Ancient BladesDie Metropole der Diebe
durch die kleine Lücke zu zwängen. Vergeblich. »Nein!«, brüllte er das Ungeheuer an. »Verschwinde, du Höllenbrut! Lass mich gehen!«
Die Bestie blieb stumm, verdoppelte aber ihre peitschenden Bewegungen. Malden stach wild mit der Ahle auf die zahllosen Tentakel ein. Vergeblich, denn das Ungeheuer wuchs noch immer, füllte immer mehr des vorhandenen Raums aus – und dann ertönte ein Grollen, als würde der Turm geschüttelt. Steinstaub regnete von der Decke, und die Wände gaben nach.
Kapitel 23
Auf ein lautes Krachen hin verharrte Croy. »Das kam vom Palast«, flüsterte er. »Aus dem Turm – nicht wahr? Und das, kurz nachdem zwei Männer getötet wurden. Hier stimmt etwas nicht.«
Hilde packte seine Hand und zog ihn noch tiefer in die Schatten neben der Küche hinein. »Das hat nichts mit Euch oder mir zu tun. Kommt schnell! Die Wächter dürfen Euch nicht sehen.«
Aber Croy blieb stehen, als ein weiteres Donnern vom Turm herüberschallte. Das Gebäude erbebte, dann löste sich ein Stein und krachte auf den Hof herab. In einer Seite des Mauerwerks öffnete sich ein Spalt, etwa auf halber Höhe. Die Angehörigen der Wache, die sich mitlerweile alle im Hof aufhielten, wandten sich wie ein Mann um, und ein überraschter und entsetzter Aufschrei erhob sich, der sogar die wild läutenden Alarmglocken übertönte.
»Er wird zusammenbrechen«, sagte Croy einen Moment, bevor die Turmmauer nach außen barst und den Hof mit Steintrümmern bombardierte. Die oberen Etagen neigten sich mit schrecklicher Langsamkeit, dann brachen sie in einer gewaltigen Staubwolke in sich zusammen. Überall waren Wächter, riefen verstört nach ihren Kameraden, nach Hilfe, woher immer sie kommen mochte. »Es könnten sich Menschen im Turm aufgehalten haben«, raunte Croy der Hofdame zu. »Hilde, Ihr sucht Zuflucht im …« Er machte sich nicht die Mühe, den Satz zu vollenden, denn sie war bereits verschwunden. Sie hatte nicht gewartet, um sich von ihm retten zu lassen, sondern rannte stattdessen um ihr Leben. Nun, das war vermulich klug so. Er hoffte, sie würde Sicherheit finden, und zwar schnell. Sie mochte ja etwas verwirrt erscheinen, aber im Herzen war sie eine gute Frau, und er wünschte ihr Glück.
Plötzlich waren die moralischen Qualitäten der Hofdame für Croy jedoch weniger von Interesse als das grollende Ächzen, das den ganzen Schlosshügel erfasste und ihn von den Füßen zu werfen drohte. Der Turm sackte weiter in sich zusammen, gewaltige Steine polterten und sprangen über den Hof.
War es ein Erdbeben? Er hatte noch nie davon gehört, dass die Freie Stadt jemals davon heimgesucht worden wäre. Vielleicht hatte ja ein Zauberer den Palast angegriffen. Aber Hazoh war der einzige Zauberer im Umkreis von hundert Meilen, der die nötige Macht dafür besaß, und dies schien kaum sein Werk zu sein. Croy zog das kleinere seiner beiden Schwerter und rannte auf den Turm zu, entweder um in den Trümmern Verschüttete zu retten oder denjenigen zu töten, der ihn zum Einsturz gebracht hatte. Er war sich nicht sicher, was ihn erwartete. Aber er kam keine zwei Schritte weit, als sich eine Hand in einem Kettenhandschuh in sein Wehrgehänge krallte und ihn so heftig von den Beinen riss, dass sein Schwert durch die Luft flog.
Er rollte über die Steinplatten und brachte die Ellbogen unter den Körper, beugte die Knie, um wieder aufspringen zu können. Da löste sich ein leider nur zu bekanntes Gesicht aus den Schatten, und ein Stiefel stellte sich auf seine Brust. Der große Schwerkämpfer trat hart genug zu, dass Croy kaum Luft bekam.
Bikker.
Croy wollte seinen Augen nicht glauben. Ihm war klar gewesen, dass sie sich wiedersehen würden. Das war Schicksal. Aber hier? In diesem Augenblick? Das erschien unglaublich.
»Was, im Namen von Sadus Hintern, hast du hier verloren?«, wollte Bikker wissen.
Croy konnte bloß zu dem hünenhaften Krieger hochstarren. »Ich könnte dich das Gleiche fragen.«
»Ich lebe hier. Das ist meine Stadt«, knurrte Bikker.
»Ich meinte …«
»Du bist nicht in der Position, mir Fragen zu stellen, Croy. Aber du wirst die meinen beantworten. Also noch einmal, was hast du hier zu suchen? Du wurdest aus Ness verbannt, durftest niemals zurückkehren. Ich weiß das genau, da ich derjenige war, der dich aus der Stadt geschleift hat.«
Croy erinnerte sich gut daran. Er war an Bikkers Pferd gebunden gewesen. Zehn Meilen nördlich von der Stadt hatte man ihn voller Prellungen und Abschürfungen
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