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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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ich auch wartete, nichts geschah. Kein Zuckerhut kam, kein Engerling, und ich erkannte, daß ihnen das Schicksal ihrer Stadt offenkundig ebenso gleichgültig war wie das meinige.
    So stand ich und ließ in übergroßer Enttäuschung die Stirn gegen die steinerne Balustrade sinken. Erst das ferne Jaulen und Heulen der herannahenden GROSSEN AMÖBE riß mich aus der Erstarrung.
    In dieser bewegten Nacht kam sie nicht nur einmal. Welle auf Welle der AMÖBE zog vorüber, geduckt, gebuckelt, gestreckt, blasenwerfend und stinkend. Ich fühlte, es wurde hohe Zeit. Der Planet schien sich endgültig auflösen zu wollen, zumindest jener Teil von ihm, der für mich Heimat und Zuhause bedeutete. Und in jener Nacht also wurde mein Entschluß geboren, begann die Etappe, die ich später als die der ERZIEHUNG DER GROSSEN AMÖBE bezeichnen sollte.
    Gleich am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg, hinaus in die Wüste und hin zum Krater. Erst bei Tageslicht erkannte ich, welch große Zerstörungen die nächtlichen Beben angerichtet hatten. Es war bereits drunten im Tonnengewölbe zu sehen gewesen. Einige der bis dahin noch freien Seitenstollen waren zusammengestürzt, hatten Mauerwerk und Gesteinstrümmer in breiten Schuttkegeln ins Tonnengewölbe hineingespien, und jene schon schwer mitgenommene Halle, durch die ich auf die Straße hinauszugelangen pflegte, hatte noch mehr abbekommen und war nun vollends halbseitig zusammengebrochen. Vom Stadtrand aus sah ich dann, daß eine der Parallelstraßen sogar gänzlich verschwunden war. Nichts als Schutt und Trümmer. Es wirkte, als hätte eine Riesenfaust, aus dem Himmel herniederfahrend, mit unwiderstehlicher Wucht mitten in die Stadt hineingeschlagen.
    Für mich war es nur Anlaß zu noch größerer Eile. Nein, sehr viel Zeit hatte ich wirklich nicht mehr. Und es wurde dann – im Laufe der Tage und Wochen – wahrhaftig ein Wettlauf zwischen mir und dem Untergang von Piros. Vielleicht war es gut, daß ich zu dieser Zeit noch nicht wußte, wie das Ende aussehen sollte. Unter Umständen hätte es mir die letzte Kraft genommen, mich in endgültige Resignation getrieben und zur Tatenlosigkeit verdammt, und wenn schließlich auch ich selbst es war, der alles noch beschleunigen und auf die Spitze treiben sollte – heute weiß ich, daß das Ende des Planeten, so oder so, bereits vorgezeichnet war und daß ich anders nur hilflos und unvorbereitet in den Zusammenbruch mit hineingerissen worden wäre und mein sicheres Ende gefunden hätte – zusammen mit ihnen, den ehemaligen Herren dieser Welt.
    Auf halber Höhe des Kraterhanges sah ich dann, daß mindestens fünf weitere Tafelberge die vergangene Nacht nicht überstanden hatten. Feine Staubschleier schwebten immer noch über ihren Restkegeln und trieben mit dem stillen Wind querab. Dabei war dies hier nur ein winziger Ausschnitt der gesamten Planetenoberfläche. Wie mochte es anderswo aussehen? Ich spürte es direkt körperlich, daß alles hier in Aufruhr stand: Städte, Gebirge, die gesamte Landschaft, die GROSSE AMÖBE und vielleicht auch die Tantaliden selbst. Weshalb sonst waren sie in der Nacht zum erstenmal wieder an die Oberfläche emporgekommen? Es war eine Ausnahme – ich fühlte das ganz deutlich. Und sie hatten auch darauf verzichtet, ihre Zuckerhüte und Engerlinge auszusenden. Wenn ich es recht überdachte, gab es nur eine Erklärung dafür: Sie versprachen sich nichts mehr davon. Sie hatten es aufgegeben, hier oben noch weiterhin ordnend und stabilisierend einzugreifen. Auch für sie war das Ende in Sicht. Und so fügte sich auch dieses wieder zu dem Bild, das in mir seit langen Tagen unaufhaltsam gewachsen und groß geworden war: Sie wollten einfach nicht mehr! Sie wollten gar nichts mehr! Und das einzige, was ich in diesem Zusammenhang dann nicht verstand, war, weshalb sie bei solcher Einstellung überhaupt noch Wache hielten drunten in der Tiefe. Warteten sie vielleicht doch noch auf etwas? Auf eine letzte Entscheidung, ein Ja oder Nein, das außerhalb ihrer Macht lag?
    Aber wie es auch sein mochte: Für sich selber durften sie sicherlich jeden Beschluß fassen, den sie für nötig hielten – aber nicht für mich und nicht für meine Gefährten, die sie nicht aus ihrem Bannkreis entließen. Auf den Gedanken freilich, daß ich mich ihnen auf Tantalus ja geradezu aufgedrängt hatte und daß auch die anderen von uns, die nun Schlafenden, von sich aus und unaufgefordert in ihren Lebenskreis hineingetreten waren, darauf kam

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