anderbookz Short Story Compilation
die schon zweiundzwanzig Bücher veröffentlicht hatte -, und Barry war sicher, daß er nur hinauszugehen brauchte und drei weitere Gutachten pro Tag bekommen könnte, wenn es nötig wäre. Die Jagd war vorbei.
An Heiligabend fühlte Barry sich traurig und sentimental. Er kramte die alten Video-Kassetten heraus, die er und Debra in ihren Flitterwochen gedreht hatten. Er ließ sie über das TV laufen, eine nach der anderen, die ganze Nacht, wurde von Film zu Film trauriger und wünschte sich, daß sie da wäre.
Dann, im Februar, als die Welt sich wieder einmal geweigert hatte, unterzugehen, kam sie wieder nach Hause. Einige Tage lang war es so schön wie auf den Kassetten. Wie durch ein Wunder sprachen sie sogar miteinander. Er erzählte ihr von seinen verschiedenen Begegnungen auf seiner Jagd nach Gutachten, und sie erzählte ihm vom Grand Canyon, der den Spitzenplatz ihrer mythischen Visionen vom Weltuntergang eingenommen hatte. Sie liebte den Grand Canyon mit absoluter Hingabe und verlangte von Barry, seinen Job aufzugeben und mit ihr dorthin zu ziehen. Unmöglich, erklärte er. Er arbeite schon acht Jahre in der Citybank, und ihm stünden schon beträchtliche Vergünstigungen zu. Er beschuldigte sie, nur die halbe Wahrheit über den Grand Canyon gesagt zu haben. Gebe es außer dem Grand Canyon vielleicht noch einen anderen Grund für sie, ihn nach Arizona zu schleppen? Sie bestand darauf, daß es wirklich nur der Grand Canyon sei, daß sie vom ersten Moment an, da sie ihn gesehen hatte, alles über das Armaggedon, die Zahl der apokalyptischen Reiter und alles, was sonst noch mit der Apokalypse zusammenhing, vergessen hatte. Sie könnte es nicht genau erklären, er müsse es schon mit eigenen Augen sehen. Als er endlich einwilligte, während seines nächsten Urlaubs zum Grand Canyon zu fahren, hatten sie sich drei Stunden lang ununterbrochen unterhalten.
In der Zwischenzeit hatte Columbine Brown ihn hingehalten, mit diversen Entschuldigungen und Ausweichmanövern. Die Telefonnummer, die sie ihm gegeben hatte, verband ihn ständig nur mit ihrem Anrufbeantworter, und die Adresse war ein Apartmenthaus, mit Wachhunden in der Halle und einem Pförtner, der weder sprach noch zuhörte. So war Barry gezwungen, draußen auf dem Bürgersteig zu warten. Aber das war fast unmöglich, wenn man den kalten Wind in Betracht zog, der sich beharrlich durch den ganzen Januar hielt. Er hinterließ Nachrichten im Apollo-Theater, wo die Miß-Wahlen stattfanden, schlug dreimal einen Termin vor, sich im ›Stufe Fünf‹ zu treffen. Aber sie ließ sich nie sehen. Mitte Februar wurde er unruhig. Eines frühen Morgens trotzte er dem Wetter, postierte sich draußen vor dem Haus, in dem sie wohnte, hin und wartete (fünf elende Stunden lang), bis sie herauskam. Sie entschuldigte sich über die Maßen, erklärte, daß sie sein Gutachten habe , gar kein Problem sei dabei, er solle sich keine Sorgen machen, aber sie hätte eine Verabredung, die sie nicht versäumen wolle, eigentlich sei sie schon viel zu spät dran, und wenn er vielleicht am Abend wiederkommen wolle, oder noch besser (sie müsse noch jemanden nach der Vorstellung treffen und wisse nicht, wann sie zu Hause sein würde), er käme morgen um die gleiche Zeit. Zuvorkommenderweise stellte sie Barry dem Pförtner vor, so daß er nicht draußen in der Kälte warten müsse.
Am nächsten Tag zur gleichen Zeit erschien Columbine wieder nicht, und Barry befürchtete, daß sie ihn absichtlich mied. Er entschloß sich, ihr eine letzte Chance zu geben. Er hinterließ beim Pförtner die Nachricht, daß er am nächsten Abend um Null-Uhr-dreißig käme, um sein sie-wisse-schon-was abzuholen. Falls sie verhindert sei, könne sie es auch in einem Briefkuvert beim Pförtner hinterlegen.
Als Barry am folgenden Abend ankam, führte der Pförtner ihn über den Teppichboden des Korridors, schloß den Fahrstuhl auf (die Hunde grollten, nichts Gutes verheißend, bis der Pförtner auf deutsch »Aus!« zu ihnen sagte) und wies Barry an, bei 8-C zu läuten.
Es war nicht Columbine, die öffnete, sondern Lida Mullens, ihre Vertretung. Lida eröffnete Barry, daß Columbine zu ihrem Gatten nach Wilmington/Delaware gereist sei, und sie wisse nicht, wann Columbine, wenn überhaupt, wieder auf ihre Stellung als Miß Georgia zurückkehren würde. Sie hatte das versprochene Gutachten nicht zurückgelassen, und Lida bezweifelte stark, daß sie überhaupt noch eins übrig hätte. Sie hatte etwas läuten hören,
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