Ancient BladesDie Metropole der Diebe
ein Taschentuch aus dem Ärmel, um sich die Tränen vom Gesicht zu wischen. Das tat sie allerdings mit so sanften und zaghaften Bewegungen, dass sie damit wenig ausrichtete. »Was hast du zu sagen?«
»Ich gehe ein gewaltiges Risiko ein, indem ich dir vertraue. Ich habe keine Ahnung, ob du nicht jedes meiner Worte an Hazoh weitergibst. Aber mir bleibt keine andere Wahl, als dich um Hilfe zu bitten. Ich will die Krone zurückholen. Sobald sie in meinen Händen ist, wird Anselm Vry gar keine andere Wahl haben, als Hazoh zu verhaften – und ihn vermulich hinzurichten. Deine Mutter wird befreit, und du mit ihr. Der Burggraf wird so begeistert von Croy sein, dass er seine Verbannung aufhebt, und damit auch die Henkerschlinge um seinen Hals.«
»Und du, Malden? Was hast du davon? Kann ich mir deine Dienste leisten?«
»Ich erfülle mir einen Herzenswunsch«, erwiderte er. Und senkte den Blick. »Aber du musst diesen Preis nicht bezahlen. Komm heute Nacht zu uns, wenn du kannst. Ich habe eine Kammer im Stinkviertel.« Er beschrieb die Straße, in der er wohnte, und wie man sie von Gartenmauer aus erreichte.
»Also gut«, sagte sie. »Um Mitternacht wird sich Hazoh in sein Schlafgemach zurückziehen und dort bis zur Morgendämmerung beschäftigt sein. Dann komme ich.«
»Danke«, sagte Malden. Er sah ihr hinterher, wie sie auf den Platz zurückkehrte, ohne einen Blick zurückzuwerfen. »Croy, wir müssen gehen. Wir haben keine Zeit mehr.«
Der Ritter rührte sich nicht. »Ihren Arm?«, fragte er kleinlaut.
»Komm schon! Oder sei verdammt«, knurrte Malden. »Ich habe dich nur gebraucht, um mit ihr Verbindung aufzunehmen. Lass dich umbringen, wenn du so deinen Ruhm findest. Aber wenn du mir weiterhelfen willst, dann begleitest du mich. Sofort.«
Und schließlich folgte ihm Croy.
Kapitel 61
Malden verbrachte den Tag damit, grobe Grundrisse des Herrenhauses zu zeichnen, die sämliche ihm bekannten Ein- und Ausgänge zeigten, sowie jeden Raum, den er und Kemper gesehen hatten. Er studierte sie fieberhaft. Er machte endlose Korrekturen, wenn ihm etwas einfiel, wenn eine Einzelheit, die zuvor noch völlig unbedeutend erschien, plötzlich neue Möglichkeiten eröffnete – oder neue Gefahren. Die Holzkohle färbte seine Hände schwarz, als er die Pläne immer wieder neu zeichnete, sie dann zerriss und von vorn anfing.
So verwirrt er möglicherweise einem Beobachter erschienen wäre, befand er sich dennoch in seinem Element. Dafür war er geboren, das wusste er jetzt. Seiner Erfahrung nach gab es zwei Arten Diebe auf der Welt. Da waren einmal die, die sich dem Verbrechen zuwandten, weil sie Geld brauchten und dafür nicht arbeiten wollten. Das war die Art von Dieben, die für gewöhnlich ganz schnell am Galgen baumelten. Die anderen gehörten zu der Sorte, für die ein perfekt geplanter Einbruch eine Herzensangelegenheit war – letzlich ein Kunstwerk. Die Planung, die Betrachtung aller Möglichkeiten, das In-Betracht-ziehen der eigenen Möglichkeiten und der Motive des Gegners, die plötzlichen Inspirationen, die das Unmögliche zumindest heoretisch möglich erscheinen lassen – das lockte Malden an diesem Handwerk, und in gewisser Weise erfüllte es ihn mit Glück, über diesen Plänen zu brüten.
Andererseits war er vielleicht auch einfach nur froh, dass ihn mal einen ganzen Tag lang keiner versuchte zu töten, über die Dächer jagte oder mit grausamer Zauberei bedrohte. Es war eine nette Abwechslung.
Der Tag verging, und der Abend kam viel zu schnell. Stundenlang hatte er jede Einzelheit seines Plans durchdacht, ohne sich auszuruhen oder gar etwas zu essen. Nun holte er sich einen eingelegten Fisch aus einem Krug und kaute auf dem kalten Fleisch herum, ohne es zu schmecken.
»Morgen früh sind es noch vier Tage bis zum Göttinnenfest«, sagte er. »Ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen. Wir wissen nicht, was in den nächsten Tagen geschieht. Anselm Vry könnte noch irgendwelche Trümpfe im Ärmel haben. Hazoh könnte bereits über unsere Pläne Bescheid wissen und etwas unternehmen, um uns aufzuhalten. Also sollten wir es eher früher als später erledigen.«
»Einverstanden, mein Junge, aber du darfst auch nichts überstürzen«, gab Kemper zu bedenken. Er hielt seine Karten in der Hand und rieb mit dem Daumen über jede einzelne, was ihm angeblich Glück brachte. »Bei solchen Unternehmungen wurden schon viele Diebe zur Strecke gebracht. Das wird alles nicht leicht.«
»Ich weiß«, sagte
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