Anastasya (German Edition)
erstes kleines Problem nach der Pest.
Bald hatten wir Graz erreicht und betraten das Haus. Die alte Frau, die immer so blöd gegrinst hatte, wenn sie mich und Daniel nachts gehört hatte, stand in der Tür und schaute ziemlich verwirrt drein, als ich mit Marius an der Hand und Tristan und Jared hinter mir auf die Treppe zu schritt. Sie schaute uns hinterher.
Als ich mit Marius und Tristan weiterging hörte ich, dass Jared sich mit ihr unterhielt.
Ich betrat den Flur und hielt Ausschau nach der Tür. Ab dem Treppenabsatz ließ Tristan uns alleine weitergehen.
Ich ging zur Tür, die immer noch die Kratzer von dem Tag hatte, an dem ich sie hinter Adam wütend zugeknallt hatte, und legte ich mein Ohr daran. Stimmen. „Jemand wohnt darin“, murmelte ich.
„Denkst du, es stört sie, wenn wir rein gehen?“, fragte Marius grinsend.
Ich nickte. Es war schon recht dunkel, sie würden bald schlafen gehen. Ihren Worten zufolge waren sie kurz davor.
„Warten wir“, beschloss Marius.
Ich nickte wortlos und betrachtete die Kratzer in der Tür.
Etwa zehn Minuten lang starrte ich darauf.
Dann öffnete Marius die Tür. „Die schlafen schon, ich höre jemanden schnarchen“, erklärte er. Ich nickte erneut und folgte ihm in die Wohnung.
Er schlich wie eine Katze durch die Räume, betrachtete die Einrichtung und schaute aus den Fenstern.
Ich grinste.
Er roch an manchen Dingen, ich wusste nicht warum, schließlich blieb er mitten im Raum stehen.
Schlafzimmer?
Ich riss die Augen weit auf. NEIN!
Doch, Anastasya.
Nein, Marius.
Er grinste und fing an, das Schlafzimmer zu suchen. Ich verdrehte die Augen und ging zum Fenster.
Gefunden !, hörte ich ihn schließlich und beobachtete ihn, wie er ins Schlafzimmer ging. Die Menschen, die darin schliefen würden ihn nicht bemerken. Er machte keinen Mucks, wenn er sich bewegte.
Ich bemerkte, dass in der Küche ein Hund schlief. Ich hörte ihn schnarchen. Es war eine Bulldogge, eine Aggressive, wie es schien, denn neben dem Körbchen, indem er schlief, lag ein Beißkorb. Fremde Menschen sollten dieses Tier auf jeden Fall meiden.
Marius kam aus dem Schlafzimmer und schloss die Tür.
Gehen wir? Ich war unruhig. Ich wollte keinerlei Aufmerksamkeit erregen, weder bei dem Hund, noch bei den Menschen, die hier lebten.
Er nickte und ging mit ein paar schnellen Schritten zur Tür.
Ich beobachtete den Hund genau. Ich konnte mich nicht erinnern, dass der Vermieter es erlaubt hätte, ein Haustier zu halten. Vielleicht hatte er es Daniel und mir einfach untersagt, weil wir ihm ohnehin schon merkwürdig vorgekommen waren…
Ich war nicht sonderlich überrascht, als ich Tristan nicht mehr dort sah, wo er eigentlich stehen geblieben war. Er war uns entgegen gekommen.
„Es gab gerade eine Durchsage im Radio“, sagte er, sobald er uns sah. Ich schloss die Augen. Scheiße…
„Das heißt, wir sollten von hier verschwinden…“, murmelte Marius und beschleunigte sein Tempo. Wir waren nicht viel später im Auto und fuhren los. Dieses Mal mit halbwegs normaler Geschwindigkeit.
Das Radio gab immer wieder vereinzelt Warnungen aus. „Was werden wir dagegen tun?“
„So lange untertauchen, bis dieser Wahn ein Ende hat“, erklärte Jared, ehe jemand anderes antworten konnte. „Meistens ist so eine Schlagzeile nach ein paar Wochen Schnee von gestern…“
„Wir müssen uns extrem unauffällig verhalten, genauso wie alle anderen auch, dann werden sich die Menschen bald wieder beruhigen“, fügte Marius hinzu.
Tristan nickte. „Zumindest war es bei den letzten beiden Malen so… wenn die wüssten“
Ich schaute aus dem Fenster. Es lag Unruhe in der Luft. Die Menschen waren angespannt, warteten darauf, dass sich jemand zeigte, den sie enttarnen konnten, um ihr Gewissen zu stillen. Sie brauchten einen Beweis, dass es uns wirklich gab.
Erfahrung und Vernunft, treue Begleiter der Menschheit.
Meiner Meinung nach sind Vorsicht, Instinkt und Leben aber wichtiger. Aber was kann man von einer Spezies, die sich selbst über alles stellt, schon erwarten?
Die Menschen sollten lernen, nicht immer alles zu unterdrücken, das mächtiger ist als sie. Sie sollten Respekt zeigen. Respekt vor der Natur, vor dem Leben und vor anderen Menschen.
Wir waren anders. Wir schlachteten uns nicht gegenseitig ab. Wir versuchten auch nicht, die Welt zu verändern, wir brauchten das auch nicht. Wir brauchten weder Holz, um es im Winter warm zu haben, noch Essen, noch Licht…. Wir brauchten nur eines…
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