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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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blassen Wangen wieein Wutfleck wirkte. »Du hast was getan?«, flüsterte sie. Dann schüttelte sie den Kopf. »Du bluffst. Die Gerichte brauchen Monate, um irgendetwas zu entscheiden.«
    »Nicht, wenn ein Kind bedroht ist«, sagte Aurelia. »Elspeth ist Australierin. Das Gericht wird nicht mit ansehen, wie sie gezwungen wird, mit einer Mutter nach England zu gehen, die sie schon einmal verlassen hat. Deine Ehescheidung und dein unberechenbares Verhalten in der Vergangenheit hat es in seiner Ansicht nur bestätigt, dass du als Mutter ungeeignet bist.« Aurelia seufzte. »Ich verstehe, was die Richter meinen, Alicia, und wenn du einmal nachdenken wolltest, würdest du einsehen, dass ich richtig gehandelt habe.«
    »Niemals!« Alicia rauchte ihre Zigarette mit wilder Verbissenheit.
    »Sei ausnahmsweise einmal ehrlich. Du willst Elspeth doch in Wirklichkeit gar nicht. Dir gefällt nur der Gedanke, die glamouröse Mutter eines tragischen Waisenkindes zu sein.«
    »Das ist eine unfaire Bemerkung. Ich verlange, dass du sie zurücknimmst.«
    Aurelia redete weiter, als habe sie gar nichts gehört. »Ellie ist keine Marionette, die du in Spitze und Volants hüllen kannst und die sich von dir an Schnüren führen lässt. Sie wird nicht zulassen, dass du sie ignorierst oder beiseite schiebst, wenn dir die Geduld ausgeht. Dafür hat sie einen zu starken Charakter, und sie ist zu viele Jahre ohne dich aufgewachsen, als dass du jetzt noch Einfluss auf sie nehmen könntest.«
    »Ich glaube, ich kenne wohl meine eigene Tochter«, sagte Alicia.
    »Nein, das tust du nicht«, fiel Aurelia ihr ins Wort. »Du wirst feststellen, dass sie eine Belastung ist, dass sie dir in den Schulferien auf die Nerven geht, wenn du lieber deinem gesellschaftlichen Leben nachgehen möchtest. Was du ihr bietest, ist kein richtiges Zuhause, wo sie aufblühen und zu der Frau werdenkann, die sie sein soll, sondern das Leben in einem öden Internat und Ferien in der Gesellschaft alter Großeltern.«
    Alicia schaute sie an, und ein Schimmer von Einsicht milderte ihre Miene.
    Aurelia ließ nicht locker. »Weißt du nicht mehr, wie sehr wir das Internat gehasst haben? Wie, glaubst du, wird es Elspeth in einer so fremdartigen Welt ergehen? Sie ist Australierin, und ihr australischer Stolz wird sie sehr viel mehr von den anderen unterscheiden als ihr Akzent. Sie wird keine Kontakte haben, keine Freundinnen, niemanden, an den sie sich wenden kann, wenn das Heimweh sie überwältigt. Sie ist die Freiheit gewohnt, ein Leben in Bewegung – und wenn du sie in diese Schule sperrst, tötest du ihre Lebensgeister.«
    »Es könnte eine Dame aus ihr werden«, antwortete Alicia.
    »Könnte, ja«, räumte Aurelia ein. »Aber sie wäre glücklicher, wenn sie ihren Weg hier finden könnte, wo sie hingehört.« Mit einer Handbewegung beschrieb sie das Land, das sich in alle Himmelsrichtungen erstreckte, so weit das Auge reichte. »Sie ist ein Teil von all dem hier, Alicia. Der lange Weg von Sydney herauf hat dazu nur noch beigetragen und ihre Bindung an das Land vielleicht noch stärker gemacht, als sie selbst ahnt.«
    »Aber sie braucht mich«, beharrte Alicia und drückte die halb gerauchte Zigarette aus.
    Aurelia schüttelte den Kopf. Sie hatte Mitleid mit dieser verwöhnten, selbstsüchtigen Frau, die nie etwas anderes als die eigenen Bedürfnisse sehen würde. »Du warst zu lange weg, Alicia«, sagte sie leise. »Sie ist ohne dich groß geworden.« Sie schlang einen kräftigen Arm um die schlanken Schultern und spürte, wie sie zitterten. Alicia kümmerte es doch, was aus Elspeth wurde, erkannte sie. Sie war nur nicht in der Lage, ihr Leben für sie zu opfern. »Bevor du gehst, möchte ich, dass du Elspeth eines gewährst«, sagte sie mit einer Sanftmut, die ihre stählerne Entschlossenheit nicht hätte vermuten lassen.
    »Was denn?« Das Gesicht unter dem Make-up war immer noch bleich, das Lächeln immer noch unsicher.
    »Die Freiheit, sich zu entscheiden. Das ist ein seltenes Geschenk, Alicia. Und nur du kannst es ihr machen.«
    Die Augen glänzten hell unter den falschen Wimpern, und perlweiße Zähne bohrten sich in die scharlachrote Unterlippe, während Alicia um Beherrschung rang. Sie wandte sich ab und umklammerte mit beiden Händen das Verandageländer, als das kleine Flugzeug auf der Lehmpiste landete.
    Aurelia spürte die vertraute Wärme, als Jack Withers aus der Maschine stieg und über den Hof kam. Er war ein gut aussehender Mann, wie sie nicht zum ersten Mal

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