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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Stationen Fußweg auf die Straßenbahn warten? Wir haben tolles Wetter, und die Verdauung will auch angeregt werden. Nein, mir ist mehr nach Laufen. Kehrtwende.
    L ARA    »Er hat was ?«
    »Sag ich doch, sobald er mich gesehen hat, hat er sich einfach umgedreht und ist wieder gegangen!«
    »Das gibts nicht! Was glaubt der eigentlich, wer er ist?«
    »Was er glaubt, weiß ich nicht, aber ich weiß jetzt wenigstens, wer er ist.«
    »Aber hallo weißt du es jetzt! Er ist der letzte …«
    »Alleroberhinterletzte …«
    »Alleroberhinterletztesuperdoppel …«
    »Riesenarsch!«
    Genau in dem Moment, als mir zwei Tränen herauskullern, die kein Mann weniger verdient hat als dieser elitäre Scheißtyp, dessen Namen ich nie wieder hören will, drückt mich Kerstin ganz fest an sich. Die kleinen Rinnsale versickern in ihrem T-Shirt, und ich versuche mir vorzustellen, dass es sie nie gegeben hat.
    »Ärger dich nicht, Lara. Ich weiß schon, was wir jetzt machen.«
    »Was denn?«
    »Wir gehen ins schönste Wellnessbad der Stadt.«
    »Hm.«
    »Und ich schaffe dir den bestaussehendsten Masseur ran und lasse dich von ihm von oben bis unten durchkneten.«
    »Mhm.«
    »Und danach gehen wir essen.«
    »Mhmm!«
    »Und überlegen uns, wie wir uns an Kai rächen.«
    »Mhmmmmmmmm!«
    »Und lass ja dein Geld zu Hause. Ich bezahle alles.«
    »Du bist so ein Schatz, Kerstin, lass dich drücken. Und nochmal drücken.«
    Und wieder kommen zwei Tränen raus. Aber ich erkläre hiermit feierlich, dass diese Tränen nichts, aber auch gar nichts mit diesem dahergelaufenen Gummistiefelträger von der Straßenbahnhaltestelle zu tun haben. Es sind Freudentränen. Punkt.
    »Komisch.«
    »Was denn?«
    »Jetzt, wo meine Laune besser ist, bin ich mir auf einmal gar nicht mehr ganz sicher, ob er mich wirklich gesehen hat.«
    »Wie?«
    »Na ja, er war zwar nur noch ein paar Meter weg, aber er war ja schließlich gar nicht darauf vorbereitet, mich zu sehen. Und ich habe mehr so auf den Boden geschaut. Ganz vielleicht hat er …«
    »Und warum hat er sich dann auf dem Absatz umgedreht? Vielleicht, weil ihm urplötzlich eingefallen ist, dass er doch lieber zu Fuß gehen will?«
    »Hm.«
    »Na also.«
    »Du hast ja recht. Außerdem habe ich sowieso noch nie was von ihm gewollt.«
    K AI    Ich weiß schon seit über zwanzig Jahren, warum man am Vormittag keinen Sekt trinken sollte: Weil man am Nachmittag wieder nüchtern ist, und dann fühlt sich selbst der schönste Sonntag auf einmal an wie Montag um sieben Uhr morgens. Und jedes Mal, wenn ich daran denke, dass Lara es nicht für nötig hält, sich zu melden und mir zu sagen, was das gestern sollte, wird es noch eine Stunde früher. Das kann so nicht weitergehen. Ich nehme mein Handy, suche die Nummer heraus, halte noch einmal kurz inne, doch es muss sein, es gibt keine Alternative.
    »Hallo, Angelina.«
    L ARA    Wir liegen in weißen Bademänteln auf diesen Liegen, von denen man nie wieder aufstehen will. Jedes Mal frage ich mich, warum ich so etwas nicht im Wohnzimmer habe, aber es wäre einfach nicht dasselbe. So eine Liege muss in einem Wellnesstempel stehen. Der Bademantel und die Handtücher dürfen nicht die eigenen sein, es muss nach Luxus duften, und man muss das leise Plätschern der Schwimmzüge hören, die die unermüdlichen Bahnenschwimmer im Becken nebenan produzieren. Vielleicht geselle ich mich nachher auch nochmal kurz zu denen. Aber wirklich nur ganz kurz, nur, um alles hier mal ausprobiert zu haben.
    »Wie war die Massage, Lara?«
    »Um das zu beschreiben, müsste ich bis morgen früh mmh machen.«
    »Sehr gut.«
    »Komm, Kerstin, das musst du dir auch gönnen.«
    »Guido hat heute keine Termine mehr frei. Außerdem wäre ich sowieso nicht entspannt genug.«
    »Wieso denn?«
    »Ich glaube, ich finde keine Ruhe, bis du dich irgendwie an diesem, wie heißt er nochmal?«
    »Habs vergessen.«
    »Sehr gut. Also, bis du dich an diesem Irgendwem von Niemand gerächt hast.«
    Ich mache die Augen auf und gucke nach oben. Im üppigen Deckenstuck sind Tausende kleiner Lämpchen versteckt, deren Licht sich in goldfarbenen Wandflächen bricht. Griechische Halbsäulen streben entlang der Wände nach oben, und von links ragt Bambuszeug mit feinen grünen Blättern in mein Gesichtsfeld, während im Hintergrund irgendwas mit Geigen und Klavier ganz leise dazu dudelt. Keine Frage, dieser Gummistiefelheinz würde das alles fürchterlich kitschig finden. Wahrscheinlich gefällt es mir deswegen

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