Ancient BladesDie Metropole der Diebe
die Ablenkung kam, war er nicht mehr als dreißig Fuß entfernt.
»Herr, bitte, Herr … meine Schwester … sie hat uns aus ihrem Haus ausgeschlossen. Herr, bitte, ich brauche Eure Hilfe, ich brauche Eure Axt, bitte, ich muss die Tür einschlagen.« Es war das Schleifenmädchen, obwohl Malden die Kleine kaum erkannte. Sie hatte das Haar unter einer Haube verborgen und den abgetragenen Kittel umgedreht, sodass er eine andere Farbe hatte. »Bitte, Herr, ich brauche Eure Hilfe!«
Hazohs Gefolgsmann trat nach dem Mädchen, aber sie war schnell genug und wich ihm aus. Die Geschichte hatte sie sich offensichlich aus dem Stegreif einfallen lassen, aber es kam nicht auf die Einzelheiten an. Der Mann brüllte sie an, ihn in Ruhe zu lassen, und plötzlich richteten sich alle Blicke auf ihn.
Viel wichtiger war jedoch, dass er Cyhera nicht im Auge behielt. Sie schob sich an den Schultern zweier stämmiger Männer vorbei, die sich beim Anblick eines hartgesottenen Waffenmannes, der von einer Straßengöre bedrängt wurde, vor Lachen bogen. Augenblicklich verschluckte die Menge sie.
»Da«, sagte Malden und zeigte auf eine dunkle Gasse ganz in der Nähe, wo Cyhera verschwunden war. »Geh schon! Los!«, zischte er und hieb Croy gegen den Arm. Der Ritter eilte auf die Gasse zu, und Malden suchte sich einen Pfad durch die Menge in die gleiche Richtung, wenn auch auf Umwegen.
An der Gassenmündung blieb er stehen und spähte in die Schatten. Da standen Cyhera und Croy und waren bereits in eine lebhafte Unterhaltung vertieft. Malden warf einen letzten Blick zum Marktplatz hinüber. Das Schleifenmädchen hatte ein Stück Baumwolle von einer Rolle entwendet und wand es um die Beine des Schlägers. Der ballte die Faust mit dem Kettenhandschuh, um sie zu schlagen, aber sie war bereits verschwunden – zusammen mit seinem Geldbeutel. Er wollte die Kleine verfolgen, stolperte aber über das Baumwolltuch und stürzte vornüber. Der Besitzer des Stoffs stürzte hinter seinem Stand hervor und beschimpfte den Mann.
Großartig. Malden nahm sich vor, nach dem Namen des Mädchens zu fragen. Sie war für das Spiel geboren, das stand fest.
» … alle unsere Schwierigkeiten beheben, auf einen Streich«, sagte Croy mit erhobener Stimme. Malden eilte auf ihn zu und wollte ihn auffordern, leiser zu sprechen. »Und das kostet bloß …«
Cyhera nahm Malden die Arbeit ab.
»Gestern Abend hat er ihr den Arm brechen lassen«, sagte Cyhera. Ihre Stimme war wie ein Eishauch.
Hätte sie Croy eine Ohrfeige verpasst, hätte die Wirkung nicht schlimmer sein können. »Was? Ich verstehe nicht«, sagte Croy. Er sah aus wie ein geprügelter Hund.
»Dachtest du, er hätte nichts von deinem Aufstand im Palast mibekommen?«, wollte Cyhera wissen. »Vry dazu bringen zu wollen, sein Haus zu stürmen? Was bist du doch für ein Narr! Ich kann nicht glauben, dass ich meine Hoffnungen je auf deinen Stern gesetzt habe, Croy.« Sie wandte sich angewidert von ihm ab. »Natürlich weiß Hazoh von unserer Verbindung. Er glaubt, dass ich dich zu diesem leichtsinnigen Unternehmen angestiftet habe. Ich konnte ihn nicht vom Gegenteil überzeugen, und als ich mich weigerte, ein Geständnis abzulegen, schickte er zwei seiner Männer mit einer Stange und einem Stück Seil. Sie legten ihr eine Schlinge doppelt um den Arm und drehten das Seil mit der Stange, bis ich den Knochen brechen hörte.«
Eine Träne rann durch den Garten aus farbigen Lilien, der Cyheras Wange schmückte.
»Ich wollte doch nur …«
»Ich weiß, was du wolltest! Welches Gewicht haben Absichten in deiner Welt, Croy? In diesem Märchenreich, in dem du lebst, in dem tapfere Ritter zur Rettung hilfloser armer Frauen herbeieilen – bringt da die bloße Absicht, Gutes zu tun, dir schon Ruhm ein? Denn in meiner Welt und in seiner« – sie stieß einen Finger in Maldens Richtung – »bedeuten Herzenswünsche ganz und gar nichts. Vor allem wenn die größten Hoffnungen und Wünsche alles nur noch schlimmer machen.«
Malden musterte die beiden. Croy stand wie vom Donner gerührt da, zu keinem Satz und zu keiner Bewegung fähig. Der Kummer überwältigte Cyhera mit solcher Macht, dass ihr Gesicht unter den Pflanzen und Blüten totenbleich war.
Sie hatten keine Zeit für solchen Unsinn.
»Meine Lady«, sagte Malden, »uns bleiben nur Momente, bevor dein Wachhund dich erschnüffelt hat. Halt mich also nicht für herzlos.«
»Nein, Malden, ich weiß, dass du nicht herzlos bist«, sagte sie und zog
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