Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
Morgen noch kalt und düster über der Stadt. In Antis wurde es immer früh dunkel und erst spät am Morgen wieder hell.
So marschierten Renyan und Crydeol im Schein der Laternen durch die bereits belebten Straßen. Da Tasken ihnen versichert hatte, sein Schiff würde noch vor Sonnenaufgang wieder im Hafen eintreffen, waren die Anlegestellen der Handelsschiffe ihr Ziel an diesem Morgen. Vorher wollte Crydeol aber noch nach Lago sehen, den er auf Nomys Empfehlung hin in einer großen Stallung der ersten Ebene untergebracht hatte.
Nachdem er sich über das Wohlsein seines Pferdes erkundigt und den Stalljungen vorab für einen weiteren Tag bezahlt hatte, machten er und Renyan sich auf den Weg zum Hafen. Gerade als sie das Tor der Stadt passiert hatten, deutete Renyan zu den Anlegestellen. Und da lag sie vor Anker. So wie Tasken es ihnen versichert hatte war die Eiswind noch vor Sonnenaufgang wieder im Hafen von Antis eingelaufen.
Als Renyan und Crydeol das große Schiff erreicht hatten, kam ihnen Tasken gerade vom Deck entgegen. Er lächelte müde, als er sie sah, und winkte sie zu sich. Jetzt, im fahlen Licht der Laternen, machte der Kapitän einen sehr ausgelaugten Eindruck und dunkle Ränder zeichneten sich unter seinen Augen ab, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen.
„Du siehst müde aus“, rief Renyan, als sie die Rampe erreicht hatten.
„Das bin ich auch. Hab die ganze Nacht hindurch am Steuerrad gestanden.“
„Warum überlässt du nicht einem der Männer das Steuer, wenn ihr die ganze Nacht durchsegelt?“, fragte Crydeol und lachte, als Tasken darauf das Gesicht verzog.
„Einem meiner Männer?“, fragte er und schüttelte sich bei dem Gedanken. „Womöglich noch Pelrin, was?“
„Warum nicht? Es kann doch nicht sein, dass du der einzige Mann an Bord bist, der in der Lage ist die Eiswind zu steuern.“
„So ist es aber leider. Jedenfalls kommt es mir meistens so vor. Das letzte Mal, als ich Pelrin die Führung überlassen habe, hat er es doch tatsächlich geschafft, die Eiswind mit einem Umweg von zwei Tagen wieder in den Hafen zu steuern! Nein! Die Männer können anpacken, aber mehr auch nicht.“
„Als du uns hierher gebracht hast und uns in deiner Kammer von deinem Abenteuer mit den Vlu berichtet hast standest du doch auch nicht am Steuerrad. Wer hat da die Eiswind gesteuert?“
„Das habe ich Mirnan überlassen, Renyan. Aber er gehört nicht zu meinen Männern, sondern hat uns nur begleitet, weil wir einen Teil der Waren in seinem Auftrag nach Pan Hallas gebracht haben. Er besitzt selbst ein Schiff, nicht so groß wie die Eiswind, aber da sein Schiff beschädigt war und die Reparaturen zu dem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen waren, haben wir die Waren auf mein Schiff geladen. Jetzt, da sein Schiff wieder seetauglich ist, ist er natürlich wieder auf das seine zurückgekehrt. Schade eigentlich, ist ein fähiger Mann.“
„Und wie ist die Reise nach Fyrilon verlaufen?“, fragte Renyan.
„Soweit ganz gut. Keine Stürme und keine Beben, wenn du das meinst. Und wie sieht es bei euch aus?“
„Nun, Candol und die anderen sind noch nicht wieder zurückgekehrt, aber ich denke, dass sie spätestens morgen wieder zurückkommen werden.“
„Und wohin wird euch eure weitere Reise führen, wenn sie wieder da sind?“
„Das können wir noch nicht sagen. Kommt darauf an ob Candol das gefunden hat, was er in den eisigen Wäldern gehofft hat zu finden.“
„Dann sind sie also wirklich dorthin aufgebrochen, um diesen verrückten Vanyanar zu finden? Dachte ich’s mir doch.“
Renyan und Crydeol sahen sich einen Moment lang überrascht an. Keiner der beiden hatte Tasken von ihrem Vorhaben erzählt und sie konnten sich ebenso
wenig vorstellen, dass es einer der anderen in seiner Gegenwart erwähnt hatte.
„Was ist?“, fragte Tasken und ein misstrauischer Ausdruck legte sich auf sein müdes Gesicht.
„Du weißt von dem Vanyanar?“, fragte Crydeol.
„Natürlich. Warum sollten sich eure Freunde sonst zu den Wäldern aufmachen? Jeder in Antis weiß von dem Alten, der sich in den Wäldern niedergelassen hat. Aber nur die Wenigsten sind daran interessiert, was er dort macht. Wenn ihr mich fragt, ist der Alte mehr als merkwürdig!“
„Warum?“, fragte Renyan und bemerkte einen seltsamen Ausdruck in Taskens Gesicht.
„Nun hört mal. Ein Wesen, dessen Volk sich schon vor Jahren vom Angesicht Andulars verabschiedet hat, wobei keiner eigentlich weiß, wohin sie gegangen sind,
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