Angel City Love (German Edition)
kein Lebenszeichen mehr von ihm. Vielleicht ist er ja nach Santa Barbara gefahren, hat sein Handy ausgeschaltet, um mal ein bisschen Ruhe zu haben und Abstand, oder …«
Sylvester stieß einen leisen Fluch aus. »Und der hier?« Er deutete auf den nächsten Stern auf dem Asphalt. Er war noch unbeschriftet. Arbeiter hatten eine Absperrung rings um die Stelle aufgebaut. Offensichtlich bereitete man sich darauf vor, den Namen einzugravieren.
»Wissen wir noch nicht. Einer von den diesjährigen Anwärtern. Wir haben uns deswegen schon mit den Engeln in Verbindung gesetzt, aber sie zeigen sich nicht sonderlich kooperativ.«
Der Detective schlüpfte unter der Polizei-Absperrung hindurch und bahnte sich einen Weg durch die Menge, um auf den riesigen Angel Boulevard hinauszutreten. Abseits des Tatorts war alles ruhig und still. Der schwache Wind trieb ein paar zerknitterte Papierfetzen über den Asphalt, während ein Obdachloser summend einen Einkaufswagen vor sich herschob. Der Detective sah sich um. Selbst zu dieser nächtlichen Stunde standen immer noch ein paar vereinzelte Touristen herum, die den Boulevard und den Gehsteig filmten, während die Ladenbesitzer Regale einräumten. Engelsfiguren, Plastikflügel, Aufkleber mit Texten wie »Angel City, meine Rettung«.
Er hörte, wie Garcia hinter ihm angeschlurft kam. Sylvester spähte weiter aufmerksam die Straße hinauf und hinunter.
»Was ist los, Detective?«, erkundigte sich der Sergeant.
»Man bringt nicht einfach so einen Engel hier draußen um, ohne dass einen dabei jemand beobachtet.« Sylvester zog seine Schlüssel aus der Manteltasche. »Kommen Sie, Bill«, sagte er, während er schon auf seinen Wagen zumarschierte. »Wir befinden uns hier nicht am eigentlichen Tatort.«
Sylvesters Dienstfahrzeug bog auf die Outpost Road ab und wand sich in die Hügel von Angel City hoch. Der Himmel über der Stadt war sternenklar und finster. Häuser mit langen Zufahrten wurden schon bald von hohen Hecken abgelöst, die den Blick auf die zurückgesetzt liegenden Anwesen abschirmten. »Hier oben verfahre ich mich irgendwie immer«, grummelte Sylvester, während er sich höher und höher emporschlängelte, näher zu dem Rückzugsort der Engel mit ihren perfekten Leben.
Als die beiden Polizisten Ryan Templetons Haus erreichten, eine ausladende, modernistische Residenz oben auf dem Hügel, warteten bereits zwei weitere Einsatzfahrzeuge des ACPD auf sie. Die Beamten schienen nervös und zappelig. Sylvester bog in die schmale Einfahrt ein.
Das Gebäude sah aus, als hätte man überdimensionale Bauklötze übereinandergestapelt. Sylvester hatte nie den Reiz dieses Stils verstanden, doch nun, da er direkt davorstand, machte es doch einen gewissen Eindruck auf ihn. Entschlossen schritt er auf die Eingangstür zu, zu deren Seiten bereits zwei Polizeibeamte postiert waren. Sie hatten ihre Waffen im Anschlag. Sylvester bedeutete ihnen mit einer Geste, ruhig zu bleiben. Alles war still.
Dann betätigte er die Klingel. Irgendwo in der Ferne konnte man im Haus das Läuten vernehmen. Sylvester blickte zur Videokamera hoch, die oben an der Regenrinne befestigt war. Totenstille. Nichts war zu hören.
»Ryan!«, brüllte er jetzt durch die geschlossene Tür. Dann versuchte er es noch einmal, etwas lauter. Anscheinend war niemand da. Er warf einen Blick auf den silbernen Mercedes McLaren, der in der schmalen Einfahrt stand.
»Okay, gehen wir rein«, erklärte Sylvester.
Er atmete tief durch, fasste an den Türgriff und zuckte sofort wieder zurück, als hätte die Klinke sich urplötzlich in eine Schlange verwandelt. Der metallene Griff war glühend heiß.
»Warum ist der so heiß?« Er schüttelte die schmerzende Hand. Vorsichtig stieß er mit der Fußspitze gegen die Tür. Die schwang langsam auf und abgestandene Luft drang nach draußen. Sylvester zog seine Beretta 92 FS und bedeutete den Beamten stumm, ihm zu folgen. Dann stieß er die Tür ganz auf und betrat das dunkle Haus.
Die Hitze war unerträglich und flirrte in der Dunkelheit, wie an einem warmen Sommertag auf heißem Asphalt. Sylvester verschlug es fast den Atem. Er bewegte sich mit den übrigen Beamten geschickt und lautlos durch die Flure. Die Lichtstrahlen aus ihren Taschenlampen tanzten in der Dunkelheit. An den Wänden hingen gerahmte Magazincover, auf denen der Hausbesitzer zu sehen war. Ryan Templeton war ein gut gebauter, stattlicher Engel mit glattem Haar und ernstem Blick. Dann öffnete der Flur sich in einen
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