Andere tun es doch auch (German Edition)
bin ich wieder drin. Wenn das nicht stimmt … Ach, gar nicht drüber nachdenken. Es wird. Ich habe ein gutes Gefühl.
Schade, Kerstin hat sich gar nicht mehr gemeldet. Nur ein Handyfoto von Moha mit dem Text »Das ist er!!!« hat sie mir noch geschickt. Verliebt, wie sie ist, muss man natürlich Verständnis dafür haben, trotzdem macht es mir Angst. Dieser Kerl nimmt sie schon ganz schön in Beschlag. Hoffentlich pegelt sich das mit der Zeit wieder ein.
So. Aber jetzt lasse ich mich nicht mehr von meinem Film ablenken. Der blaue Engel . Ist wirklich schon sehr lange her, dass mir jemand die DVD geschenkt hat. Heute ist endlich der richtige Abend dafür. Ich nehme noch ein Lachshäppchen, dazu einen kräftigen Schluck Weißwein. Köstlich, wie Professor Rath, dieser hässliche bärtige Gnom, der umwerfenden Marlene Dietrich verfällt und sich am Ende in seiner Eifersucht völlig zum Deppen macht. Und noch köstlicher, sich vorzustellen, dass Kai in seinem Körper steckt.
K AI Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte an meinem Schreibtisch sitzen. Morgen früh um sieben will der Tischler anfangen, den Tresen für Caros Club zu bauen. Die letzte große Hürde, nachdem Herr Knöpper heute tatsächlich alles, was mit Klos, Waschbecken und Heizung zu tun hat, fertiggekriegt hat.
Aber was ich gerade vor mir habe, ist keine 1:20-Detailzeichnung einer radikal vereinfachten, schnell baubaren Holzkonstruktion aus Alt-Berliner Dielenbrettern, sondern vielmehr ein Teller wunderbar duftende Tagliatelle mit Rinderfiletspitzen und frischen Champignons. Und mir gegenüber sehe ich nicht das Poster mit der Schnittzeichnung der Villa Rotonda von Palladio an meiner Bürowand, sondern Moha. Und vor ihm steht eine große Portion Linguine al scampi. Und neben ihm sitzt seine neue Freundin Kerstin vor einem Zanderfilet in Weißweinsauce. Es war nichts zu machen. Er hat mich einfach an der Hand aus dem Büro rausgezerrt. Ich habe »Moha, ich kann jetzt wirklich n…« gesagt, aber er hat es mit einem »Kai, ich zeige dir jetzt die ’errlichste Frau der Welt. Und wir trinken einen Negroni, haha!« brüsk beiseitegewischt.
Hätte ich zu dem Zeitpunkt gewusst, dass ich Kerstin sowieso schon von meiner Spontanparty am Sonntag kenne, auch wenn mir ihr Name entfallen war, hätte ich ihn vielleicht noch überreden können, das Ganze auf übermorgen zu verschieben. Dass Kerstin und ich uns, seit wir hier sind, nur über Schuhe und Kerstins Vision vom Spectators-Revival unterhalten, stört Moha überhaupt nicht. Er sitzt stumm mit dem verliebtesten Lächeln seit Gene Kelly in Singin’ in the Rain neben ihr, hat den Arm um sie gelegt und ist glücklich. Was soll es. Ich versuche das mit dem nicht fertiggezeichneten Tresen jetzt einfach mal zu vergessen. Es gibt wirklich schlimmere Schicksalsschläge, als nicht am Schreibtisch sitzen zu dürfen, denke ich mir, während ich mir den ersten Tagliatelle-Wickel um die Gabel herumwinde. Mmh, riecht gut. Ich habe wirklich Hunger.
»Mal was anderes, Kai, kennst du eine Lara Rautenberg?«
Ich versuche die Teigwaren, die ich aus meiner Luftröhre heraushuste, so gut es geht im Mund zu behalten. Bis ich endlich aus dem Wasserglas trinken kann, das Moha mir reicht, vergeht eine kleine Ewigkeit.
»Lalara? Ja, also, die kenne ich ein bisschen. Warum?«
»Och, ich kenne sie auch ein bisschen, und sie hat mal erwähnt, dass sie dich kennengelernt hat.«
»Ah ja.«
Sie kennt Lara! Aber weiß sie auch, dass …? Sie lässt sich nicht in die Karten schauen. Mist! Ich muss mich vorsichtig von der Seite annähern.
»Wie geht es denn der Lara so? Ich hab sie, hm, schon ein paar Tage nicht mehr gesehen.«
»Ein paar Tage ist ja nicht so lang. Kennt ihr euch also doch ein wenig näher?«
»Wir … trinken ab und zu Cocktails zusammen.«
»Ah ja.«
Muss sie sich denn alles aus der Nase ziehen lassen?
»Hast du Lara in letzter Zeit mal gesehen, Kerstin?«
»Oh ja, erst gestern. Ihr geht es prächtig.«
»Ah ja.«
»Ich weiß nicht, wann ihr euch zum letzten Mal getroffen habt, aber vor ein paar Tagen hatte sie mal so ein vorübergehendes Tief. Da hatte sie sich auf eine kurze Affäre mit irgendeinem dahergelaufenen Typen eingelassen. Hihi, eigentlich darf ich das gar nicht erzählen, aber der Wein, hihi. Jedenfalls muss das ein Vollpfosten erster Güteklasse gewesen sein. Sie hatte gar keine Lust, groß darüber zu sprechen. Aber jetzt ist sie mit einem echten Hammertyp zusammen. So ein
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