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Anatomie

Anatomie

Titel: Anatomie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bass jefferson
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ein. »Waren Sie noch mal beim Sheriff im Zimmer, seit der Deputy weg ist?«
    »Nein, das war erst vor fünf Minuten. Warum?«
    »Ich weiß nicht; ich bin einfach nervös. Macht es Ihnen was aus, wenn wir mal nachschauen gehen?«
    Sie war sichtlich genervt, verließ aber doch ihren Schreibtisch, ging den Flur hinunter und schob sich in ein Krankenzimmer. Kitchings war heftig am Sägen, er saß halb in dem hoch gestellten Krankenbett. Am linken Arm hatte er eine Infusion, und aus dem Halsausschnitt seines Krankenhausnachthemds schlängelten sich einige EKG-Kabel. Auf dem Herzmonitor blitzte in regelmäßigen Abständen die Zahl 72 auf, und seine Brust hob und senkte sich alle vier Herzschläge einmal. Die Krankenschwester hob den Daumen. »Es geht ihm gut«, flüsterte sie. »Er hatte ein sehr kleines Gerinnsel – wahrscheinlich ist er mehr aus Stress zusammengebrochen als wegen des Gerinnsels –, und er ist wirklich schnell ins Herzlabor gekommen. Die Arterie ein bisschen durchgeputzt, und er ist so gut wie neu. Wahrscheinlich kann er morgen schon nach Hause.« Ich war erstaunt über die gute Prognose – als er umgekippt war, war ich mehr oder weniger davon ausgegangen, das sei’s gewesen. Die Krankenschwester wandte sich ab, um zu gehen, und hielt mir die Tür auf, doch mir war noch etwas eingefallen. Ich tippte auf meine Armbanduhr, hielt fünf Finger hoch und legte fragend den Kopf schief. Sie zuckte die Achseln, legte den Zeigefinger auf die Lippen und ließ mich mit dem schnarchenden Sheriff allein. Sobald die Tür zu war, schlich ich auf Zehenspitzen zum Schrank, wo ich seine Kleider vermutete. Und richtig, dort hing seine Uniform – zerknittert und voller Flecken – auf einem Bügel. Sein Gürtel mit dem Holster und seine leere Pistole baumelten an einem Haken hinten im Schrank. Ich tastete die linke Hemdtasche ab, dann die rechte. Beide leer. Ich durchsuchte die Hosentaschen – ebenfalls leer. Dann fiel mir eine kleine Plastiktüte auf, die auf dem Boden des Schranks lag. Die Tüte war schwer, und es klapperte darin, als ich sie aufhob und auf den fahrbaren Tisch legte, der am Fenster stand. Im Halbdunkel kramte ich in der Tüte herum und fand, nur beschienen vom Schimmern des Herzmonitors und den Laternen draußen vor dem Fenster, den Sheriffstern, seine Schlüssel, seine Brieftasche, ein bisschen Kleingeld, ein Päckchen zuckerfreien Kaugummi und die Kugeln aus seiner Waffe. Doch weder beim ersten noch beim zweiten oder dritten Durchsuchen fand ich das schweißfleckige Taschentuch, in das Waylon die Patronenhülsen, die uns wahrscheinlich zu Orbins Mörder geführt hätten, eingeknotet hatte.

38
    Es war der Aufmacher in der Morgenzeitung, die wenige kurze Stunden, nachdem ich das Krankenzimmer des Sheriffs verlassen hatte, auf meiner Eingangsstufe landete.
    »Leiche der kleinen Stacy gefunden«, lautete die Schlagzeile, und darunter hieß es weiter, »Überführter Kinderschänder des Mordes angeklagt«. Das Mädchen – das seit fast einem Monat vermisst worden war – war von Leichenspürhunden in einem Abflussgraben an einer stillgelegten Tuchfabrik gefunden worden, wenige Blocks vom heruntergekommenen Haus des Verdächtigen entfernt. Unter alten Reifen, modrigen Teppichen und anderem Müll war die Leiche so weit verwest, dass sie nicht wiederzuerkennen war. Doch da Stacy Beaman die einzige Achtjährige war, die im Augenblick vermisst wurde, brauchte ein Mitarbeiter des Medical Examiners nur wenige Augenblicke, um ihre Zähne mit den zahnärztlichen Röntgenaufnahmen zu vergleichen, die schon zur Hand waren und auf solch eine schlimme Entdeckung warteten.
    Als ich die Seite umblätterte, um die Geschichte zu Ende zu lesen, klingelte das Telefon. »Hey«, sagte eine bedrückte Stimme, die – wie ich bereits gewusst hatte, als ich nach dem Hörer griff – Art gehörte. Der Verdächtige war vor zwölf Stunden verhaftet worden, während Art mir geholfen hatte, in Cooke County Knochen einzutüten.
    »Selber hey«, sagte ich. »Wie geht’s?«
    »So lala.«
    »Ich bin froh, dass man sie gefunden hat. Ich bin froh, dass sie ihn gekriegt haben. Es tut mir leid, dass es so ausgegangen ist.«
    »Ja.«
    »Wie wasserdicht ist die Klage gegen den Verdächtigen?«
    »Es sieht besser aus, als wir erwartet haben. Die Beamten der Spurensicherung haben an der Leiche Haare und Fasern gefunden, die wir wahrscheinlich mit ihm in Verbindung bringen können, und wir hoffen, dass wir Samenspuren finden. Lieber Gott,

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