Angel City Love (German Edition)
sonderbares, bedrückendes Gefühl aus, das sie nicht genau einordnen konnte. Wer konnte sich hier mit ihnen im Schulgebäude befinden? Um diese späte Stunde? Sie warf Jackson einen Blick zu, dann schlich sie weiter. Dabei drückte sie sich dicht an die Wand. Vor ihnen sickerte schwaches Licht durch das Milchglasfenster des Lehrerzimmers. Lautlos drehte Maddy mit hämmerndem Herzen am Türknauf und schob die Tür einen Spaltbreit auf.
Der Raum war leer. Ein paar halb volle Tassen Kaffee standen auf dem Tisch. In der Ecke befand sich ein Fernseher, den man vergessen hatte, abzustellen. Von ihm gingen das Licht und die Stimme aus. Maddy erkannte das Gesicht auf dem Bildschirm.
Es war Vivian Holycross. Sie strahlte in ihrem silbernen, halb durchscheinenden Kleid von Alexander McQueen, wie sie auf dem Sofa gegenüber der wie üblich völlig aufgedrehten Tara Reeves saß. Sie gab ein Exklusivinterview auf ANN . Selbst jede einzelne Träne, die ihr über die Wange rann, war perfekt. Haare und Make-up trugen das Ihrige dazu bei, um sie ausreichend bestürzt aussehen zu lassen.
»Es ist alles ein riesiges Missverständnis«, sagte Vivian gerade und griff nach einem Taschentuch, das ihr Tara hinhielt, um sich die Augen abzutupfen. Unten am Bildschirmrand war zu lesen: Die Engelsjagd nach dem mutmaßlichen Serienkiller Jackson Godspeed geht weiter .
»Möchten Sie vielleicht etwas zu Jackson sagen, falls er zufällig zusehen sollte?«, erkundigte sich Tara. Vivian schniefte.
»Komm nach Hause, Jackson. Wir finden eine Lösung.«
Sogar wenn sie weinte, sah sie umwerfend aus. An Maddy nagte wieder die Eifersucht. Sie hatte sich fast schon an die verlockende Vorstellung gewöhnt, Jackson könnte etwas für sie empfinden. Doch Vivians perfekte Schönheit holte sie eiskalt in die Realität zurück. Wie sollte sie je gegen sie konkurrieren? Ausgerechnet sie, eine Aberration. Wie hatte sie jemals den Gedanken zulassen können, Jackson könnte echte Gefühle für sie haben, wo doch zu Hause Vivian auf ihn wartete?
Jackson starrte Maddy an und schien zu erraten, was sie dachte.
»Komm«, sagte er, marschierte auf den Fernseher zu und stellte ihn aus. »Ich bin mir sicher, die haben Vivian einen Haufen Kohle dafür bezahlt, dass sie das Interview gibt.«
Maddy sah ihn unsicher an.
»Bevor ich gleich hier im Flur zusammenbreche, könntest du mir zeigen, wo wir hinwollen?«, sagte Jackson und ging mit ihr aus dem Zimmer.
Das verblasste Wandbild vor der Turnhalle zeigte einen muskulösen rot-weißen Engel, der einen Basketball mit dem Flügel dribbelte. Auf einem Banner stand: »Territorium der WINGS !«
Maddy machte die Tür auf, die sich mit einem metallischen Laut öffnete. In der Turnhalle war es dunkel und kalt und es roch nach Reinigungsmittel. Ihre Schritte hallten in der Dunkelheit, als sie eintraten. Nachdem Jackson ein kleines Stück gegangen war, ließ er sich schwer auf den Boden sinken. Maddy tastete sich an der Wand entlang, bis sie eine Tafel mit einer Reihe von Schaltern gefunden hatte. Sie legte einen Schalter nach dem anderen um und langsam sprangen die Lichter in der Turnhalle an. Jackson saß mit gesenktem Kopf da, die Arme auf den Knien. Selbst für einen Unsterblichen wirkte er ziemlich erschöpft. Maddy wusste nur zu gut, dass die Schule lediglich eine vorübergehende Lösung sein konnte, da am Montag die Flure wieder von Lehrern und Schülern bevölkert sein würden. Doch vorerst würde es gehen – es musste einfach gehen, bis Jackson wieder zu Kräften gekommen war. Sogar Maddy war zu erschöpft, um noch einen klaren Gedanken fassen zu können. Morgen würden sie über ihre weiteren Schritte nachdenken.
In einer Ecke fand Maddy einen Stapel Turnmatten, zog unbeholfen die oberste herunter und zerrte sie unter den Basketballkorb.
»Komm und leg dich hin«, sagte Maddy.
Er kam zu ihr und ließ sich schwer auf die Matte plumpsen.
»Bist du dir sicher, dass du wieder in Ordnung kommst?«, fragte sie.
»Bestimmt, ich brauch nur ein bisschen Zeit«, erklärte er schwach.
Maddy setzte sich neben ihn und zog die Knie an ihre Brust. Sie lauschte Jacksons gleichmäßigen Atemzügen. In ihrer Erinnerung sah sie immer noch Vivians tränennasses Gesicht.
»Kann ich dir eine Frage stellen?«, fragte Maddy schließlich, »wenn ich dir verspreche, mich nicht wieder stur zu stellen?«
»Klar.«
»Was du da auf diesem Dach gesagt hast«, sagte sie leise. »Darüber, dass wir … dazu bestimmt sind, zusammen zu
Weitere Kostenlose Bücher