Ancient BladesDie Metropole der Diebe
konnte wie mit dem Hauptmann. Nein, so einfach würde das nicht sein – denn Bikker kannte sich genau aus. Aber möglicherweise konnte er bei dem Mann mit einer schlagfertigen Bemerkung oder einer zielsicheren Beleidigung punkten. Ihn in Wut versetzen und zu einem voreiligen Angriff provozieren. Vielleicht gelang es ihm ja, an Bikkers Selbsbewusstsein zu kratzen und ihn davon zu überzeugen, mehr Zeit für die Verteidigung aufzuwenden und so einem verheerenden Angriff entgehen. Vielleicht gewann er auch einfach nur an Ehre, wenn er Bikker als den Hund bezeichnete, der er nun einmal war.
»Hallo, alter Freund«, sagte er. »Ich nehme nicht an, du hast dich geändert und deine Ehre wiedergefunden? Dass du dich entschuldigen willst, ein Gebet an die Göttin richtest und dann deiner Wege gehst?«
Bikker lachte. »Ist es tatsächlich so einfach, dass ein Leopard seine Flecken verändert? Ich sollte wohl auch noch irgendwie Buße tun. Für meine bösen Taten. Ja, ich glaube, ich könnte deinen aus der Mode gekommenen Ideen von Ehre und Ritterlichkeit folgen. Oder ich könnte dich einfach töten – dich zerquetschten wie eine Mücke, die an meinem Ohr summt, und mich dann wieder meinen Ausschweifungen widmen. Wie es jeder geistig gesunde Mann in der wirklichen Welt tun würde.«
Croy lächelte, auch wenn es ihn schmerzte. »Weißt du, auf eine seltsame Weise ist es gut, dich wiederzusehen. Es erinnert mich an bessere Tage. Du weißt schon, als du noch jung und auf der Höhe deiner Kräfte warst.«
»Croy, du siehst nicht gut aus«, sagte Bikker und runzelte die Stirn, als fände er das sehr betrüblich. »Wie viel Blut hast du noch in den Adern?«
»Genug, um es in Wallung zu bringen, alter Freund«, erwiderte Croy mit einem breiten Lächeln. Genug, um noch einen Augenblick länger stehen zu können, dachte er. »Genug, um ein Dutzend Männer zu besiegen.«
Bikker nickte voller wertschätzender Anerkennung. »Ja, du hast diesen Hunden wirklich gezeigt, wie ein richtiger Mann kämpft. Hauptsächlich mit Finten und Prahlerei.«
Croy verneigte sich tief. »Vielleicht habe ich ja bei einem Meister der Täuschung gelernt«, sagte er. »Du hast mir in den letzten Jahren viel beigebracht.«
»Genau wie ich dir beibrachte, das Stück Eisen zu halten, das du ein Schwert nennst.« Bikker trat einen Schritt auf Croy zu. »Erklär es mir. Warum bist du hier? Wegen Cyhera? Ich wage zu behaupten, dass sie im Moment besser als ihr Held kämpfen könnte.«
»Ich bin der Krone wegen hier, die du gestohlen hast. Die du vielmehr gegen Bezahlung hast stehlen lassen, und zwar im Auftrag des Mannes, der dich an der Leine hält.«
Bikker zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Vielleicht bist du aus diesem Grund hier. Aber dir muss klar sein, dass du damit nicht enkommst. Meiner Meinung nach hat dich allerdings ein anderes Anliegen hergeführt. Ich glaube, du willst dich entschuldigen und meine Gnade erflehen. Um wiedergutzumachen, dass du meine Ehre in den Schmutz gezogen hast.«
»Du meinst, als ich dich treulos nannte, weil du dein Schwert an jeden Mann mit den nötigen Mitteln verkaufst?« Croy lachte. »In der Tat eine tiefe Kränkung. Aber beschmutze ich wirklich deine Ehre, nachdem ich doch nichts als die Wahrheit sagte? Genau wie ich hast du geschworen, den Burggrafen zu beschützen. Nun aber hast du ein besseres Angebot bekommen und arbeitest für den Mann, der meinen Herrn stürzen will.«
Bikkers Gesicht lief vor Wut rot an. »Wach endlich auf, Croy! Vergiss deine Träume, deine einfältigen Ideale. Wir sind Ancient Blades. Der Burggraf verdient unsere Dienste nicht.«
»Das ist keine Frage des Werts. Das ist eine Frage der Treue. Der Pflicht. Du magst diese Ideale für Spinnereien halten, ich aber keineswegs. Ich glaube daran, und ich kämpfe dafür, sie unter Beweis zu stellen.«
»Wenn du durch meine Klinge stirbst, was soll das beweisen?«
»Dass die Ehre unsterblich ist«, erwiderte Croy.
Bikkers Hand fuhr nach oben, und Acidtongue glitt aus der Scheide. Die pockennarbige und verätzte Oberfläche funkelte feucht im Mondlicht. Ein Säuretropfen bildete sich an der Spitze und fiel zu Boden. Es qualmte und blubberte. »Zieh dein Schwert!«, verlangte der große Söldner. Er hielt Acidtongue beinahe waagerecht vom Körper weg.
Croy senkte den Kopf. Er richtete ein kurzes Gebet an die Göttin, dass sie seinen Arm in ihren Diensten kräftigen möge. Dann griff er nach hinten und zog das Kurzschwert, richtete es
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