Ancient BladesDie Metropole der Diebe
einen Stiefel aus dem Schlamm. Er musste sich vorbeugen und seine ganze Kraft in die Bewegung legen. Schmerzerfüllt stöhnte er auf, als ihm seine Verletzung zu schaffen machte. »Aber wenn ich dir sage, wonach wir suchen, bestehst du bestimmt darauf, sofort die Flucht zu ergreifen.«
»Ah. Also bist du der Ansicht, dass es mir an Mut mangelt.« Malden zog die Ahle und versuchte auf das Schilf einzuhacken, aber die Spitze allein konnte nichts dagegen ausrichten. Zum ersten Mal an diesem Tag wünschte er sich, er hätte Croy erlaubt, seine Schwerter mitzunehmen.
»Nein«, antwortete Croy. »Nein, ich habe gesehen, dass du mutig bist. Es ist nur … gut.« Er drückte ein paar Schilfrohre nach unten, damit Malden das Ziel erkannte. »Da sind wir.«
Sie waren zum Rohr gekommen. Die Öffnung war bündig mit der Sumpfmauer, die sich vor ihnen in die Höhe erstreckte; das Mauerwerk war mit Generationen von Schlingpflanzen überwuchert. Die Unterseite des Rohrs lag im Schlamm begraben, aber es bildete einen Torbogen, der um einiges höher war als ein Mann. Sonnenlicht strömte hinein, verlor sich aber nach ein paar Dutzend Fuß in der Dunkelheit.
Malden beugte sich in das Innere und atmete stinkende Luft. Tropfen fielen von der gewölbten Decke herab und hallten wie Trommelschläge, wenn sie auf das Wasser am Boden auftrafen. Die Ziegelwände des Rohrs fühlten sich nachgiebig an und waren mit einer dicken Salpeterschicht überzogen.
»Da drinnen?«, fragte Malden.
»Ja«, sagte Croy. »Wenn er zu Hause ist.«
»Ich habe … Geschichten gehört. Vielleicht sollten wir abhauen.«
Croy stieg in das Rohr, und seine Schritte hallten wie Donner. »Ich dachte mir, dass du das vorschlägst. Komm mit – wenn du dich traust.«
Malden folgte, weil er nicht als Feigling gelten wollte. Allerdings war er bereit, beim ersten Anzeichen von Gefahr aus dem Rohr hinauszustürmen. Die Kinder der Freien Stadt Ness wussten, was sich in diesem Rohr befand, selbst wenn die Erwachsenen es bloß für eine Legende hielten. Als Malden älter wurde, hatte er gelernt, nicht länger daran zu glauben. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
Vor ihrem Abstecher nach Sumpfmauer hatte Croy ein paar Kerzen gekauft, deren Dochte noch verbunden waren. Jetzt schnitt er sie mit dem Gürtelmesser auseinander und entzündete eine davon. Das flackernde Licht erhellte das Rohr nur wenig, aber wenigstens konnte Malden dem Ritter folgen.
Das Wasser am Boden floss schnell dahin und behinderte Maldens Füße, als er sich vorwärtsschleppte. Einfach nur stehen zu bleiben, kostete ihn schon eine große Anstrengung. Die Strömung wurde stärker, je weiter sie vorwärtskamen.
Vor ihnen führte das Rohr nach links, und Croy folgte dem Verlauf und stützte sich an der Wand ab. Malden zog sich mit beiden Händen voran und hielt so gut wie möglich mit. Hinter der Kurve stießen sie auf Gitterstäbe, die man in das Rohr eingebaut hatte. Ein natürlicher Zaun für jeden, der dumm genug war, von dem dahinterliegenden Fluss aus in die Stadt vordringen zu wollen. Geröll und Knochen – Tierknochen – waren am Fuß des Gitters zu einer dicken Schicht angewachsen, sodass das Wasser darüber- und daran vorbeifloss. Es rauschte laut und übertönte alle anderen Geräusche. Darum dauerte es eine Weile, bis Malden bemerkte, dass Croy mit ihm sprach.
»… nicht hier, fürchte ich«, wiederholte der Ritter. »… müssen später … zurückkehren …«
Malden nickte und wandte sich um, um das Rohr wieder zu verlassen, erleichtert, einen Vorwand gefunden zu haben. Er hastete um die Biegung, die Schritte zusätzlich von der Strömung beschleunigt – und dann stolperte er und fiel auf alle viere ins Wasser.
Sein Herz pochte wie wild, und er bekam keine Luft.
Am Ausgang, keine fünfzig Fuß entfernt, zeichnete sich eine gewaltige Gestalt vor dem hereinfallenden Sonnenlicht ab. Malden konnte nur wenige Einzelheiten ausmachen, erkannte aber, dass sie viel zu groß für einen Menschen war.
Kapitel 68
Malden spähte nach rechts und links, aber es gab keinen Ausweg. Das Gitter hinter ihm verhinderte die Flucht, und das monströse Wesen am Eingang würde ihn sicherlich packen, wenn er versuchte, an ihm vorbeizulaufen. Er griff nach seiner Ahle, wagte sie aber nicht zu ziehen – was sollte sie schon gegen dieses gewaltige Ungeheuer ausrichten?
Neben ihm beschattete Croy die Augen mit einer Hand und spähte ins Licht. Das Wasser rauschte so laut, dass Malden nicht
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