Andere tun es doch auch (German Edition)
schlecht … Will sagen, du kannst es dann gleich wieder in deine politischen Aktionen stecken.«
Sein Kopfwiege-Rhythmus wird langsamer. Ein gutes Zeichen.
»Die Sache so zu betrachten, liegt mir zwar nicht, aber du hast mich gerade auf eine Idee gebracht. Vielen Dank.«
»Gern geschehen. Du wirst also mitmachen?«
»Oh ja, das werde ich.«
»Und, hm, was ist das für eine Idee, die du gerade hattest?«
»Muss noch bisschen dran feilen.«
L ARA So ein Schwein! Er hat mich gezwungen. Entweder ich bin am Mittwochabend Buffetkraft, oder es ist meine letzte Woche im Rockerer-Imperium. Warum habe ich ihm nicht sofort die Brocken hingeworfen? Blödes Sicherheitsdenken! Ich lande doch nicht gleich in der Gosse, nur weil ich mal ein bisschen keine Miete, Krankenversicherung und Zeug zahle, oder? Was bin ich für ein erbärmlicher Schisser. Ich rufe ihn jetzt an und … … … Nein, ich kann es einfach nicht. Mist!
»Sie wären dann jetzt dran.«
»Hm?«
»Sie wären dann jetzt dran. Kommen Sie zum Waschen erst mal hier herüber?«
»Entschuldigung, ich habe es mir anders überlegt. Auf Wiedersehen.«
Aus dem Frisörsalon herauszutreten ist leicht. Schwierig wird es erst, als ich vor der Tür stehe und mich für eine Richtung entscheiden muss. Am liebsten würde ich einfach stehenbleiben und in Ruhe über ein paar Dinge nachdenken. Aber gut, im Gehen müsste das auch klappen, also, warum nicht. Los, Füße, Autopilot.
Okay, erst mal die Fakten: Mein Körper ist gerade eben einfach aus dem Frisörsalon raus. Einfach so. Und es war richtig, da bin ich sicher. Aber warum? Es dauert etwas, aber drei Straßen weiter bin ich endgültig dahintergekommen. Und ich bin ausnahmsweise mal begeistert von mir. Genau das Richtige gemacht, ohne nachzudenken, das klappt doch sonst nur im Film.
Aber es stimmt. Erstens: Wenn Rockerer mich zwingt zu arbeiten, tanze ich doch nicht auch noch mit einer prachtvollen neuen Frisur an, als hätte ich sie mir extra für diesen Tag machen lassen. Nein, nein, da bleiben die Zotteln lieber mal schön so, wie sie sind. Vielleicht lasse ich sie sogar mit Absicht ins Essen reinhängen. Und zweitens: Ich werde nun doch die 500 Euro für die Teambildungsmaßnahme mit dem Filmsaftladen berappen. Mein Entschluss steht fest. Egal auf welchem Weg, ich muss so schnell wie möglich von Rockerer weg. Das gesparte Frisurgeld wird mein Grundkapital, den Rest leihe ich mir zusammen. Und wenn ich wieder als Cutterin arbeiten kann, gibt es als Belohnung sofort die neue Frisur, und dann gehe ich zu Rockerer und trete ihm in den Arsch. Und ich kaufe Karten für das nächste Tim-Bendzko-Konzert. Egal in welcher Stadt und egal wie teuer. Und Kerstin lade ich ein. Ende gut, alles gut.
K AI Senf! Auf meinen Cordovan-Semibrogues von Cheaney & Sons! Das kommt von dieser blöden Hetze. Was soll man da schon anderes machen, als unterwegs kurz anzuhalten und sich hastig eine Bratwurst in den Schlund zu rammen. Ich versuche das Desaster so gut es geht mit Tempotaschentüchern einzudämmen. Wenigstens ist es kein Ketchup. Aber heute Abend muss ich da auf jeden Fall nochmal gründlich mit Bürste und Tuch ran.
Wenn ich überhaupt nach Hause komme. Die Kellerclubbaustelle lässt mich nicht los, und im Hintergrund grollen die Projekte Löwenstein-Villa und Rockerer-Hotel. Während ich bei Großonkel Karl war, hat Herr Knöpper insgesamt drei Mal angerufen und Jochen gleich fünf Mal. Natürlich kann er die Dinge prima alleine entscheiden, aber er will, dass ich wenigstens ein schlechtes Gewissen habe. Viel gefährlicher ist, dass Moha, Alyssa und Jeffrey angefangen haben, die Rockerer-Bestandspläne zu zeichnen. Da müsste ich wirklich schleunigst mal draufgucken, sonst sind am Ende wieder alle Treppenläufe falsch herum drin und keiner merkt es bis zum Baubeginn. Vor allem Moha scheint mir im Moment ziemlich seltsam drauf zu sein. Ich muss so schnell wie möglich Herrn Knöppers Fängen entkommen. Dazu muss ich es aber erst mal in seine Fänge schaffen.
Und wenn ich jetzt vor diesem Schaufenster herumhänge, dann dauert es noch länger, ich weiß. Und wenn ich jetzt auch noch in den Laden reingehe, erst recht. Und es gibt auch wirklich überhaupt keinen Grund reinzugehen. Und auch keinen, dieses Ding zu kaufen. Ich verstehe nicht, warum ich das tue. Es ergibt überhaupt keinen Sinn.
Aber getan ist getan. Ich stecke das Ding in die Jacketttasche. Fertig. Und jetzt rein ins Auto und ab auf die
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