Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
„Renyan.“ Er öffnete seine Augen wieder und starrte gebannt auf das nebelige Gebilde, das nun langsam über dem Bruchstück zum Vorschein kam. Nachdem sich die Schleier gelichtet hatten, sah er seine Freunde unter Wasser in einem merkwürdigen muschelartigen Gefährt, das von einer riesigen Kröte gezogen wurde.
Also hatte Tasken recht gehabt, dachte er. Dieses Wesen ähnelte tatsächlich der Fährkröte, die Crydeol und ihn nach Talint gebracht hatte.
„Na, spielen wir mal wieder Mäuschen?“
Jesta fuhr erschrocken herum. Einige Meter von ihm entfernt, gestützt auf seinen langen Stab, stand Candol, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Wie...was meinst du?“, stammelte Jesta und warf sich hastig die Kette über.
„Jesta, seit wir wieder im Rotschleier Wald sind, hast du den Großteil der Zeit damit verbracht, dich nach unseren Freunden zu erkundigen.“
„Und ich hatte gute Gründe dafür“, rechtfertigte sich der Durandi und schwang sich mit Elan von der Bank. „Ein Grund, und das gebe ich gerne zu, ist meine Neugier. Aber auch für meine Tagebucheinträge sind meine gelegentlichen Einblicke von nicht zu unterschätzender Bedeutung…und einen Vlu habe ich auch noch nie gesehen!“
„Ich wollte dir auch gar keinen Vorwurf machen“, erwiderte der Zauberer und setzte sich neben ihn.
„Wolltest du nicht?“
„Nein. Eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass das Essen bald fertig ist. Inoel deckt gerade den Tisch, sie hat alles alleine zubereitet, da wäre es unhöflich, wenn wir ihre Bemühungen kalt lassen werden würden.“
„Ich komme ja gleich. Weißt du...wenn ich unsere Freunde beobachte, dann fühle ich mich ihnen näher…und auch nicht mehr so unnütz wie hier.“
„Deine Anwesenheit hier ist nicht unnütz, Jesta.“
„Das sehe ich anders. Was habe ich schon großartig zu tun? Anstatt mit Crydeol und Pelrin zu reisen, oder Renyan und Cale bei der Suche nach den drei Splittern zu helfen, sitze ich hier im Wald und drehe Däumchen. Der einzige Vorteil ist, dass ich mich nun wieder etwas um Nevur und Taykoo kümmern kann, das war´s dann aber auch schon.“
Der Zauberer lächelte sanft. „Crydeol ist froh, dass du bei Inoel bist. Er sieht dich als eine Art Leibwächter an, der sie beschützt. Er kann diese Aufgabe nicht übernehmen, den Grund dafür kennst du.“
„Crydeol? Er müsste am ehesten wissen, wie es um meine Kampfkünste steht. Immerhin hat er mir nur die Grundlagen des Schwertkampfes beigebracht, da kann er nicht erwarten, dass ich Inoel beschütze, als wäre ich einer seiner Soldaten.“
„Es freut mich, dass du deine Fähigkeiten so ehrlich einschätzt, und genau aus diesem Grund haben Crydeol, Jindo und ich uns dafür entschieden, dass du mich hierher begleitest.“
Jesta erhob sich und sah nach Osten in den Sonnenuntergang. „Wer sollte mich unterrichten, wenn weder Crydeol noch Renyan hier ist?“
„Nun…ich werde diese Aufgabe übernehmen.“
„Du?“ Jesta drehte sich überrascht herum. „Worin solltest du mich schon unterrichten? Du selbst warst es doch, der mir sagte, ich hätte keine magischen Voraussetzungen. Wie willst du mir ein Lehrer sein, wenn ich nicht als Schüler geeignet bin?“
„Du bist nicht imstande Magie anzuwenden, das stimmt. Das warst du nie und wirst es dein ganzes Leben lang nicht sein. Aber ich hatte auch nicht die Magie gemeint, als ich sagte, ich werde dich unterrichten.“
„Sondern?“
„Ich werde dich zum Kämpfer ausbilden. Crydeol hat dir die Grundlagen gezeigt, ich zeige dir den Rest.“
„Du?“ Jesta grinste skeptisch. „Du bist ein Zauberer Candol, kein Kämpfer.“
Doch kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da wirbelte der Stab des Zauberers herum und holte ihn von den Beinen.
„Man sollte sich nicht immer darauf verlassen, was man sieht, Jesta! Für dich mag ich wie ein alter, sonderbarer Kauz aussehen, doch im Kampf würdest du mir nicht annähernd die Stirn bieten können!“
Begleitet von einem pochenden Schmerz im linken Fuß kam Jesta wieder auf die Beine. „Das hat wehgetan!“, stöhnte er und rieb sich den schmerzenden Knöchel.
„Das sollte es auch“, erwiderte Candol und lächelte zufrieden. „In den nächsten Tagen werden wir dir noch eine ganze Menge Schmerzen zufügen, sofern sich deine Reaktionsschnelligkeit bis dahin nicht verbessert!“
„Wer ist wir?“, fragte Jesta, während er eine leichte Schwellung unter dem Fell seines Fußes erfühlen konnte.
„Mit wir meine ich
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