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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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anschaulich gezeigt hatten, dass Jakowlew und Obidin ihn verfolgten. In Sachen Fotomontage war Selujanow ein großer Meister und benutzte dieses Mittel sehr geschickt. Die Fotos, die auf den Korridoren der Petrowka gemacht worden waren, waren echt, man hatte Tschinzows Leute tatsächlich vorgeladen, und Selujanow selbst hatte sich mit ihnen unterhalten. General Minajew konnte Bekannte bei der Hauptverwaltung für Inneres haben, deshalb mussten diese Fotos absolut glaubwürdig wirken, damit der Schwindel nicht aufflog.
    In Bezug auf Stassow hatte Jura Korotkow schließlich doch Recht behalten mit seiner Prophezeiung. Trotz aller Beschwörungen, Nastja nichts zu sagen, war er zu ihr gelaufen und hatte ihr alles erzählt, und zwar in voller Absicht, aus der er von Anfang an keinen Hehl gemacht hatte.
    »Versteht doch, Kinder«, hatte er zu Jura und Kolja gesagt, »wenn man eine so schwierige Kombination vorhat, darf man ihren Erfolg nicht von Zufällen abhängig machen. Wir dürfen Nastja nichts verheimlichen, sonst kann aufgrund irgendeines dummen Missverständnisses alles schief gehen. Wenn sie ein einziges falsches Wort sagt oder einen einzigen falschen Schritt tut, ist alles zum Teufel.«
    »Gordejew hat es verboten«, widersprachen die beiden lahm. »Er reißt uns den Kopf ab, wenn wir ihr etwas sagen.«
    »Ihr braucht ja nichts zu sagen. Ich sage es ihr. Mir kann er nichts tun.«
    Sie protestierten noch eine Weile, aber mehr aus schlechtem Gewissen, denn im Grunde waren sie einer Meinung mit Wladislaw.
    Ira war sofort zur Tat geschritten und hatte Minajew die allein erziehende, verzweifelt um einen Wohnungstausch bemühte Mutter vorgespielt, dann hatte sie den Vertrag unterschrieben, den Stassow ihr vorgelegt hatte. Dafür wurde die Theaterschauspielerin reichlich belohnt. Ihre Wohnung wurde ohne Wartezeit an das Alarmsystem einer Sicherheitszentrale angeschlossen, sie bekam den Jahresvermerk der technischen Inspektionsstelle für ihr Auto und zahlreiche Komplimente für ihre hervorragende schauspielerische Leistung.
    Anschließend heftete Stassow sich Anton Andrejewitsch an die Fersen, er machte das weder besonders auffällig noch besonders unauffällig. Alles musste völlig echt wirken. Am Ende des zweiten Tages wurde Wladislaw klar, dass Minajew ihn bemerkt hatte, und am dritten Tag fand die bewusste Szene in der konspirativen Wohnung des Generals statt. Alles war besser verlaufen, als Stassow erwartet hatte, die Männer, die ihn auf der Straße abgefangen hatten, waren nicht einmal gewalttätig geworden. Wladislaw hatte dem General nach allen Regeln der Kunst Überraschung und Verwirrung vorgespielt, nachdem dieser ihm eröffnet hatte, dass er nicht mehr und nicht weniger als ein General der Spionageabwehr war. Dem war die Szene »Solidarität unter Berufskollegen« oder »Ich kann nicht länger schweigen« gefolgt. Der kritische Moment verbarg sich im dritten Teil, der von den Autoren des Stücks unter der Devise »Du gibst mir, ich gebe dir« konzipiert war. An dieser Stelle hätte alles schief gehen können, weil hier vieles von Minajew selbst abhing. Man hatte damit rechnen müssen, dass ihn Stassows Offenbarung womöglich gar nicht erschrecken würde. Dass er Stassow nicht um Unterstützung bitten würde.
    Aber zum Glück war die Rechnung aufgegangen. Die zwanzig Jahre im Dienst der Kripo waren nicht spurlos an Stassow vorübergegangen, und er besaß Erfindungsreichtum, großes psychologisches Gespür und hervorragende schauspielerische Talente. Hätte es einen Oscar für die beste schauspielerische Leistung bei der Kripo gegeben, hätte diesen Oscar zweifellos Stassow gewonnen. Aber er hatte seinen Dienst vorzeitig als völlig unbekannter Oberstleutnant quittiert.
    * * *
    Pawel Sauljak wurde auf allen Bahnhöfen und Flughäfen »empfangen«. Man hatte nicht vor, ihn zu verhaften, er sollte nur gesichtet und dann beschattet werden. General Minajew blieb unter Selujanows Beobachtung. Stassow kannte er jetzt von Angesicht zu Angesicht, Korotkow durfte nicht auf der Bildfläche erscheinen, da Minajew sich jeden Moment mit Tschinzow treffen konnte, und der würde mit Sicherheit in Begleitung von Jakowlew und Obidin auftauchen, die Korotkow sowohl in Samara als auch in Uralsk gesehen hatten und sich zweifellos noch an ihn erinnerten.
    Am Tag nach seinem Treffen mit Stassow machte der General einen Besuch in einem Haus in der Grafskij-Gasse. Selujanow konnte Minajews Weg nur bis zum dritten Stockwerk verfolgen,

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