Andere tun es doch auch (German Edition)
telefonieren.«
»Haaalt, nicht so schnell! Ich hab noch was für dich. Oder besser gesagt, für uns. Hier, guck mal.«
»Nein! Das sind Karten für Tim Bendzko am Mittwoch!!! Wo hast du die her? Das Konzert ist seit Monaten ausverkauft!«
»Frag einfach nicht … Und drück mich nicht ganz so doll, sonst hilft keine Massage der Welt mehr bei mir.«
»Ich liebe dich!«
»Ja, ich dich auch, Larchen. Und jetzt mach dir einen schönen Abend und fang nicht an, doch noch nachzudenken.«
»Ich doch nicht.«
»Weißt du was? Du bist die Einzige, der ich das glaube.«
K AI Irgendwie habe ich den Überblick verloren. Bei den ersten acht Freunden, die zugesagt haben, habe ich noch mitgezählt, aber dann kam der zweite Aperitif und viele weitere Telefonate, und inzwischen habe ich keine Ahnung mehr, ob insgesamt eher so 15 Leute kommen werden oder eher so 30. Am besten, ich geize mal nicht mit der Anzahl der Flaschen. Auto fahren kann ich jetzt zwar nicht mehr, aber die nette Kassiererin des einzigen Getränkemarkts, der am Sonntag offen hat, stellt mir einen Handwagen zur Verfügung. Ich sammele also nochmal alles ein, was ich damals auch für den Abend mit dieser durchgeknallten Frau (an die ich mich schon gar nicht mehr erinnern kann, echt nicht) besorgt habe. Aber alles in sechsfacher Ausführung. Sicher ist sicher.
Als ich mit meinem vollgeladenen Einkaufswagen zur Kasse komme, schaut mich die Dame kurz misstrauisch an, aber ich sage einfach »Junggesellenabschied«, und sofort ist der Bann gebrochen. Sie hilft mir sogar beim Handwagen-Beladen und flicht kunstvoll eine alte Decke um die Flaschen herum, so dass sie nicht aneinanderklackern. Gelernt ist gelernt.
Zum Glück führt mein Heimweg nicht an Alkoholiker-Treffpunkten vorbei. Ich glaube nicht, dass ich gerade in der Lage wäre, meine Beute zu verteidigen. Und nochmal zum Glück passt der Handwagen in den Fahrstuhl. So kriege ich die Flaschen nicht nur bequem in die Wohnung, sondern auch heil. Und zwar alle. Ich schaue mir die stolze Sammlung auf dem Küchenbuffet kurz an. Doch, das sollte reichen.
Nach einem weiteren Aperitif mache ich mich schweren Herzens noch einmal auf den Weg, um den Handwagen zurückzubringen und danach die Früchte-Einkaufsliste abzuarbeiten, die mir Angelina durchgegeben hat. Nachdem das geschafft ist, schlendere ich nach Hause. Den Inhalt meiner prall gefüllten Einkaufstasche drapiere ich um die Flaschen herum, anschließend lasse ich endlich das Badewasser einlaufen und gönne mir einen weiteren klitzekleinen Aperitif.
Vielleicht sollte ich noch ein paar Leute mehr einladen? Die Flaschenanzahl würde es hergeben. Na ja, kann ich mich gleich noch drum kümmern. Wichtig ist jetzt, dass ich erst mal in die Wanne komme. Ich kann zwar nicht genau erklären warum, aber ich habe immer noch das Gefühl, dass es bei der Art Party, die ich heute feiern will, extrem darauf ankommt, die Gäste nackt zu empfangen. Oder wenigstens im Bademantel. Übrigens, wo ist mein Bademantel eigentlich? Egal, erst mal raus aus den … Oh Mist, die Klingel. Angelina. Warum ist es nur so schwer, sich schnell den Hosenstall wieder zuzuknöpfen? … Geschafft. Keine Sekunde zu früh.
»Hallo und herzlich willkommen!«
»Hallo Kai. Falls es dich interessiert, hier riecht es wie in einem Schuhgeschäft.«
»Gibt Schlimmeres.«
»Besser gesagt, wie in einem Schuhgeschäft mit betrunkenem Verkäufer. Wie siehst du eigentlich aus? Hemd hängt raus, nur eine Socke an, so würde ich dich auf keinen Fall in meine Bar reinlassen.«
»Du hast eine Bar?«
»Noch nicht. Aber hoffentlich bald.«
»Und wenn ich im Bademantel käme?«
»Vielleicht. Jede Bar braucht ein paar Spinner. Apropos Spinner, was zum Henker hast du denn da alles eingekauft? Damit kann man ein ganzes Regiment abfüllen.«
»Gut so.«
Angelina hat mir erlaubt, noch mein Bad zu nehmen, aber ich musste ihr versprechen, den Gästen nicht im Bademantel die Tür zu öffnen, sondern mich schick zu machen. Auch wenn das hier nicht ihre richtige Bar sei, bestünde sie doch auf ein gewisses Niveau. Dieses Asikneipen-Trauma sitzt wohl wirklich sehr tief bei ihr.
Ich lehne mich zurück, spiele mit dem Schaum und überlege, welche Schuhe ich nachher anziehe. Normalerweise besiegen diese Gedanken alle anderen. Wenn ich mich entscheiden muss, ob es heute Abend ein Oxford wird oder, ganz salopp, ein Pennyloafer oder, etwas gewagt, ein modisch-schlanker Vier-Loch-Derby mit leicht angedeuteter
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