Ancient Blades 3: Der Thron der Barbaren
Flaggen
wehen«, sagte einer der Kundschafter.
Tarness runzelte die Stirn. Der Mann hatte recht. Oben
in der Stadt flatterte nicht einmal ein Wimpel. Je länger Tarness zu seinem
ehemaligen Palast und den Wachunterkünften hinüberstarrte, desto stärker
beschlich ihn das Gefühl, dass etwas fehlte. Aus einer solchen Entfernung
konnte er nicht alle Einzelheiten erkennen, aber er gewann den Eindruck, dass
der ummauerte Bezirk verlassen war, von dem aus er bis vor Kurzem die Stadt
regiert hatte.
Die Hauptstreitmacht der Horde kam zu Fuà die StraÃe
entlang, Tausende von Plünderern, Berserkern und Leibeigenen, die sich ohne
erkennbare Marschordnung näherten. Sie trugen Lasten auf dem Rücken oder
schoben Karren, die mit Vorräten beladen waren. Tarness sah Bündel langer
Stangen und groÃe Mengen an Hirschhäuten, die als Zelte dienten, eine ordentliche
Anzahl Ambosse, Hunderte Truhen und Fässer mit Met, Mehl, Trockenfleisch und
gesalzenem Fisch.
Tarness war schon lange
General, weitaus länger, als seine Männer ahnten. Ihn beeindruckte, wie ordentlich die Karren beladen und wie gut
diese Wilden ausgerüstet waren. Die meisten Heere lebten vom Land â die
Armee der Freien Männer zum Beispiel ernährte sich von den Erzeugnissen des Landes,
von dem Wild, das die Soldaten erlegten, und den Kornvorräten, die sie auf den
umliegenden Bauernhöfen requirierten.
Aber wenn man eine Stadt belagern wollte, dann konnte
man seine Männer nicht jeden Tag auf die Jagd schicken, damit sie sich selbst
versorgten. Die Umgebung einer belagerten Stadt wäre nach wenigen Tagen leer
geplündert, und das zwang die Fourageure, auf der Suche nach Lebensmitteln
immer weiter auszuschwärmen und die Linien auszudehnen, bis man die Stadt bei
sich bietender Gelegenheit nicht länger erstürmen konnte. Die Barbaren hatten
den Ruf, leichtsinnige Kämpfer zu sein, aber anscheinend war dieser Mörg der
Weise vorausschauender als so mancher General, gegen den Tarness bisher
gekämpft hatte.
Unter den Blicken der Kundschafter schlugen die
Barbaren eine Viertelmeile vor den Stadtmauern ihr Lager auf. Weit genug
entfernt, um dem Beschuss von den Mauern herab zu entgehen, aber dicht genug,
dass niemand aus der Stadt fliehen konnte, ohne erwischt zu werden. Das Lager
entstand in erstaunlicher Schnelligkeit, so als hätten die Barbaren groÃe Ãbung darin. Gruppen von Männern errichteten
zahllose Zelte, während andere ordentliche
Latrinengruben abseits des Hauptlagers
aushoben. Man baute behelfsmäÃige Ãfen für die Schmiede, die ihre Waffen
instand hielten, oder baute Steinöfen zum Brotbacken. Die Arbeit war
eine geraume Weile vor Einbruch der Dunkelheit erledigt, als der gröÃte Teil
der Horde schlafen ging. Andere hielten um lodernde Feuer Wache oder machten
die Runde rings um das Lager.
Das alles geschah dermaÃen planmäÃig, wie Tarness es
nie zuvor bei einem anderen Heer erlebt hatte. Die Truppen des Königs hätten
Wochen gebraucht, um ein solches Lager zu errichten. Als die Nacht einbrach,
hatten sich die Barbaren in ihrer neuen Heimstatt eingerichtet.
Eine Frau hatte ihr Gesicht wie einen Totenschädel
bemalt und öffnete Fässer, aus denen Männer mit Trinkhörnern und Lederbechern
Met schöpften. Bald darauf lachten sie so laut, dass Tarness es noch auf seinem
Hügelkamm hörte. Mörg selbst stand auf einer roh zusammengezimmerten Plattform
und hielt eine Rede, die groÃen Jubel hervorrief.
Mörgs Sohn, dessen Gesicht wie das eines Berserkers
bemalt war, löste sich aus der Horde und schritt zum Jägertor von Ness. Er
stand einfach da, während die Dunkelheit hereinbrach und in der Stadt die
ersten Lichter entzündet wurden. Stand da und starrte die Mauer an, als könne
er sie durch reine Willenskraft zum Einsturz bringen. Vielleicht wartete er ja
darauf, dass jemand von den Zinnen herab zu ihm herunterrief oder sonst wie mit
ihm in Verbindung trat. Falls das die Absicht gewesen war, wartete er jedoch
vergeblich.
Er stand noch immer da, als Tarness den Kundschaftern
bedeutete, sich zurückzuziehen. Er hatte genug gesehen. Die Männer erhoben sich
mit steifen Gliedern und stiegen den Hügel hinab bis zu der Stelle, an der sie
ihre Pferde zurückgelassen hatten.
Tarness musste über vielerlei nachdenken. Was er
gesehen hatte, war höchst aufschlussreich gewesen â aber
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