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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Arif hat ihn mir mal gezeigt.«
    »Mann, bist du blöd!« Der Bursche wurde wütend. »Wieso bist du ihr dann hinterhergelatscht? Hast du denn keine Grütze im Kopf?«
    Er heißt also Pawlow. Und ist sogar Oberst. Das merken wir uns, dachte der Gallier. Und irgendein Arif. Merken wir uns auch. Was hat das Mädchen ihr wohl angeboten? Drogen? Wohl kaum, Dealer haben ihre Stammkunden. Wahrscheinlich irgendwas zur Verhütung, Präser oder Pillen.
    Kaum hatte Nastja die Wohnung betreten, klingelte das Telefon. Es war Gordejew, ziemlich aufgeregt.
    »Wie geht’s dir, mein Kind? Bist du wieder in Ordnung?«
    »Mehr oder weniger.«
    Nastja ging mit dem Telefon in die Küche und zog die Tür fest zu. Sie fürchtete neugierige Ohren im Treppenhaus.
    »Es hat funktioniert. Du bist verfolgt worden. Noch ist schwer zu sagen, ob er es selbst war oder ein Helfer. Jedenfalls ist er bis zur Haustür an dir drangeblieben. Läuft also alles nach Plan.«
    »Gott sei Dank, dann war die Qual wenigstens nicht umsonst.«
    »Jetzt Folgendes, Anastasija. Ich lasse dich heute Nacht nicht allein. Das fehlte noch, dass du per Notarztwagen abgeholt werden musst. Keine Widerrede, aber du darfst dir jemanden aussuchen. Wen soll ich dir schicken?«
    »Ich brauche niemanden, Viktor Alexejewitsch. Es geht schon.«
    »Hörst du schlecht, Anastasija? Ich sagte, du darfst wählen, nicht entscheiden. Entscheiden tue ich. Also, wen?«
    »Die aus dem Restaurant? Sie trifft auf Anhieb die Vene.«
    »Das geht nicht. Sie ist gesehen worden. Vielleicht Sacharow?«
    »Bloß nicht Sacharow«, antwortete Nastja hastig, sehr hastig.
    »Wie wär’s mit Korotkow?«
    »Nichts dagegen. Aber ich würde ihn lieber in Ruhe lassen. Er hat gerade eine leidenschaftliche, aber zeitlich begrenzte Romanze.«
    Gordejew schien verärgert.
    »Weißt du was, meine Liebe, spar dir deine Wohltätigkeit. Die Romanzen von unserem Tristan stehen mir schon bis sonst wo. Wie heißt es doch so schön: Man kann nicht alles Geld verdienen und nicht alle Frauen haben. Also lass den Quatsch.«
    Korotkow kam, traurig, sein massiver Körper schien geschrumpft, die breiten Schultern hingen herab.
    »Ist es etwa so ernst?«, fragte Nastja mitfühlend.
    »Und wie. Ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll. Es ist wie eine Krankheit.«
    Nastja war für den sich häufig verliebenden Korotkow Gefährtin, Schulter zum Ausweinen und Rettungsanker in einem. Wenn ein Verhältnis unglücklich endete, zog sie Korotkow an den Ohren aus dem Depressionsloch heraus, in das er jedes Mal fiel. Nastja sah selbst, dass die Geschichte mit der Semjonowa etwas Besonderes war. Normalerweise war Korotkow auf dem Höhepunkt seiner Verliebtheit freudig erregt, seine Augen leuchteten, die Arbeit ging ihm leicht von der Hand, er wirkte regelrecht beflügelt. Diesmal jedoch war er bedrückt und niedergeschlagen, als trage er an einer schweren Last. Nastja konnte nicht genau ausmachen, welches Gefühl bei ihr überwog -Mitleid oder Neid. Sie erlebte so etwas nie, weder die Beflügelung noch die Verzweiflung. Zärtliche Zuneigung war das Äußerste, wozu sie sich fähig fühlte. Vielleicht, dachte sie, würde ihr eines Tages auch so etwas widerfahren wie Jura. War es ja auch schon, in ihrer Jugend, allerdings nur ein einziges Mal, vor zehn Jahren. Und seitdem nie wieder. Wahrscheinlich konnte ein Computer auf zwei Beinen keine leidenschaftlichen Gefühle haben. Das war wohl ihr Schicksal.
    »Was macht unser Busenfreund Alexander Jewgenjewitsch?«, erkundigte sich Jura.
    »Zieht die Sache in die Länge. Kein klares Ja oder Nein, lauter Umständlichkeiten. Er hat sich prinzipiell einverstanden erklärt, sich aber noch ein paar Tage ausgebeten, um das Geld zu besorgen.«
    »Nach seinen Routen zu urteilen, versucht er gar nicht, es zu beschaffen. Er wird seine Probleme ja wohl kaum vom Diensttelefon aus regeln. Höchstens von zu Hause aus. Aber vermutlich hat er jemand anderen beauftragt. Die Chefallüren legt man nicht so leicht ab.«
    »Gut, bis jetzt läuft demnach alles nach Plan. Warten wir also, dass der Gallier auftaucht, um sich um mich und das Manuskript zu kümmern.«
    »Hast du keine Angst?«
    »Doch. Und wie. Besonders seit der Spritze heute. Wo habt ihr so eine Krankenschwester aufgetrieben?«
    »Dafür hat Knüppelchen gesorgt. Er kennt deine Wehwehchen.«
    »Trotzdem ist es schwierig, so ins Blaue zu spielen. Nichts als Vermutungen. Erstaunlich, wie wir es schaffen, dabei ins Schwarze zu treffen. Na,

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