Ange Pitou, Band 1
Schneider von Villers-Cotterets, übereinzukommen.
Katharine hatte recht, und eine neue Kleidung war keine Sache des Luxus für den armen Pitou: er trug immer noch die Hosen, die ihm fünf Jahre vorher der Doktor Gilbert hatte machen lassen, die von zu lang zu kurz geworden waren, aber sich, das ist nicht zu leugnen, durch die Sorge von Mademoiselle Angelique um zwei Zoll jährlich verlängert hatten. Was den Rock und die Weste betrifft, so waren diese Kleidungsstücke seit mehr als zwei Jahren verschwunden und durch den serschenen Kittel ersetzt worden, mit dem unser Held schon in den ersten Kapiteln dieser Geschichte vor den Augen unserer Leser erschienen ist.
Pitou hatte nie an seinen Anzug gedacht. Der Spiegel war etwas Unbekanntes bei Mademoiselle Angelique, und da er nicht wie der schöne Narcissus die Urneigung hatte, in sich selbst verliebt zu werden, so war es ihm auch nie eingefallen, sich in den Quellen, an denen er seine Ruten stellte, zu beschauen.
Doch seit dem Augenblick, wo ihm Katharine gesagt hatte,er könne sie zum Tanze begleiten, seit dem Augenblick, wo von Herrn von Charny, dem eleganten Kavalier, die Rede gewesen, seit der Stunde, wo die Geschichte mit den Hauben, auf die Katharine, um ihre Schönheit zu vermehren, rechnete, in das Ohr von Pitou gedrungen war, hatte Pitou in einen Spiegel geschaut und sich betrübt über den Verfall seiner Kleidung gefragt, auf welche Art auch er seine natürlichen Vorzüge etwas erhöhen könnte.
Leider war Pitou nicht imstande gewesen, sich auf diese Frage eine Antwort zu geben. Der Verfall seiner Kleidung beruhte auf ihrem Alter, um aber neue zu bekommen, mußte man Geld haben, und Pitou hatte in seinem Leben keinen Pfennig besessen.
Wohl hatte Pitou die Hirten, wenn sie sich um den Preis der Flöte oder der Verse stritten, sich mit Rosen bekränzen sehen; doch er dachte mit Recht, dieser Kranz, so gut er ihm auch zu Gesichte stehen dürfte, würde nur noch mehr die Armut seiner übrigen Kleidung hervorheben.
Pitou war also äußerst angenehm überrascht, als am Sonntag um acht Uhr morgens, während er über die Mittel, seine Person zu verschönern, nachsann, Herr Dulauroy eintrat und auf einen Stuhl einen Rock und himmelblaue Hosen nebst einer großen weißen, rosa gestreiften Weste legte.
Zu gleicher Zeit trat die Nähterin ein und legte auf einen andern Stuhl ein Hemd und eine Halsbinde; paßte das Hemd gut, so hatte sie Befehl, ein halbes Dutzend zu machen.
Es war die Stunde der Ueberraschungen: hinter der Nähterin erschien der Hutmacher. Er brachte einen kleinen Dreispitz von der neuesten Form, voll Eleganz, kurz das beste, was man bei Herrn Corau, dem ersten Hutmacher von Villers-Cotterets verfertigte.
Es hatte überdies der Schuster den Auftrag, für Pitou ein Paar Schuhe mit silbernen Schnallen anzufertigen.
Pitou erholte sich nicht von seinem Erstaunen, er konnte nicht glauben, alle diese Reichtümer seien für ihn. In seinenübertriebensten Träumen hätte er es nicht gewagt, sich eine solche Garderobe zu wünschen. Thränen der Dankbarkeit befeuchteten seine Augenlider, und er vermochte nur die Worte zu murmeln: Oh! Jungfer Katharine, Jungfer Katharine, ich werde nie vergessen, was Sie für mich thun!
Alles dies ging ganz vortrefflich, als ob man das Maß an Pitou genommen hätte; nur die Schuhe fanden sich um die Hälfte zu klein. Herr Lautereau, der Schuster, hatte das Maß am Fuße seines Sohnes genommen, der vier Jahre älter war, als Pitou.
Dieser Vorzug von Pitou vor dem jungen Lautereau machte einen Augenblick unsern Helden stolz; doch die Bewegung des Stolzes war bald gemäßigt durch den Gedanken, er werde genötigt sein, ohne Schuhe zu dem Tanze zu gehen, oder mit seinen alten Schuhen, die durchaus nicht mehr zu seinem übrigen Anzug paßten. Doch diese Besorgnis war von kurzer Dauer: ein Paar Schuhe, das man zu gleicher Zeit dem Vater Billot schickte, machte die Sache ab. Es fand sich zum Glück, daß der Vater Billot und Pitou denselben Fuß hatten, was man sorgfältig, aus Furcht, ihn zu demütigen, vor dem Vater Billot verbarg.
Während Pitou damit beschäftigt war, diese kostbare Kleidung anzuziehen, trat der Friseur ein. Er teilte die gelben Haare von Pitou in drei Massen: die eine, und das war die stärkste, sollte unter der Form eines Zopfes auf seinen Rock herabfallen; die zwei anderen hatten die Bestimmung, die zwei Schläfen zu bekleiden, und zwar unter dem wenig poetischen Namen Hundsohren; doch was ist da zu
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