Andere tun es doch auch (German Edition)
Der spielt doch gar keine Rolle mehr.
»Hier, Butzi. Nastrowje.«
»Danke.«
Adrian starrt seine Flasche versonnen an. Manchmal hat er schon sehr seltsame Momente.
»Ist was?«
»Pinklbräu.«
»Ja, das steht da drauf.«
»War früher mal unser Kunde, als ich noch in der Werbeagentur gearbeitet habe. Guck mal, das hier ist ein neues Produkt. Pinklbräu Fete . Ich habe schon damals immer gesagt, dass sie endlich …«
»Verstehe. Sag mal, warum heißt das hier eigentlich Occupy! Neukölln¡- Party? Wir sind doch gar nicht in Neukölln, sondern in Kreuzberg.«
»Das hat sich ein Typ namens Rüdiger Rodeo ausgedacht. Oberfuckingmegamäßig abgespaceter Star aus der Social-Media-Szene. Hab früher mal ein Projekt mit ihm gemacht. Faust 2.0. War der Burner.«
»Und warum jetzt Occupy! Neukölln¡ ?«
»Er hat es mir erklärt, aber ich habs schon wieder vergessen. Der redet immer sehr kompliziert. OH MEIN GOTT, GUCK MAL! MEINE SNEAKER MACHEN TATSÄCHLICH EINEN COMPUTERTASTATUR-ABDRUCK IN DEN SAND! «
Adrian ist von einem Moment auf den anderen mit der Nase auf Bodenhöhe gehechtet und schaut sich das Wunderwerk von allen Seiten an. Ich kauere mich seufzend daneben, stelle meine Flasche ab und tippe mit Zwei-Finger-System »Kai ist ein Arschloch« auf die Sandtasten. Und obwohl ich dadurch kaum Spuren hinterlassen habe, ist es in meinem Kopf auf einmal so, als stünde überall in Riesenlettern » KAI KAI KAI « in den Sand geschrieben.
»Smashing, Butzi! Was hältst du von der Idee? Fuß macht Tastaturabdruck im Sand, Schnitt, Finger tippen auf Sandtastatur, Schnitt, Riesenscreen erscheint, auf dem in Großbuchstaben PINKLBRÄU FETE steht, Schnitt, und dann … Ach egal, tschuldigung, ist nicht mehr meine Welt.«
»Sicher?«
»Absolutely … Oh, ganz vergessen, ich habe gute Nachrichten. Es gibt einen Job für dich.«
»Was? Wirklich?«
»Hab gerade vorhin per Handschlag einen Auftrag bekommen. Hat Jenny mal wieder organisiert. Und das ist was, wo du auch mitmachen kannst, Butzi.«
»Wirklich lieb von dir, Adrian, aber ich sags nochmal, dieser ganze Hürzel-Gewürzel-Kletterkram ist nichts für mich. Ich bin weder schwindelfrei, noch habe ich Lust, stundenlang irgendwohin zu fahren, um dann dort irgendwas rumzuhampeln. Ich bin mehr so der Typ, der gerne ganz konzentriert in seinem stillen Kämmerlein …«
»Aber dafür müsstest du nicht klettern und auch nirgends hinfahren, Butzi. Das ist ein Event. In Berlin. Irgendein Reichenmädchen will eine Riesenparty für ihren Papa schmeißen. Und der ist in seiner Jugendzeit mal geklettert. Deswegen braucht sie, ganz logisch, ein paar Menschen in Kletteroutfit auf seiner Party. Also, du setzt dir einen Helm auf, schlingst dir ein Seil um die Hüfte, wir studieren ein paar zünftige Moves für die Tanzfläche ein, und …«
»Ich weiß nicht.«
»200 Euro für jeden Kletter-Tänzer.«
»Okay, wann muss ich wo sein?«
»Am Mittwoch ab 22 Uhr. Ort wird noch gesucht.«
»Nein! Ausgerechnet dann! Da ist das Tim-Bendzko-Konzert. Kerstin hat mich eingeladen, da will ich unbedingt hin.«
Und nicht nur wegen Tim Bendzko, das ist vor allem auch ein wichtiger Teil meines Vergiss-den-Gummistiefelschnösel-Therapieprogramms.
»200 Euro sind 200 Euro, Butzi.«
»Ich weiß. Kann man die Party nicht verlegen?«
»Ich glaube eher nicht.«
»Mist. Aber wenn sie das nächste Mal Tänzerinnen mit Bergseil braucht, bin ich auf jeden Fall dabei.«
»Okay, musst du wissen … Ou, dahinten ist Elvin!«
»Der mit der Seiten-kurz-oben-lang-und-verwuschelt-Frisur?«
»Genau. Woher wusstest du das?«
»Hab ihn mir immer genau so vorgestellt.«
»Er kommt rüber! Oh Mann, Butzi, bin ich nervös. Wir haben uns so gestritten damals. Nur wegen der blöden Gummiballsammlung. Ich …«
» :-) Hi Adrian :-) .«
»Hi … :-) Hi Elvin! Oh Gott, es ist so massiv smashing, dich zu sehen! :-) «
Zirrrp! Zirrrp!
»Tschuldigung.«
Scheint ohnehin so, als ob ich hier gerade überflüssig bin. Sie liegen sich in den Armen und kriegen überhaupt nichts mehr mit. Ich gehe ein paar Schritte Richtung Ufer. Kurz durchatmen.
»Hotel Royal. Guten Abend, was ka… Ach Quatsch, hallo Kerstin! Ich komm dauernd durcheinander.«
»Hallo Lara, sag, stör ich dich gerade?«
»Überhaupt nicht. Adrian hüpft dauernd von Grüppchen zu Grüppchen und hat jetzt auch noch den alten Arbeitskollegen getroffen, von dem er immer erzählt hat, und ich kriege immer schlechtere Laune. Und, ich
Weitere Kostenlose Bücher