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anderbookz Short Story Compilation

anderbookz Short Story Compilation

Titel: anderbookz Short Story Compilation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch , Doris Egan , Gardner Dozois , Jack Dann , Michael Swanwick , Tanith Lee , Howard Waldrop , Katherine V. Forrest
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verbrachte über die Hälfte jedes Vierundzwanzigstundentages eingeschlossen in ihrem Quartier, in dem es pechschwarz war.
    Die unnatürliche Helligkeit in der Scorpio IV bewirkte, daß es keine Schatten gab, weder von Objekten noch von Menschen. Ein hervorragendes Versteck für Vampire - denn Vampire warfen keine Schatten.
    Vampire mußten Tageslicht meiden, da es ernsthaft an ihren Kräften zehrte, und im direkten Sonnenlicht starben sie. Drakes Forderung, allein gelassen zu werden, als ihre Kräfte nachließen, und ihr verzweifeltes Bemühen, sich in den Schutz ihres Quartiers zu retten - all das war gemäß Erdzeitrechnung am späten Nachmittag geschehen und in unmittelbarer Nähe eines großen Sterns, dem Antares.
    Vampire hatten kein Spiegelbild. Außer in Harpers eigener Kabine gab es auf dem ganzen Schiff keinerlei spiegelnde Oberflächen. Nirgends.
    Vampire konnten ausgesprochen erotische Kreaturen sein, aber herkömmlichen Sex brauchten sie nicht. Sie aßen nicht die herkömmlichen Lebensmittel; die Blutlust der Nahrungsaufnahme befriedigte alle körperlichen und erotischen Bedürfnisse ...
    Harper saß bewegungslos da. Was bereitet Ihnen Freude? hatte sie Drake gefragt. Und Drake hatte geantwortet: Ich ... nehme gern Nahrung zu mir.
    Harper rannte in ihre Kabine, riß sich schon auf dem Weg die Kleider vom Leib. Sie stellte sich vor die Spiegelwand und suchte jeden Zentimeter ihres Körper immer wieder nach Malen ab. Aber sie fand nichts.
    Ihre Erleichterung währte nicht lange. Wenn Drake andere klassische Kriterien erfüllte, warum ließ sie sich dann auf ausgedehnte sexuelle Körperkontakte ein, ohne dabei ihr Bedürfnis nach Blut zu befriedigen? Es machte einfach keinen Sinn. Vielleicht hatte sie sich das alles nur zusammenphantasiert - einschließlich der körperlichen Erlebnisse und all der Stunden in Drakes Armen, dachte Harper entsetzt. Nein! Ganz bestimmt nicht. Halluzinationen waren eine Sache, aber sie konnte sich unmöglich all die Ekstasen eingebildet haben, die ihr Drakes leidenschaftlicher Mund beschert hatte, jene ganz besonderen Erinnerungen.
    Moment mal! Sie hatte Drake doch bei der Nahrungsaufnahme gesehen ...
    Noch immer nackt, lief sie aus ihrer Kabine in den Speiseraum. Mit zitternder Hand schenkte sie sich einen Becher Tomatensaft ein und roch daran. Erleichtert atmete sie auf. Sie dippte einen Finger in den Saft, hielt aber inne, als sie ihn tröpfelnd zum Mund führte. Bestimmte Bestandteile konnten von Autoserv so zusammengestellt werden, daß es wie ein beliebiges Nahrungsmittel schmeckte und roch. Dieser Tomatensaft konnte trotzdem ...
    Harper schleuderte den Saft in den Müll und flüchtete zurück in ihre Kabine.
    Vielleicht trank Drake diesen sogenannten Tomatensaft, befriedigte ihre sexuelle Lust mit Harper und sättigte so beide Arten von Hunger - getrennt, aber vollständig. Oder sie hatte ihre sexuelle Anziehungskraft kaltblütig dazu benutzt, Harpers Wahrnehmung abzustumpfen und jedes Mißtrauen im Keim zu ersticken. Das würde erklären, warum Drake die Rolle der nimmermüden Aktiven übernommen hatte und Harper die blinde, genußsüchtige Empfangende war. Oder Drake hatte bis jetzt gewartet, bis sie sich im Planetoidengürtel befanden und jede Kommunikation abgeschnitten war. Vielleicht war jetzt die Zeit gekommen, in der Drake sie zum letzten Mal lieben würde, um sich danach fürstlich an dem frisch fließenden Blut des glückselig komatösen Lieutenant T.M. Harper zu laben ...
    Harper sprang auf. Sie programmierte einen neuen Türkode ein, ließ sich dann aber entmutigt aufs Bett sinken.
    Es gab kein Entkommen. Drake brauchte nur im Computer nachsehen, um den richtigen Türkode zu finden. Und selbst wenn das Kommunikationssystem des Raumschiffs funktionieren würde, konnte sie dem Hauptquartier doch schlecht die Nachricht zukommen lassen, sie sei im All einem Vampir in die Hände gefallen. Wenn sich dann alle genug über sie lustig gemacht hätten und wenn auch Drake genug gelacht hätte, würde sie sich ein letztes Mal an ihr befriedigen, ihren blutleeren Körper durch eine Luke werfen und sie als verloren melden - ein Opfer von Selbstmord im All. Und im Hauptquartier würde man ihr das fraglos abnehmen, denn trotz Psychotests waren Wahnsinn und Selbstmord im Service nichts Außergewöhnliches ...
    Harper sah auf das Chronometer. Es war fast neunzehn Uhr, die Zeit, in der Drake gewöhnlich auftauchte. Aber in ihrem erschöpften Zustand würde sie ihr Quartier heute

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