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Ancient BladesDie Metropole der Diebe

Ancient BladesDie Metropole der Diebe

Titel: Ancient BladesDie Metropole der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Chandler
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beschädigt worden. Vermulich existierte er gar nicht mehr. Sicherlich hatte der Burggraf keinen Grund, ihn wieder genauso herzustellen, wie er gewesen war.
    In dem Korridor hier konnte es keine Fenster geben. Der Fallengang in Hazohs Herrenhaus war auf beiden Seiten von Räumen mit dicken Wänden umgeben. Das Mondlicht konnte unmöglich bis hierher vordringen.
    Also war zumindest das Mondlicht eine Illusion. Eine von Hazoh heraufbeschworene Sinnestäuschung. Und doch – warum sah es hier auf sinnverwirrende Weise wie im Innern des Palasts aus? Warum sollte der Magier hier die genaue Nachbildung eines Korridors erschaffen, den nur eine Handvoll Menschen je gesehen hatte? Das ergab keinen Sinn.
    Wenigstens kannte Malden das Geheimnis dieses Gangs. Die Schatten zwischen dem Mondlicht verbargen Druckauslöser, die mit Federn angetriebene Speere nach unten schießen ließen, damit jeder durchbohrt wurde, der so dumm war und darauftrat. Die letzte Mondlichtpfütze wäre eine Falltür mit einem Schacht in das Verlies des Burggrafen – beziehungsweise in das Gegenstück dieses Hauses. Oder doch nicht? Malden ging in Gedanken den Grundriss des Herrenhauses durch. Der Korridor befand sich in der Mitte des zweiten Stockwerks. Darunter lag die Galerie, die auf die große Halle im Erdgeschoss hinaussah. Also würde der Schacht am Ende dieses Flurs einen nichtsahnenden Dieb auf die Eisenkugel befördern.
    Vielleicht gab es noch andere Unterschiede. Vielleicht ging es darum.
    Ah.
    Pass aufs Auge auf. Malden glaubte zumindest ansatzweise die Zusammenhänge zu begreifen. Das Auge hatte in seinen Verstand geblickt und seinen Erinnerungen entsprechend diese Umgebung konstruiert. Das war die einzige Erklärung, warum es hier in allen Einzelheiten genauso aussah wie im Palast. Es war ein ausgeklügelter, ein wirklich raffinierter Zauber. Er hätte ihm auch vorgaukeln können, in einem Blumenfeld zu stehen, sich auf dem Meeresgrund oder im Höllenpfuhl selbst zu befinden. Aber dann hätte er sofort gewusst, dass es sich um eine Illusion handelte. Das Auge wusste, dass er einen Korridor voller Fallen erwartete – also hatte es ihn erschaffen. Die Illusion war überzeugend. Das Mondlicht bestand aus fahlem Silber, es roch nach altem Stein und der sauberen Luft auf dem Schlosshügel. Hätte es Malden nicht besser gewusst, er wäre durchaus auf den Gedanken gekommen, dass an seinem Schwindelgefühl bloß seine Augen schuld waren, die sich an das Mondlicht gewöhnen mussten. Er hätte an den Korridor vor sich geglaubt. Ohne Lockjaws Warnung hätte er vermulich alles geglaubt. Möglicherweise hatte der alte Mann gerade eben sein Leben gerettet.
    Das Bild des Korridors gründete sich auf Maldens Erinnerungen an den Palast. Es gab keinen Grund zu der Annahme, dass er diesen Erinnerungen auch wirklich entsprach. Malden suchte nach seiner erloschenen Laterne, konnte sie aber nicht finden. Vermulich stand sie noch immer in seiner Nähe, aber die Illusion verbarg sie.
    In einer Gürteltasche trug er drei von Slags verlässlichsten Schöpfungen. Bleikugeln, die in Leder gewickelt waren, damit sie keinen Lärm verursachten. Er nahm eine der Kugeln und wog sie kurz in der Hand und warf sie in den Gang hinein. Mit dumpfem Aufprall landete sie im Mondlicht und rollte weiter in die Dunkelheit dahinter, wo er sie nicht mehr sehen konnte. Falls dieser Korridor den Regeln unterworfen war, an die sich Malden erinnerte, musste nun ein Fallgitter in die Tiefe donnern, und drei Messingspeere mussten die Kugel aufspießen.
    Aber genau das geschah nicht.
    Stattdessen klaffte die Dunkelheit weit auf, und gewaltige weiße Reißzähne blitzten in einem verirrten Strahl des Mondlichts. Die Zähne schnappten nach der Kugel und zermalmten sie. Dann schob sich eine Zunge, dick wie Maldens Arm und mit gespaltener Spitze, aus dem Rachen oder der Grube und leckte wie ein hungriger Hund auf der Suche nach Essensresten an den Zähnen vorbei über den Boden. Als sie nichts fand, zog sie sich hinter die Zähne zurück, die zuschnappten und verschwanden, bis der Boden wieder völlig in Dunkelheit lag.
    Malden dachte an die Zähne in dem Türschloss, das er vor Kurzem geknackt hatte, und wie sie auf seinem Werkzeug herumgekaut hatten. Diese Zähne waren verschwunden, sobald sich das Schloss öffnete, aber sie hatten ihre Spuren auf dem Dietrich hinterlassen. Ob diese Reißzähne, die so viel größer waren, nun eine Illusion waren oder nicht – sollte er in ihre Reichweite

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