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Anathem: Roman

Anathem: Roman

Titel: Anathem: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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helfen, die Geometer zu verstehen?«, fragte ich. Ich hatte ihm gegenüber nämlich schon erwähnt, dass das jetzt die übliche Bezeichnung für die Außerarbrischen war.
    »Nun … die Makroniker sind ein ganz guter Ausgangspunkt. Erinnerst du dich an Fliege-Fledermaus-Wurm?«
    Ich lachte. »Habe gerade vor ein paar Wochen einen Auffrischungskurs darüber gemacht. Arsibalt erklärte es einem Extra, der wissen wollte, warum wir nicht an Gott glauben.«
    »Oh, das besagt Fliege-Fledermaus-Wurm aber gar nicht«, bemerkte Orolo. »Es besagt lediglich, dass reines Denken allein uns nicht in die Lage versetzt, Schlüsse in die eine oder andere Richtung über Dinge zu ziehen, die nicht raumzeitlich sind – so wie Gott.«
    »Stimmt.«

    »Dieselben Beobachtungen, die die Makroniker über sich selbst machten, müssen auch für die Gehirne von Außerarbrischen gelten. Egal wie sehr sie sich in anderer Hinsicht von uns unterscheiden mögen, sie müssen sensorische Gegebenheiten in ein zusammenhängendes Modell dessen integrieren, was um sie herum ist – ein Modell, das in einen raumzeitlichen Rahmen eingepasst werden muss. Und das ist in knappen Worten die Erklärung dafür, dass sie unsere Vorstellungen von Geometrie teilen.«
    »Sie teilen aber noch mehr als das«, betonte ich, »sie scheinen auch die Idee der Wahrheit und des Beweises mit uns gemeinsam zu haben.«
    »Das ist eine durchaus vernünftige Annahme«, sagte Orolo mit einem vorsichtigen Achselzucken.
    »Mehr als das!«, protestierte ich. »Auf ihrem Raumschiff prangt das Adrakhonische Theorem!«
    Das war eine Neuigkeit für ihn. »Ach wirklich? Wie unverschämt!«
    »Hast du es nicht gesehen?«
    »Ich erinnere dich daran, dass ich verstoßen wurde, bevor ich das letzte Bild sehen konnte, das ich von dem außerarbrischen Raumschiff gemacht hatte.«
    »Natürlich. Aber ich nahm an, du hättest davor schon Bilder gemacht – über einen langen Zeitraum.«
    »Streifen und Kleckse!«, spottete Orolo. »Ich war noch dabei zu lernen, wie man ein anständiges Bild von diesem Ding macht.«
    »Also hast du den geometrischen Beweis – oder die Buchstaben – oder die vier Planeten nie gesehen.«
    »So ist es«, sagte Orolo.
    »Es gibt noch viel mehr, was du wissen musst, wenn du über die Geometer nachdenken willst! Alle möglichen neuen Gegebenheiten!«
    »Ich sehe, wie aufgeregt du angesichts dieser neuen Gegebenheiten bist, Erasmas, und ich wünsche dir alles Gute für dein Studium derselben, aber für mich würde sich das alles nur als Ablenkung vom Hauptstrang der Untersuchung erweisen.«
    »Vom Hauptstrang – ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Evenedrikische Datonomie«, sagte Orolo, als hätte das vollkommen offensichtlich sein müssen.
    »Datonomie«, versuchte ich zu übersetzen, »das dürfte die Untersuchung oder Erkennung dessen sein, was gegeben ist?«

    »Ja – Gegebenheiten im Sinne der elementaren Gedanken und Eindrücke, mit denen unser Bewusstsein zu arbeiten hat. Damit befasste sich Saunt Evenedrik in fortgeschrittenem Alter, nachdem man ihn aus seinem Atomzertrümmerer ausgeschlossen hatte. Sein unmittelbarer Vorgänger war natürlich Saunt Halikaarn. Halikaarn glaubte, dass das makronische Denken dringend einer Überholung bedurfte, um es mit all dem in Einklang zu bringen, was seit der Zeit von Baritoe über Theorik und ihre wunderbare Anwendbarkeit auf die physische Welt herausgefunden worden war.«
    »Und – wie ist er zurechtgekommen?«
    Orolo verzog das Gesicht. »Viele der Aufzeichnungen wurden verdampft, aber wir glauben, dass er zu sehr damit beschäftigt war, Prok zu vernichten und all die Wadenbeißer, die Prok auf ihn hetzte, aus dem Weg zu schaffen. Die Arbeit fiel Evenedrik zu.«
    »War das für die Stammlinie wichtig?«
    Orolo warf mir einen eigenartigen Blick zu. »Eigentlich nicht. Na ja, im Prinzip schon. Aber daran zu arbeiten, ist bekanntermaßen unbefriedigend. Außer wenn große außerarbrische Raumschiffe in einer Umlaufbahn um den eigenen Planeten auftauchen.«
    »Also … findest du es jetzt gerade befriedigend?«
    »Lass uns offen und ohne Umschweife sagen, was wir meinen«, erwiderte Orolo. »Du fürchtest, dass ich Nabelschau betreibe. Dass ich auf Blys Koppie diese Untersuchungsrichtung nicht deshalb verfolgt habe, weil sie es wert war, sondern nur, weil ich keine harten Gegebenheiten über die Geometer hatte. Und du bist der Meinung, jetzt, wo wir Beweise dafür haben, dass sie uns körperlich und geistig ähnlich

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