Androidenträume
bis er erkannte, dass er nicht das Geringste damit anfangen konnte. »Agent, sag mir, ob es in diesen sechs Protokolldateien Hinweise für eine korrespondierende Steigerung der Produktion gibt, die in Zusammenhang mit den zusätzlichen Materialkäufen steht.«
»Das trifft auf fünf von den sechs zu«, sagte der Agent. »Eins der Geräte weist keine gesteigerte Produktion auf.«
»Geh noch einmal zurück in die GE-Datenbank und ruf die Materialbestellungen für diesen Fabrikator innerhalb der letzten sechs Jahre ab«, sagte Creek. »Dann zieh die Protokolldateien für das gleiche Gerät und den gleichen Zeitraum zu Rate. Sag mir, ob es einen Unterschied zwischen der bestellten und der produzierten Menge gibt.«
»Es gibt eine Abweichung im Umfang von etwa fünfzehn Rohpulverbestellungen während der letzten sechs Jahre«, sagte der Agent.
»Wie heißt der Besitzer dieses Geräts?«, wollte Creek wissen.
Der Besitzer hieß Bert Roth und war ein übergewichtige] Automobilrestaurator in Alexandria, der sich auf die Modelle der ausgehenden Ära der Verbrennungsmotoren und der Anfangszeit der Brennstoffzellen spezialisiert hatte. Die Nachfrage nach Ersatzteilen für Fahrzeuge aus dieser Epoche war bestenfalls sporadisch, so dass Roth sein Einkommen auf hauptsächlich harmlose Art aufbesserte. Dazu gehörte auch die Bestellung von Fabrikationspulver für einen gewissen Kunden, dem er es mit einem 200prozentigen Aufschlag weiterverkaufte. Der Verkauf des Rohpulvers war strenggenommen nicht illegal, und Roths Kunde verbrauchte nie so viel davon dass vor Creek irgendjemand darauf aufmerksam geworden war. Es war ein nettes Arrangement für alle Beteiligten.
Aus diesen Gründen sträubte sich Roth natürlich, den Namen seines Kunden preiszugeben, als Creek ihn am folgenden frühen Vormittag besuchte. Zunächst versicherte Creek ihm, dass sein Kunde niemals erfahren würde, das Roth seinen Namen verraten hatte, und dann wies er Roth darauf hin, dass sein Kunde tief in der Scheiße steckte und somit auch Roth von den Behörden zur Verantwortung gezogen werden könnte, weil er ihm das Pulver verkauft hatte.
Creek hielt sein drittes Argument noch zurück, nämlich die Aufnahme einer Überwachungskamera, die Roth dabei erwischt hatte, wie er seine Sekretärin vögelte, die nicht seine Frau war. Creek vermutete, dass Roth nicht wusste, dass diese Aufnahme existierte, wo sie auf seinem Computer gespeichert war und dass seine Netzwerkverbindung eine weit offen stehende Tür war. Diese Information war ein schweres Geschütz, das nur dann eingesetzt werden sollte, wenn es wirklich nötig war.
Es war nicht nötig, es einzusetzen. Roth stellte ein paar Kopfrechenaufgaben an, entschied, dass er auch ohne diese zusätzliche Einkommensquelle leben konnte, und spuckte schließlich den Namen seines Kunden aus: Samuel »Fixer« Young.
Creek bedankte sich bei ihm, und nach kurzer Überlegung schrieb er ihm die Adresse des Unterverzeichnisses auf, wo die möglicherweise belastende Aufnahme der Überwachungskamera gespeichert war. Während er Roth den Zettel in die Hand drückte, deutete er außerdem an, dass es vielleicht an der Zeit wäre, sein Netzwerkprogramm zu aktualisieren.
Fixer wohnte genau gegenüber der U-Bahn-Station Benning Road. Creek machte sich auf den Weg zur blauen Linie, zückte seine Jahreskarte und stieg in den Zug.
Creek begann seine Reise durch Virginia in einem U-Bahn-Waggon, der mit Menschen und einem Nichtmenschen besetzt war, einem mittelgeschlechtlichen Teha in traditioneller blauer Schärpe. Aber nachdem die U-Bahn-Linie das Zentrum von Washington verlassen hatte, führte sie durch nichtmenschliche Stadtviertel, von denen die meisten zu der Zeit der Probemitgliedschaft der Erde in der GK gegründet worden waren, als Nichtmenschen sich noch nicht außerhalb der Stadtgrenzen von Washington D.C., Genf und Hongkong hatten aufhalten dürfen. Selbst jetzt lebten die meisten Nichtmenschen in großstädtischen Ballungsräumen und in der Nachbarschaft ihrer Artgenossen. In vielerlei Hinsicht wiederholten die nichtmenschlichen Aliens die Erfahrungen klassischer Einwanderer.
Die Station Benning Road lag in einem Stadtviertel, das hauptsächlich von Paqils bewohnt war, einem Volk von Mammaloiden, die sich aus fleischfressenden Vorfahren entwickelt hatten, mit äußerst geselligem, aber hierarchisch strukturiertem Gesellschaftssystem und von sonnigem, manischem Gemüt. Es überraschte kaum jemanden, dass das Viertel der
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