Anbetung
ahnungslos auf ihren nahen Tod zuschritten.
Ohne mir anmerken zu lassen, dass ich die albtraumhaften Eindringlinge wahrnahm, legte ich den Finger an die Lippen, als wollte ich Viola und Stormy zu verstehen geben, wir sollten leise sein, um die Mädchen nicht zu wecken. Dann winkte ich die beiden Frauen aus dem Zimmer und lehnte die Tür so an, wie sie es vorher gewesen war. Sollten die Bodachs sich doch
weiter über den Boden schlängeln, sollten sie schnüffeln und zappeln und mit geheimnisvoller Absicht ihre Hände bewegen.
Es wäre mir nicht so lieb gewesen, wenn einer oder zwei uns gefolgt wären, aber wir erreichten die Haustür ohne übernatürliche Begleitung.
Fast so leise wie im Zimmer der Mädchen sagte ich jetzt zu Viola: »Eins sollte ich noch klarstellen. Wenn ich dir rate, morgen nicht ins Kino zu gehen, dann meine ich damit, dass die Mädchen ebenfalls nicht gehen sollten. Lass sie auch mit niemand anders rausgehen, weder ins Kino noch sonst wohin.«
Violas seidig glatte Stirn legte sich in feine Falten. »Aber meine süßen Kleinen … die sind in dem Traum doch gar nicht erschossen worden.«
»Kein prophetischer Traum offenbart alles, was kommt. Nur Bruchstücke.«
Statt lediglich ihre Furcht zu steigern, ließ das, was ich andeutete, ihre Gesichtszüge hart vor Zorn werden. Gut. Sie brauchte Furcht und Wut, um aufmerksam zu bleiben und am kommenden Tag kluge Entscheidungen zu treffen.
Um ihre Entschlossenheit zu stärken, sagte ich: »Wenn du doch gesehen hättest, wie deine Mädchen erschossen wurden, wenn du sie, Gott behüte, tot gesehen hättest, dann hättest du das beim Aufwachen vielleicht aus deiner Erinnerung verdrängt. «
Stormy legte Viola die Hand auf die Schulter. »Du hättest diese Bilder nicht in dir haben wollen.«
Fast verkrampft vor Entschlossenheit sagte Viola: »Wir bleiben zu Hause und machen eine kleine Party, nur für uns allein.«
»Ob das klug ist, weiß ich auch nicht recht«, sagte ich.
»Wieso nicht? Ich weiß zwar nicht, an was für einem Ort mein Traum gespielt hat, aber dieses Haus war es bestimmt nicht.«
»Denk daran … unterschiedliche Wege können dich zum selben hartnäckigen Schicksal führen.«
Ich wollte nicht dazu gezwungen sein, ihr von den Bodachs im Zimmer ihrer Töchter zu erzählen, dann hätte ich nämlich all meine Geheimnisse verraten müssen. Nur Terri, der Chief, seine Frau und Little Ozzie kennen fast die ganze Wahrheit über mich, und nur Stormy kennt sie ganz.
Wenn zu viele Leute in meinen innersten Kreis gelangen würden, käme mein Geheimnis ans Tageslicht. Ich würde zu einer Mediensensation, zu jemandem, den viele für eine Abnormität halten und manche für einen Guru. Einfachheit und Ruhe wären für immer unerreichbar für mich. Kurz, mein Leben wäre zu kompliziert, um lebenswert zu sein.
»In deinem Traum«, sagte ich zu Viola, »bist du zwar nicht in diesem Haus erschossen worden. Aber wenn du dazu bestimmt warst, im Kino getötet zu werden, nun aber doch nicht ins Kino gehst … dann kommt das Schicksal vielleicht hierher, um dich zu suchen. Wahrscheinlich ist das nicht, aber auch nicht unmöglich.«
»Und in deinem Traum, da ist morgen der Tag, an dem es geschieht? «
»So ist es. Deshalb wäre es mir lieber, wenn du gleich zwei Schritte von der Zukunft entfernt wärst, die du in deinem Albtraum gesehen hast.«
Ich warf einen Blick zum Wohnzimmer hin. Noch immer hatten sich keine Bodachs hinter uns hergeschlichen. Ich glaube, dass sie auf diese Welt keine Wirkung haben.
Trotzdem senkte ich die Stimme noch mehr, um das Leben der Mädchen auf keinen Fall in Gefahr zu bringen. »Punkt eins: Geht morgen weder ins Kino noch in den Grill. Punkt zwei: Bleibt auch nicht hier.«
»Wie weit wohnt deine Schwester von hier weg?«, fragte Stormy.
»Zwei Straßen weiter. Drüben in der Maricopa Lane.«
»Ich komme morgen früh zwischen neun und zehn mit dem Foto vorbei, von dem Stormy gesprochen hat«, sagte ich. »Dann bringe ich dich und die Mädchen zu deiner Schwester.«
»Das brauchst du doch nicht tun, Odd. Das schaffen wir schon allein.«
»Nein. Ich will euch hinbringen. Das ist notwendig.«
Ich musste mich vergewissern, dass kein Bodach Viola und ihren Töchtern folgte.
»Sag Levanna und Nicolina nicht, was du vorhast«, flüsterte ich. »Und ruf nicht bei deiner Schwester an, um euch anzukündigen. Man könnte euch belauschen.«
Beunruhigt, aber auch erstaunt, blickte Viola in ihr Wohnzimmer. »Wer könnte
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