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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Schlaf geweint, so sehr hatte sie sie gebraucht in den langen, einsamen Nächten nach ihrem Fortgang. Aber Alicia war nie wieder aufgetaucht, und als aus Monaten Jahre geworden waren, war die Erinnerung an sie verblasst. Inzwischen war sie eine Fremde. »Kaum wahrscheinlich, dass es hier draußen Partys gibt«, antwortete Ellie mit Bestimmtheit. »Das Zeug hier wäre reine Verschwendung.«
    »Darüber wollte ich gerade mit dir reden«, sagte Alicia, die sich durch Ellies schroffe Art nicht aus der Fassung bringen ließ. »Wir bleiben nicht hier. Ich habe mit Jack Withers verabredet, dass er uns mit seinem Postflugzeug nach Darwin mitnimmt.«
    »Nach Darwin?« Ellie bekam Herzklopfen, und Angst stieg in ihr auf. »Was gibt es in Darwin?«
    »Einen Ausweg aus dieser gottverlassenen Gegend«, sagte Alicia inbrünstig. »Ich habe uns eine Schiffspassage nach England gebucht.«
    Ellie rutschte von der Fensterbank herunter und blieb vor ihrer Mutter stehen. »Ich will nicht nach England«, sagte sie entschlossen. »Ich gehöre hierher.«
    Es war, als habe Alicia sie nicht gehört. »Wir werden eine Zeit lang bei deinen Großeltern wohnen, und es gibt eine sehr gute Schule unten in Sussex, wo sie dir dieses entsetzliche Kolonialgenäsel abgewöhnen werden.« Sie hatte ihre Zigarette aufgeraucht und drückte sie mit unverhohlener Geringschätzung für die Geranien im Blumentopf aus. »Du wirst all diesen Unfug bald vergessen haben und dich fragen, weshalb du je hier leben wolltest. Und wenn du ein braves Mädchen bist, kaufe ich dir sogar ein Pony.«
    Ellie ballte die Fäuste. Die Versuchung, in dieses kalte, viel zu stark geschminkte Gesicht zu schlagen, war so groß, dass siefast zitterte. »Ich fahre nicht nach England. Ich gehe nicht auf so eine feine Schule. Und ich werde an meiner Aussprache nichts ändern«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Und was deine Bestechungsversuche angeht, so kannst du dir dein Geld sparen. Ich habe schon ein Pony.«
    Alicias perlendes Lachen ließ Ellie erschaudern. »Diesen Knochensack würde ich kaum als Pony bezeichnen, Darling«, sagte sie hochnäsig. »Das eignet sich wohl eher für die Leimfabrik. Warte, bis du die Araber siehst, die mein Vater in seiner Zucht hat – da wirst du es dir bald anders überlegen.«
    Wut durchströmte Ellie wie Elektrizität. Wie angewurzelt stand sie da und fand keine Worte, um ihren Abscheu und ihre Angst zum Ausdruck zu bringen. Und Angst hatte sie, denn ihre Mutter schien fest entschlossen zu sein, sich durchzusetzen. Vor dem Gesetz war Ellie immer noch ein Kind, auch wenn sie bald vierzehn wurde. Ein Kind ohne Stimme. Ein Kind, dessen Zukunft in der Hand der Erwachsenen lag. »Ich gehe nicht«, sagte sie mit eisiger Bestimmtheit. »Du kannst mich nicht zwingen.«
    Alicia stand auf und strich ihren Rock glatt. »Doch, das kann und das werde ich«, entgegnete sie ruhig. »Es wird Zeit, dass du eine anständige Erziehung bekommst und Manieren lernst. Dein Vater hat es gut gemeint, aber er hatte keine Ahnung, wie man eine Tochter großzieht, und es ist meine Pflicht, alles wieder in Ordnung zu bringen.«
    »Wag es nicht, Dad die Schuld zu geben!«, fauchte Ellie. »Er hat getan, was er für das Beste hielt, und ich wette, er hat es nie als Pflicht empfunden.« Sie holte bebend Luft. »Du kannst dir deine feine Schule und deine Pferde sonst wohin schieben. Ich gehe nicht.«
    »Das reicht jetzt«, sagte Alicia kühl. »Diesen ungezogenen Ton dulde ich nicht.«
    Ellie stemmte die Hände in die Hüften. »Ich rede mit dir, wie es mir passt«, gab sie zurück. »Du bist weggelaufen und hastmich und Dad allein gelassen, damit du deinen Texaner heiraten konntest. Dich hat es nie gekümmert, was mit uns beiden passiert. Weshalb sollte ich also jetzt tun, was du willst, nur weil du geschieden bist und auf der Suche nach einem neuen Dummkopf? Ich gehe nicht weg von hier. Ich will nichts mit dir zu tun haben. Ich liebe dich nicht. Und du bist der letzte Mensch auf Erden, der mir sagen kann, was ich tun soll.«
    Zitternd raffte sie die Kleider vom Bett und warf sie auf den Boden. »Und die kannst du mitnehmen und sie jemand anderem geben.«
    »Du undankbare Gossengöre!«, zischte Alicia. »Wie kannst du es wagen.« Der Schlag kam aus dem Nichts, traf klatschend ihre Wange und lähmte Ellie. »Du kommst mit nach England, und damit basta! Im Internat werden sie dir hoffentlich Manieren beibringen, und wenn das nicht funktioniert, wird es dir vielleicht

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