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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Schuhverleihs
in den Green Moon Lanes, an die Blonde, die an der Bar Bier zapfte – beide in ihrer neuen Arbeitskluft.
    Violas Stimme wurde noch leiser. »Sag mir die Wahrheit, Odd. Schau mir ins Gesicht. Siehst du den Tod in mir?«
    »Ja«, sagte ich.

25
    Obwohl ich nicht in der Lage bin,in Gesichtern zu lesen, um die Zukunft eines Menschen oder die Geheimnisse seines Herzens zu erraten, konnte ich Viola Peabody keine Sekunde länger ins Gesicht schauen, ich stellte mir nämlich vor, was ich nicht wirklich sehen konnte, und ich sah ihre mutterlosen Töchter an ihrem Grab stehen.
    Ich trat zu einem der offenen Fenster. Draußen befand sich ein kleiner Garten mit Pfefferbäumen. Aus der warmen Dunkelheit kam der süße Duft von Jasmin, den Viola mit liebevoller Hand pflanzte und pflegte.
    Normalerweise habe ich keine Angst vor der Nacht. Diese Nacht jedoch fürchtete ich, weil der Wechsel vom 14. zum 15. August mit der Geschwindigkeit eines Schnellzugs nahte. Es war, als hätte die Drehung der Erde durch das Schnippen eines göttlichen Fingers drastisch an Fahrt gewonnen.
    Ich drehte mich zu Viola um, die noch immer auf der Kante des Sessels hockte. Ihre ohnehin schon großen Augen waren nun eulenhaft, und ihr braunes Gesicht schien einen Stich ins Graue zu haben. »Sag mal, hast du morgen nicht frei?«, fragte ich.
    Sie nickte.
    Weil sie eine Schwester hatte, die auf ihre beiden Töchter aufpassen konnte, arbeitete Viola sechs Tage pro Woche im Pico Mundo Grill.
    »Hast du schon etwas vor?«, fragte Stormy. »Was machst du morgen?«

    »Ich hab vorgehabt, morgens den Haushalt zu machen. Hier gibt’s immer was zu tun. Und am Nachmittag … der gehört den Mädchen.«
    »Du meinst Nicolina und Levanna?«, fragte ich. So hießen ihre Töchter.
    »Am Samstag hat Levanna Geburtstag. Sie wird sieben. Aber samstags ist eben immer viel los im Grill, da gibt’s ordentlich Trinkgeld, und darauf kann ich nicht verzichten. Deshalb feiern wir vor.«
    »Und wie?«
    »Wir wollen in diesen neuen Film, auf den die ganzen Kinder so scharf sind, der mit dem Hund. Wir gehen zu der Vorstellung um vier.«
    Noch bevor Stormy den Mund aufmachte, wusste ich in etwa, was sie sagen würde: »An einem Sommernachmittag sind in einem kühlen Kino eventuell wesentlich mehr Leute als bei einem Spiel der Jugendliga.«
    »Was wolltet ihr nach dem Film machen?«, fragte ich.
    »Terri hat gesagt, ich soll die Kleinen in den Grill mitbringen, sie will uns ein Essen spendieren.«
    Im Grill konnte es zwar ziemlich laut werden, wenn alle Tische besetzt waren, aber es war unwahrscheinlich, dass man die rege Unterhaltung der Gäste in unserem kleinen Lokal für das Gebrüll einer Menschenmenge halten konnte. Allerdings kann in Träumen alles verzerrt sein, also auch Geräusche.
    Mit dem offenen Fenster im Rücken fühlte ich mich mit einem Mal so verwundbar, dass ich im Nacken eine Gänsehaut spürte.
    Ich schaute wieder in den Garten hinaus. Alles sah genauso aus wie kurz zuvor.
    Die schlanken Zweige der Pfefferbäume hingen in der atemlosen, nach Jasmin duftenden Nachtluft. Die Schatten und
Sträucher flochten unterschiedliche Grade Dunkelheit hinein, aber soweit ich das beurteilen konnte, gewährten sie weder Bob Robertson noch irgendjemand anders Deckung.
    Dennoch trat ich vom Fenster weg und stellte mich daneben, als ich mich wieder zu Viola umdrehte. »Ich glaube, du solltest deine Pläne für morgen ändern.«
    Indem ich Viola vor einem schlimmen Schicksal rettete, verurteilte ich möglicherweise jemand anders dazu, an ihrer statt auf grässliche Weise zu sterben – so wie es auch der Fall gewesen wäre, wenn ich die blonde Barfrau im Bowlingcenter gewarnt hätte. Der einzige Unterschied lag darin, dass ich die Blonde nicht kannte … und mit Viola befreundet war.
    Manchmal werden ebenso komplexe wie schwierige ethische Fragen weniger auf der Basis von Vernunft und Gerechtigkeit entschieden als durch Gefühle. Vielleicht sind solche Entscheidungen Pflastersteine auf der Straße zur Hölle; falls dem so sein sollte, dann ist mein Weg ziemlich gut gepflastert, und das Empfangskomitee kennt schon meinen Namen.
    Zu meiner Verteidigung kann ich nur eines sagen: Schon in diesem Augenblick spürte ich, dass durch Violas Rettung auch ihre Töchter gerettet wurden. Drei Leben, nicht nur eines.
    »Gibt es irgendeine Hoffnung …« Viola berührte ihr Gesicht mit den zitternden Fingern einer Hand und fuhr die Knochen von Kinn, Wangen und Stirn nach, als

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