Ancient BladesDie Metropole der Diebe
verstand, was er sagte. Der Ritter senkte die Hand, dann stieß er so etwas wie einen erstickten Kriegsruf aus.
»Gurrh!«
Und er stürmte los, geradewegs auf die Bestie zu, die die Arme hob, als wolle sie den Ritter in eine tödliche Umarmung reißen. Zum ersten Mal fiel Malden auf, dass sie etwas Großes in der Hand hielt, einen Ast oder eine Keule.
Malden drückte sich gegen die schmutzige Tunnelwand und schloss die Augen, wartete auf das unweigerliche Bersten, wenn Croys Knochen zermalmt würden. Der Narr trug nicht einmal seine Schwerter.
Aber der nächste Laut klang fröhlich und wurde von der seltsamen Akustik des Rohrs verstärkt und verzerrt. Brüllendes Gelächter und erstaunte Ausrufe drangen an Maldens Ohr, der Jubel alter Freunde, die sich wiedergefunden hatten.
Der Dieb öffnete die Augen und bekam das überraschendste Schauspiel des Tags zu Gesicht. Croy und die Bestie schüttelten sich die Hände und alberten herum.
»Malden«, rief Croy, »komm schon! Komm und lern meinen alten Freund Gurrh kennen.«
Von der Strömung getrieben, stolperte Malden vorwärts und trat in das Licht jenseits der Rohröffnung. Nun sah er das Ungeheuer zum ersten Mal richtig, und beinahe hätte er sich in die Hose gemacht, obwohl es doch Croys Freund war.
Acht Fuß groß, hatte es im Grunde die Gestalt eines Mannes, war allerdings viel breiter und hatte Muskeln, so stark wie ein Pferd. Es war von Kopf bis Fuß mit verdrecktem schwarzem Fell bewachsen und stank nach Tod. Nur ein kleines Stück Haut, das von der Nase bis zur Stirn reichte, war enblößt, und das war so weiß wie eine Zwergenleiche. Die Augen hatten die Größe von Untertassen, auch wenn sie fröhlich funkelten, und die Nase war gekrümmt und zur Seite gedrückt. Auf der Stirn und um die Augen herum waren uralte Runenzeichen eingeritzt.
Der Gegenstand in seiner Hand, den Malden anfangs für eine Keule gehalten hatte, war in Wirklichkeit ein toter Flussotter ohne Kopf. Dem Aussehen des Kadavers nach zu urteilen, hatte die Bestie ihn bereits abgenagt, vermulich als Frühstück.
»Ihr seid ein Freund von Sir Croy?«, fragte die Kreatur mit tiefer, schnarrender Stimme und streckte die freie Hand aus. »Dann seid im Namen der Göttin in meinem Zuhause willkommen, ehrenwerter Herr. Man nennt mich Gurrh, ein gebräuchlicher Name bei meinem Clan.«
Der Clan der Oger, dachte Malden. Dieses Wesen, das sich so gewählt ausdrückte, war ein Oger. Daran bestand kein Zweifel. Zögernd legte er die Hand in die Hand des Riesen. Der Oger ergriff sie vorsichtig und schüttelte sie sanft.
»Aber … wieso?«, fragte Malden. Viele Einzelheiten von Skraes Geschichte waren ihm unbekannt, aber die groben Züge kannte er dann doch. Als seine Vorfahren aus dem Alten Kaiserreich herübergekommen waren, mussten sie entdecken, dass dieser Kontinent bereits von Elfen und Zwergen bewohnt war. Jahrhunderte des Krieges waren nötig gewesen, um das Land für die menschliche Besiedlung zu säubern – bittere Jahrhunderte, in denen Leute wie Hazoh ganze Berge vom Anlitz der Welt gebrannt hatten und mit ihrer Magie tiefe Täler aus dem Boden gruben; wo man sieben magische Klingen geschmiedet hatte, um gegen die Dämonen der Nacht zu kämpfen. Am Ende dieser höllischen Zeit hatten die Elfen erkennen müssen, dass sie der Woge menschlicher Macht nichts entgegenzusetzen hatten. Also schlossen sie Bündnisse mit ihren eigenen uralten Feinden, um Hilfe zu erhalten – den Goblins, den Trollen und den Ogern, den Schrecklichsten von ihnen allen. Diese haarigen Riesen waren angeblich in der Schlacht nicht aufzuhalten, ihrer zähen Haut konnten weder Eisenklingen noch Äxte etwas anhaben. Sie konnten Pfeile aus der Luft pflücken und sie zurück auf die Angreifer schleudern, oder sie stemmten die menschlichen Krieger einfach in die Höhe und rissen sie mit bloßen Händen in Stücke.
Malden hatte geglaubt, dass es keine Oger mehr auf der Welt gab. Sie hatten unermüdlich gekämpft, aber die Elfen, die ihnen befahlen, waren ausgerottet worden, verraten von den Zwergen, die sie einst für ihre Verbündeten gehalten hatten. Die Zwerge waren immer ein praktisches Volk gewesen; sie hatten gewusst, wann sie aufgeben und ein Bündnis mit den Menschen schließen mussten. Die Oger waren zu schlecht organisiert gewesen, um allein weiterzukämpfen. Die Zauberer jener Zeit hatten sie gnadenlos niedergemetzelt, hatten sie in ihre Verstecke verfolgt und ausgemerzt, bis es keinen mehr gab. Sicher, es
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