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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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benutzen konnte: Er musste den Demokraten spielen, die Beilegung der Tschetschenienkrise und die baldige Auszahlung der zurückgehaltenen Gehälter und Renten versprechen. Diese Staatsschuld konnte nur getilgt werden, indem man erneut die Geldmaschine anwarf, das verstand sich von selbst. Führende Wirtschaftsexperten waren kategorisch gegen eine solche Finanzpolitik. Aber das kümmerte den Präsidenten natürlich wenig. Das einfache Volk verstand nichts von diesen Dingen, die Einwände der Wirtschaftsexperten waren für diese Leute Schall und Rauch. All das Gerede über Inflation und die bevorstehende Wirtschaftskatastrophe ging an ihren Köpfen vorbei. Sie dachten nicht an morgen, denn sie hatten bereits heute nichts mehr zu essen. Mit der Auszahlung der Gelder würde der Präsident die Liebe des Volkes erringen. Also musste diese Auszahlung verhindert werden. Welche Kräfte wirkten in diesem Spiel? Diejenigen der unabhängigen Wirtschaftsexperten, die gegen die Geldbeschaffungspolitik des Präsidenten waren, und diejenigen der abhängigen Finanzberater, die man unter Druck setzen konnte. Tschinzow wusste, dass nicht nur die Freunde von General Bulatnikow dessen Dienste in Anspruch genommen hatten. Das ganze Land hatte sie in Anspruch genommen. Und insofern war es gar nicht möglich, dass unter den Beratern des Präsidenten kein einziger war, den man nicht mit Hilfe von Pawel Sauljak zum Schweigen bringen konnte. Also musste man sich diesen Mann zunutze machen. Er durfte nicht gleich liquidiert werden, wie Tschinzow es ursprünglich geplant hatte, man musste ihn erst am Schlafittchen packen und zum Reden bringen, zur Zusammenarbeit zwingen. Danach würde man weitersehen.
    * * *
    Im Gegensatz zu Tschinzow ging es Wjatscheslaw Jegorowitsch Solomatin nicht ums Geld, sondern um die Sache. Seine persönliche Ergebenheit an den Präsidenten kannte keine Grenzen. Er war zu allem bereit, um ihn zu unterstützen und ihm beizustehen.
    Im Prinzip dachte er ebenso wie Tschinzow. Auch er kannte die drei Hebel, die dem Präsidenten im Wahlkampf zur Verfügung standen und unbedingt alle drei betätigt werden mussten. Nur sah Solomatin sich in diesem Zusammenhang vor eine ganz andere Aufgabe gestellt als Tschinzow.
    Irgendein Schweinehund hatte dem Präsidenten die gefährliche Idee in den Kopf gesetzt, zwei verschiedene Kommissionen zur Lösung der Tschetschenienkrise zu gründen. Vorläufig hatte sich der Präsident noch nicht auf diesen Vorschlag eingelassen, aber er schien ihm nicht abgeneigt zu sein. Die eine Kommission sollte sich aus den Mitgliedern des Präsidentenrates zusammensetzen, die andere aus den wichtigsten Ministern und Militärs. Aber welchen Lösungsvorschlägen der Präsident sich auch anschließen würde, ob denen der einen oder denen der anderen Kommission, er würde sich auf jeden Fall den Unmut der Bevölkerung zuziehen. Folgte er den Vorschlägen des Präsidentenrates, würde das denjenigen missfallen, die nach einer starken Hand verlangten, und von denen gab es im Land mehr als genug. Stellte er sich hinter die Militärs, würden die Demokraten auf die Barrikaden gehen. Womit sie nach Solomatins Überzeugung nicht einmal Unrecht hätten. Das Einzige, was das Prestige des Präsidenten in dieser Patt-Situation retten konnte, war die Entscheidung für einen eigenen, von den Kommissionen unabhängigen Kurs. Doch was für ein Kurs konnte das sein?
    Wie auch immer, er musste gefunden werden. Auf Biegen und Brechen. Anders würde es dem Präsidenten nicht gelingen, sein Gesicht zu wahren und den Wahlkampf zu gewinnen.
    Die Aufgabe, die Solomatin vor sich sah, bestand darin, dem Präsidenten eine Möglichkeit zu bieten, die Lösungsvorschläge beider Kommissionen ablehnen und sich so als unabhängig denkender Politiker zeigen zu können. Und um das zu erreichen, brauchte er Pawel Dmitrijewitsch Sauljak.
    Obwohl Solomatin und Tschinzow von denselben Gegebenheiten ausgingen und eine ähnliche Taktik verfolgten, bestand zwischen beiden doch ein gewisser Unterschied. Solomatin wusste sehr viel mehr über Pawel Sauljak als Tschinzow. Deshalb hatte er nicht vor, Gewalt gegen ihn anzuwenden. Er wollte versuchen, sich mit dem ehemaligen Mitarbeiter von General Bulatnikow einig zu werden. Deshalb wurde Pawel im Moment von seinen Leuten beobachtet, sie folgten ihm auf Schritt und Tritt und versuchten gleichzeitig herauszufinden, wer die Frau war, die ihn am Lagertor erwartet hatte. Ein seltsames Paar! Sie bewohnten

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