Ange Pitou, Band 1
libri oder legendae historiae ?
Mein Herr, sprach der schwarze Mann, Sie scheinen mir sehr über dem Stande zu sein, den Ihre Kleider bezeichnen: Non dives vestitu sed ingenio . Demzufolge verhafte ich Sie.
Wie, Sie verhaften mich? rief Pitou, im höchsten Maße erstaunt.
Ja, mein Herr, ich bitte also, folgen Sie mir.
Pitou schaute nicht mehr in die Luft, sondern um sich her, und erblickte zwei Sergeanten, die aus der Erde zu kommen schienen.
Nehmen wir das Protokoll auf, meine Herren, sprach der schwarze Mann.
Der Sergeant band mit einem Strick die Hände von Pitou und in seinen Händen das Buch des Doktors fest.
Dann band er Pitou selbst an einen Ring, der unter dem Fenster angebracht war.
Pitou wollte aufschreien, doch er hörte, wie dieselbe Stimme ihm zuflüsterte: Lassen Sie machen.
Pitou ließ also mit einer Folgsamkeit machen, welche die Sergeanten und besonders den schwarzen Mann entzückten, sodaß sie ohne irgend ein Mißtrauen in das Haus des Pächters eintraten, die zwei Sergeanten, um einen Tisch zu holen, der schwarze Mann ... wir werden später erfahren, warum.
Kaum waren die Sergeanten und der schwarze Mann in das Haus eingetreten, als die Stimme sich hören ließ.
Heben Sie die Hände auf, sagte die Stimme.
Pitou hob nicht nur die Hände, sondern auch den Kopf empor und erblickte das bleiche, erschrockene Gesicht von Katharine; sie hielt ein Messer in der Hand: Noch mehr ... noch mehr ... sagte sie.
Pitou erhob sich auf den Fußspitzen.
Katharine neigte sich hinaus; die Klinge berührte den Strick, und Pitou erlangte die Freiheit seiner Hände wieder.
Nehmen Sie das Messer, sagte Katharine, und durchschneiden Sie den Strick, der Sie am Ring festhält.
Pitou ließ sich das nicht zweimal sagen; er durchschnitt den Strick und war völlig frei.
Hier ist ein Doppel-Louisd'or, sagte Katharine; Sie haben gute Beine, retten Sie sich; gehen Sie nach Paris und benachrichtigen Sie den Doktor.
Sie konnte nicht mehr sprechen; die Sergeanten erschienen wieder, und der Doppel-Louisd'or fiel zu den Füßen von Pitou.
Pitou raffte ihn behende auf. Die Sergeanten waren in der That auf der Thürschwelle; sie verweilten hier einen Augenblick, erstaunt, Pitou, den sie kurz zuvor so gut gebunden, frei zu sehen. Bei ihrem Anblick sträubten sich die Haare auf dem Haupte von Pitou, und er erinnerte sich verworren des in crinibus angues der Eumeniden.
Die Sergeanten und Pitou blieben einen Moment in der Lage des Hasen und eines stehenden Hundes: sie schauten sich unbeweglich an. Wie aber bei der geringsten Bewegung des Hundes der Hase aufpackt, so machte bei der ersten Bewegung der Sergeanten Pitou einen wunderbaren Sprung und befand sich auf der andern Seite einer Hecke.
Die Sergeanten stießen einen Schrei aus, der den Gefreiten, der eine kleine Kassette unter seinem Arm trug, herbeilaufenmachte. Der Gefreite verlor seine Zeit nicht mit Redensarten und fing an, Pitou nachzulaufen. Die zwei Sergeanten thaten dasselbe. Doch sie waren nicht stark genug, um wie Pitou über eine Hecke von drei und einem halben Fuß Höhe zu springen, und sahen sich daher genötigt, einen Umweg zu machen.
Als sie aber an die Ecke der Hecke kamen, erblickten sie Pitou auf mehr als fünfhundert Schritte in der Ebene; er steuerte geradeswegs auf den Wald zu, von dem er kaum eine Viertelmeile entfernt war, und den er folglich in wenigen Minuten erreichen mußte.
In diesem Augenblicke wandte sich Pitou um, und als er die Sergeanten erblickte, die ihn mehr zur Befreiung ihres Gewissens, als in der Hoffnung, ihn zu erreichen, verfolgten, verdoppelte er seine Schnelligkeit und verschwand bald am Saume des Waldes.
Pitou lief so noch eine Viertelstunde; er würde zwei Stunden gelaufen sein, wenn es nötig gewesen wäre: er hatte den Atem des Hirsches, wie er auch dessen Geschwindigkeit hatte.
Doch nach Verlauf einer Viertelstunde, als er instinktartig dachte, er sei außer Gefahr, blieb er stehen, atmete, horchte, und nachdem er sich versichert hatte, daß er ganz allein war, sagte er: Es ist unglaublich, daß so viele Ereignisse in drei Tagen Raum haben konnten.
Dann schaute er abwechselnd seinen Doppel-Louisd'or und sein Messer an und sprach:
Oh! ich hätte gerne Zeit haben mögen, um meinen Doppel-Louisd'or zu wechseln und zwei Sous Jungfer Katharine zurückzugeben, denn ich befürchte sehr, dieses Messer schneidet unsere Freundschaft ab. Gleichviel, fügte er bei, da sie mich hat heute nach Paris gehen heißen, so gehe ich
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