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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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vielleicht übertrieben vorkommen, Lara scheint es aber zu beeindrucken. Zumindest steht ihr Mund weit offen.
    Ganz schön anstrengend. Wie lange muss man das machen? Egal. Ich bin ein alter Barhase, ich bestimme, wann es reicht. Und zwar genau jetzt. Ich stelle den Shaker auf den Tisch. Zwei Whiskey-Tumbler und das Barsieb stehen bereit. Es kann losgehen … Verflixt, ich kriege das Oberteil des Shakers nicht mehr ab! Hoffnungslos verkeilt, ich habe es viel zu fest zusammengedrückt. Da hilft wohl nur Gewalt … Nein, Falle! Schon klar, was passiert, wenn der Shaker aufgeht und ich gerade mit zehn Pferdestärken dran ziehe. Und ebenso klar, wer am meisten von der Sauerei abkriegen würde. Herr Stöckelein-Grummler vom Gartenbauamt hatte erst neulich einen grässlichen Unfall mit einem Schnellkochtopf, den er auch mit Gewalt … Ah, es löst sich. Glück gehabt, einen Moment später, und Lara hätte gemerkt, dass mein Arbeitsablauf ins Stocken geraten ist.
    Jetzt die letzte Hürde: Den Drink aus dem Mixbecher durch das Barsieb ins Glas gießen. Hört sich einfach an, aber der Könner hält bei diesem Vorgang Mixbecher und Barsieb mit einer Hand. Das hab ich tausendmal gesehen, nur noch nie ausprobiert. Wie ging der Griff nochmal? … Nein, so nicht … So! … Nein. Okay, Notlösung …
    »Eins muss man dir lassen, du hast wirklich deinen eigenen Stil.«
    Das will ich meinen. Kein Barmann außer mir hält beim Abseihen das obere Ende des Barsiebs mit dem Kinn fest. Klappt doch alles wie am Schnürchen. Ich habe mit authentischem Eiswürfel-Sound geshaked, den widerspenstigen Shaker aufgekriegt, zwei Drinks unfallfrei in die Gläser befördert und dabei auch noch einen eigenen Stil entwickelt. Kann man nicht meckern.
    »Jetzt verrat mir endlich, wie der Drink heißt.«
    »Das ist ein … Irish Brown Rusty New Orleans Fox.«
    »Wow, nie gehört. Gibts dazu eine Geschichte?«
    »Geschichte?«
    »Na, zu allen Drinks mit ausgefallenem Namen gibt es doch eine lustige Geschichte, aus welchem Anlass sie erfunden wurden und von wem, und wer gegen die Wand gelaufen ist, nachdem er ihn getrunken hat.«
    »Ach ja, klar. Also beim Irish Brown Rusty New Orleans Fox war es so, dass irgendein irischstämmiger Stahlarbeiter in den dreißiger Jahren irgendwas in New Orleans gedingst hat und eines Tages in eine Bar kam, fürchterlichen Durst hatte und nur mit einem rostigen Fuchs bezahlen konnte, oder so ähnlich, ich krieg es nicht mehr ganz zusammen. Lass uns erst mal trinken. Zum Wohl.«
    »Cin cin … Oh, hm, schmeckt irgendwie … rau?«
    »Nur beim ersten Schluck. Überhaupt, einen Irish Brown Rusty New Orleans Fox muss man schnell trinken.«
    Dann ist diese Teufelsbrühe hoffentlich auch schnell wieder vergessen. Warum habe ich nicht einfach einen Campari Orange mit einem Schuss Irish Whiskey gemixt und das Ganze O’Connor’s Romance oder so genannt?
    »Ganz schön stark, das Zeug.«
    Allerdings.
    »Nein, nein, das kommt dir nur so vor. Wegen der … Rauigkeit.«
    »Aber du hast recht. Wenn man es auf einmal austrinkt, hat es was.«
    Weia. Wenn man es auf einmal austrinkt, hat es vor allem Rührei aus deinem Hirn gemacht, merke ich gerade.
    »Soll ich uns als Nächstes einen O’Connor’s Romance machen? Der ist mit Campari.«
    »Und du nimmst auch bestimmt keinen Aperol, hihi?«
    »Nein, bestimmt keinen Apperroll, hihi.«
    »Ich glaub, ich muss mich setzen.«
    »Setzen ist … sehr irisch, weißt du?«
    »Ist mir gerade zu weit zum Sofa, ich stütze mich einfach hier ab … Hupsa!«
    »Ich würd dich ja zum Sofa bringen, aber …«
    »Komisches Gefühl in den Beinen?«
    »Och, geht … Hupsa!«
    »Pffffhihi.«
    »Wenn du lachst, dann ist dein Kopf wie eine Zitrone, die in Wirklichkeit aus Kirschen besteht.«
    »Echt jetzt?«
    »Und wenn du deine Haare so nach hinten wirfst, dann …« Warum steht sie so nah vor mir? Ich habe doch nur einen ganz kleinen Schritt auf sie zu gemacht. »… dann ist das so ein stürmischer sommerlicher Sommersturmsommerwind mit Gold und Hibiskuszweigen und … so.«
    Warum habe ich jetzt ihre Haare in der Hand? Ich kann doch nicht einfach ihre Haare in die Hand nehmen.
    »Kannst du das nochmal sagen, Kai?«
    Eigentlich wollte ich doch sagen, dass sie noch schöner ist als ein maßgefertigter Wholecut Oxford aus cognacfarbenem Kalbsleder von John Lobb. Blöder Alkohol. Aber ich kann es ihr ja immer noch sagen. Das wird sie umhauen. Ich werde es ihr jetzt sagen. Jawoll.
    Das Ding

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