es hatte lange gedauert, aber immerhin.
Doch wieder kam alles nicht so, wie sie es sich gedacht hatte. Mit der Übersetzung kam sie nur langsam voran, denn ständig wanderten ihre Gedanken zu den Bartoschs. Jura Korotkow konnte es sich nie verkneifen, ihr alles zu berichten, was sich ereignet und was er herausgefunden hatte, deshalb hatte sie sich seine Erzählung über die Begegnung mit Pawel Smitijenko und die herzzerreißende Geschichte, die Marat Latyschew ihrem Kollegen aufgetischt hatte, schon am Vortag angehört. Und je länger Nastja über die Sache nachdachte, desto mehr verdichtete sich in ihr der Verdacht, daß beide Morde wegen der Eheschließung zwischen Elena Bartosch und Valerij Turbin begangen worden waren.
»Nastja, ich glaube, du quälst dich«, bemerkte Tschistjakow hellsichtig, der bereits mehrmals bemerkt hatte, daß der Blick seiner Frau nicht auf das Blatt Papier in der Schreibmaschine gerichtet war, sondern irgendwo an der Decke hing. » Geht es nicht voran mit der Arbeit?«
»Die Morde gehen mir im Kopf herum«, erwiderte sie zerstreut. »Ich kann mich nicht konzentrieren.«
»Laß uns ein Stück Spazierengehen«, schlug er vor. »Du kannst sowieso nicht arbeiten, und im
Weitere Kostenlose Bücher