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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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nicht schaden, wenn du einmal die Reitgerte zu spüren bekommst.« Alicias Ton war so eiskalt wie ihre blauen Augen.
    »Ich kann euch draußen auf dem Hof hören«, sagte eine ruhige Stimme an der Tür. »Drangsalierst du schon wieder das Kind, Alicia?«
    »Geh weg, Aurelia! Das hier geht dich nichts an«, fauchte Alicia.
    Aurelia trat ins Zimmer und erfasste die Situation. »Ich glaube doch«, sagte sie gelassen. »Du beunruhigst meine Nichte, und ich bin nicht damit einverstanden, dass du sie schlägst, nur weil sie die Dinge anders sieht als du. Dies ist ein friedliches Haus, und ich gedenke dafür zu sorgen, dass es so bleibt. Deshalb schlage ich vor, dass du verschwindest und dich beruhigst.«
    Ellie zitterte vor Wut. Alicias Ohrfeige brannte noch immer auf ihrer Wange, aber damit sah sie nur ihre Abneigung gegen die Frau bestätigt, die darauf beharrte, sich »Mutter« zu nennen.
    »Kümmere dich um deinen eigenen verdammten Kram, Aurelia!« Alicia raffte die Kleider vom Boden auf. »Sie ist meine Tochter, und ich werde mit ihr umgehen, wie ich will.«
    »Nicht in meinem Haus«, gab Aurelia zurück.
    Alicias Haltung war wieder beherrscht, ihr Gesicht eine Maske unter dem Make-up. »Wir werden dich nicht mehr sehr lange behelligen«, sagte sie kühl. »Jack fliegt uns übermorgen nach Darwin. Nächste Woche geht das Schiff nach England.«
    »Du bist noch dümmer, als ich dachte«, fuhr Aurelia sie an. »Hast du die Zeitung nicht gelesen? Die Sendungen des Home Service nicht gehört? In Europa herrscht Bürgerkrieg.«
    »Unsinn!« Alicia faltete die Kleider zusammen. »In Spanien herrscht Aufruhr, nicht in Berkshire.«
    »Spanien wird nicht das Ende sein«, warnte Aurelia. »Hör mir gut zu, Alicia! Wenn du darauf bestehst, Ellies Wünsche zu missachten, werde ich dich durch einen Gerichtsbeschluss daran hindern.«
    »Das möchte ich sehen«, höhnte Alicia. »Wo willst du hier draußen einen Anwalt finden?«
    »Am Ende einer Telefonleitung.« Aurelia verschränkte die Arme und erwiderte den funkelnden Blick.
    »Kein Anwalt, der auch nur einen Pfifferling wert ist, würde dir an meiner Stelle das Sorgerecht verschaffen. Ich bin ihre Mutter.«
    »Das Recht, dich so zu nennen, hast du vor langer Zeit verloren«, sagte Aurelia entschlossen. »Überlegst du gar nicht mehr, was Ellie gern möchte? Oder ist dein Ego so ungeheuerlich, dass du gar nicht auf den Gedanken kommst, dass sie ohne dich glücklicher sein könnte?«
    Ellie beobachtete die beiden Gestalten, die sie überragten, tief versunken in ihren eigenen Konflikt. Und sie spürte neuen Mut, weil Aurelia auf ihrer Seite kämpfte. Jetzt hatte sie endlich doch eine Stimme.
    Ellies Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, als sie den Allradwagen zum Stehen brachte und ausstieg, um das letzte Tor zu schließen. Das alte Farmhaus, das seit fast einem Jahrhundert auf dem Anwesen von Warratah stand, war jetzt in Sicht. Sie stand in der flirrenden Hitze und betrachtete das eingesunkene Dach und die Kaskaden weißer Jarrahblüten, die es zu ersticken drohten. Sie war jetzt fast so alt, wie Aurelia bei ihrer ersten Begegnung gewesen war. Aber diese längst vergangenen Tage waren plötzlich gar nicht mehr so weit entfernt, und es war, als erlebe sie die Szenen aus ihrer Kindheit jetzt noch einmal – Szenen, die ihr Leben für immer verändern sollten.
    Am Tag des geplanten Fluges nach Darwin war sie nicht auf der Farm gewesen. Sie hatte in aller Herrgottsfrühe die Flucht ergriffen und war mit Joe und Charlie zum Six Mile Creek hinausgeritten. Aurelia hatte ihr später erzählt, was geschehen war.
    Die Schwestern standen einander gegenüber. Alicias blaue Augen blickten wütend, und ihr Gesichtsausdruck war grimmig. »Sag mir, wo sie ist«, verlangte sie.
    »Das kann ich nicht«, sagte Aurelia ungerührt. »Elspeth hat keine Lust, mit dir zu gehen, und nach allem, was ich erlebt habe, kann ich es ihr nicht verdenken.«
    Alicia zündete sich eine Zigarette an und ließ das goldene Feuerzeug zuschnappen. »Elspeth ist meine Tochter, und wenn ich sie nach England mitnehmen will, kannst du mich nicht daran hindern.«
    »Doch«, antwortete Aurelia. »Ich habe meinen Anwalt angerufen, gleich an dem Abend, als wir die gleiche Diskussion geführt hatten, und Jack bringt die Papiere mit. Das Gericht hat mir das volle Sorgerecht für sie zugesprochen, bis sie einundzwanzig ist.«
    Alicia erbleichte unter der Puderschicht, wodurch ihr Lippenstift grell und das Rouge auf ihren

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