Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
Geschichte beichten.
    L ARA    »Nein, Kerstin, ich glaube, es ist keine gute Idee, wenn ich noch vorbeikomme.«
    Das war es zumindest, was ich vor einer Stunde am Telefon gesagt habe. Wie es dazu kam, dass ich nun doch mit ihr vor ihrem riesigen Spiegel stehe, umgeben von einem beträchtlichen Vulkankraterrand, gebildet aus den für diesen Abend verworfenen Klamotten, darüber muss ich später noch einmal in Ruhe nachdenken.
    »Meinst du, das hier geht?«
    »Auf jeden Fall. Perfekt sitzendes Kleid, nettes Muster, aber nicht aufdringlich, Schleifen auf der Schulter als kleiner Hingucker …«
    »Mit anderen Worten, es ist langweilig.«
    »Erstens: überhaupt nicht. Zweitens: Du hast noch zehn Minuten. Drittens: Du bist noch nicht geschminkt und hast noch keine Schuhe an.«
    »Oh nein! Warum hast du nichts gesagt?«
    »Hab ich doch.«
    Zum Glück weiß ich, dass Kerstin, wenn die Nur-noch-zehn-Minuten-Marke erst einmal erreicht ist, immer sofort perfekt funktioniert. Während sie sich im Badezimmer den Feinschliff gibt, lasse ich mich in den nächsten Sessel sinken und nehme endlich in Ruhe einen großen Schluck aus dem noch unberührten Sektglas, das sie mir schon vor einer Ewigkeit hingestellt hat.
    Wie lange sie wohl brauchen wird, um dieses Chaos wieder aufzuräumen? Wenn ich nur nicht so genau wüsste, dass sie im Moment nicht einmal einen flüchtigen Gedanken daran verschwendet. Das ist wirklich so ungerecht.
    »Wie sehe ich aus?«
    »Perfekt. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich dich sofort anknabbern. Und selbst als Frau muss ich mich extrem zurückhalten.«
    »Ich liebe dich … Soll ich vielleicht nicht doch die gelben Schuhe …?«
    »Nein!«
    »Ich …«
    »Raus!!!«
    »Danke, du bist so ein Schatz, Larchen. Halt mir bloß die Daumen, ja?«
    »Na, was glaubst du? Und jetzt zeig es ihm!«
    Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss. Dass sie wirklich weg ist, glaube ich aber erst, als ich durch das Wohnzimmerfenster gucke und sie auf der Straße davonhuschen sehe. Ich schmeiße mich wieder in den Sessel und trinke mein Glas mit ein paar großen Schlucken aus.
    Oh Mann.
    Doch, ich gönne es ihr.
    Natürlich gönne ich es ihr.
    Sie sah wirklich zum Anknabbern aus.
    Ist doch alles ganz wunderbar.
    …
    RAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAH !
    K AI    Herr Knöpper kratzt sich mit seinem breiten Baubleistift hinter dem Ohr.
    »Meinen Sie das wirklich ernst, Herr Findling?«
    »Absolut.«
    Noch einmal wandert der Strahl aus seiner Taschenlampe über die Anschlussleitungen in Herrn Kanubskis Kellergeschoss, während er sich in seinem Kopf die Dinge zurechtlegt.
    »Wir dürften auf der Herrentoilette tatsächlich alle Toilettenschüsseln, Waschbecken und Pissoirs verbauen, die wir seit Jahren nicht loswerden? Egal, wie hässlich sie sind?«
    »Meinetwegen sogar gebrauchte. Und berechnen Sie gerne einen passablen Preis dafür. Ich werde die Rechnung nicht beanstanden. Ganz wichtig aber: Das gilt nur für die Herrentoilette. Auf der Damentoilette brauche ich allerhöchste Standards. Und, wie gesagt, Mittwoch, 15 Uhr Übergabe.«
    »Mit fertig verfugten Fliesen?«
    »Fertig verfugte Fliesen auf der Damentoilette, Herrentoilette dafür ganz ohne Fliesen. Deal?«
    Noch einmal kratzt die Rückseite des Bleistifts über Herrn Knöppers kurze Haarborsten.
    »Aber nur weil Sie es sind, Herr Findling.«
    L ARA    In Adrians Schlafzimmer liegen mal wieder so viele Klamotten und Schuhe auf dem Boden herum wie sonst nur in Zimmern verwöhnter fünfzehnjähriger Mädchen mit viel zu reichen Eltern. Es ist unmöglich, zu seinem Bett vorzudringen, ohne am Ende mindestens eins seiner Basketball-Shirts um die Knöchel zu tragen. Aber an solchen Kleinigkeiten darf ich mich nicht stören. Ich muss es heute Nacht unbedingt noch wild mit ihm treiben.
    Total bescheuert, ich weiß. Ich will doch, dass sich alles ändert, und ob ich überhaupt mit ihm zusammenbleiben möchte, ist völlig offen. Wirklich ein sehr seltsamer Zeitpunkt für den Wunsch nach Sex. Aber aus irgendwelchen Gründen, über die ich im Moment nicht nachdenken möchte, will ich es heute wild mit jemandem treiben, und, hey, da gibt es so aus der hohlen Hand heraus gerade einfach keine Alternative zu Adrian. Und wenn man ausschließlich den Aspekt »wild treiben« betrachtet, ist er auch keine schlechte Wahl. Okay, natürlich kein Vergleich zu … Nein, lassen wir das. Fakt ist jedenfalls, ich hatte in meinem Leben schon deutlich weniger aufregende Bettgefährten

Weitere Kostenlose Bücher