anderbookz Short Story Compilation
Unmöglich!«
»Betrachten Sie es doch weniger als Idee, sehen Sie es mehr als Fragen an.«
»Zehn«, beharrte er. »Zehn sind schon eine ganze Menge.«
»Fünfzehn«, konterte sie.
»Gut, aber mit den zweien, die Sie eben bereits geschrieben haben.«
»Einverstanden.«
Sie setzte sich hin und wartete auf Barrys Eingebungen. »Nun?« erkundigte sie sich nach längerem Schweigen.
»Ich versuche nachzudenken.«
Er versuchte es damit, darüber nachzudenken, wie die meisten Gedichte beschaffen waren. Liebe schien das gängigste Thema zu sein, doch er konnte es sich bei Madeline nicht vorstellen, daß sie bei ihrem Alter und ihrem Temperament in jemand verliebt sein könnte. Aber das war schließlich ihr Problem. Er mußte das Gedicht nicht schreiben, er brauchte nur das Thema vorzuschlagen.
»Also dann«, sagte er. »Schreiben Sie ein Gedicht darüber, wie sehr Sie mich lieben.«
Sie sah ihn entgeistert an. »Nehmen Sie sich bloß nicht zu wichtig, junger Mann. Ich mag Sie in mein Apartment gelockt haben, aber ich liebe Sie deswegen doch nicht.«
»Versuchen Sie, es sich vorzustellen. Und machen Sie es nicht so knapp wie das letzte. Machen Sie es traurig und feinfühlig, und schreiben Sie es in Reimform.«
So, dachte er, das wird sie lange genug beschäftigen, damit ich über das nächste Thema nachdenken kann. Barry öffnete eine zweite Dose Bier und trank nachdenklich. Schreiben Dichter eigentlich Gedichte über das Biertrinken? Oder war das zu billig? Besser war es, sie ein Gedicht über ihre Lieblings-Biersorte schreiben zu lassen, in Form einer Annonce.
Als Madeline ihr Sonett über ihre Liebe zu ihm fertig hatte, hatte er alle weiteren zwölf Themen fertig:
1. Ein Gedicht über ihr Lieblingsbier, geschrieben in Form einer Annonce.
2. Ein Gedicht in Form einer Weihnachts-Einkaufsliste.
3. Ein Gedicht, das mehrere wichtige und langfristige ökonomische Vorhersagen enthalten sollte.
4. Ein Gedicht über ein Kaninchen (ein Porzellankaninchen stand auf einem Regal), das einem Baby vorgesungen werden konnte.
5. Einen kurzen Vers auf den Präsidenten, den sie am wenigsten mochte, sei er schon tot oder noch am Leben, der auf seinen Grabstein gemeißelt werden konnte.
6. Ein Gedicht, in dem sie sich bei der Person entschuldigte, die sie soeben beleidigt hatte.
7. Ein Gedicht für eine Genesungs-Wunsch-Karte für jemanden, der an Ischias litt.
8. Eine poetische Analyse ihrer Meinung über Runkelrüben.
9. Ein Gedicht, das sich um ihr bestgehütetes Geheimnis bewegen sollte. Es sollte damit enden, daß sie ihr Geheimnis für sich behalten wollte.
10. Ein Gedicht als Augenzeugenbericht einer schrecklichen Katastrophe, die sich in Arizona im Februar abspielen sollte.
11. Ein Gedicht, das schwere Bestrafung für den Fall als gerechtfertigt darstellen sollte, daß jemand von seinem Liebling verlassen worden war. (In der ausgeweiteten und endgültigen Form wurde dieses Gedicht zum längsten in Madelines nächster Gedichtsammlung und trug den Titel ›Die Ballade von Lucius McGonaghal Sloe‹. Es begann so:
Vier Tage sind es jetzt her, da war ich verstört,
durch ein Mädchen, von dem ihr alle gehört.
Es ward’ ihr zu bunt,
und das ist der Grund,
daß sie jetzt Lucius McGonaghal Sloe betört.
und auf ähnliche Weise geht das Gedicht noch einhundertsechsunddreißig Strophen so weiter.)
12. Eine positive, detaillierte Darstellung ihres eigenen Gesichts, niedergeschrieben als Gedicht.
Klugerweise gab er ihr diese Vorschläge nicht alle auf einmal, sondern er wartete immer so lange ab, bis sie das vorhergehende durchgelesen hatte, bevor er ihr erklärte, worum es beim folgenden ging. Madeline machte keine weiteren Bemerkungen, bis sie zur Nummer 8 kam. Sie betonte, daß sie überhaupt keine Gefühle hinsichtlich Runkelrüben hätte. Er weigerte sich, ihr zu glauben. Er wollte diesen Punkt überprüfen und bereitete auf dem Herd die Fertigmahlzeit aus Frühstücksfleisch und Runkelrüben aus der Dose zu (es war schon spät geworden, und sie hatten beide großen Hunger). Noch bevor Madeline drei Löffel davon gegessen hatte, begann das Gedicht in ihr zu reifen. Und als sie das Gefühl in seine endgültige Form gebracht hatte - fünf Jahre später -, war es bei weitem das beste von allen.
Mehrere Tage lang sprach Barry mit keinem Menschen. Er hatte kein Bedürfnis, über irgend etwas mit irgend jemandem zu kommunizieren. Seine drei Gutachten hatte er beisammen - eines immerhin von einer Dichterin,
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