Angel City Love (German Edition)
Seite zu bringen? Es musste ein Puzzleteil geben, das er übersehen hatte. Wieder und wieder ging Sylvester im Geiste die Fakten durch. Beunruhigenderweise kehrten seine Gedanken immer wieder zu den Erzengeln selbst zurück. Ob die wohl ihre eigenen Reihen von Feinden säuberten? Und wenn ja, hätte Mark davon etwas mitbekommen? Die Sache konnte sich bis in den Rat erstrecken. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr stellte er Marks Motive infrage. Es war Sylvester so vorgekommen, als würde er ihm ausweichen. Außerdem war Mark nicht allzu überrascht gewesen, als er ihm erklärt hatte, dass der Stern von seinem Stiefsohn der nächste war. Dem Detective schwirrte der Kopf von den vielen Möglichkeiten, Hinweisen und Sackgassen. Eine Akte, die schon auf zwanzig Zentimeter angeschwollen war, wartete auf dem Beifahrersitz auf ihn. Sie würde ihm einen Blick auf den sumpfigen Morast im Untergrund der Stadt der Unsterblichen gewähren.
Sylvester trank einen weiteren Schluck von seinem Drink. Er war ein wenig benebelt, aber das lag nicht am Alkohol. Er brauchte dringend Schlaf.
Im Fernseher über der Bar lief ein Nachrichtensender. Selbstverständlich berichtete man dort über die Engel. Eine Gruppe von Leuten unterhielt sich in einer Diskussionssendung über sie. Auf dem Bildschirm stand: Engel – auf wessen Seite sind sie eigentlich?
»Könnten Sie das vielleicht lauter stellen?«, erkundigte Sylvester sich und deutete auf das Fernsehgerät.
Der Barkeeper kam der Bitte nach. »Möchten Sie auch gleich die Rechnung?«, fragte er hoffnungsfroh. Die letzten Gäste verabschiedeten sich allmählich. Sylvester nickte.
Auf dem Bildschirm unterhielt sich soeben ein Mann mit einem Spitzbart und Brille mit zwei weiteren Experten: »Womit wir es hier also zu tun haben, womit wir hier konfrontiert sind, ist die absolute Verweigerung jeglicher Kooperation vonseiten der Engel, Teri. Wir haben keine Ahnung, wie sie arbeiten. Sie tauchen einfach auf, und wenn man genügend Geld bezahlt, retten sie einen. Da herrscht keinerlei Transparenz, es gibt keine Rechenschaftspflicht …«
»Aber Fakt ist doch, dass sie Leben retten, Will. So einfach ist das. Überlegen Sie sich das mal«, unterbrach Teri, eine Frau im Hosenanzug mit kurz geschnittenem braunem Haar, den Mann mit dem Bart.
»Das habe ich, Teri , aber es ist nun mal Fakt, dass die Engel nur ein paar wenige retten, während die große Masse der Menschen nicht berücksichtigt wird«, erwiderte Will, dessen Gesicht nun eine leicht rötliche Färbung annahm. »Wie wir vor zehn Minuten erfahren haben, wurden die verstorbenen Engel Opfer eines Serienkillers. Das wird mit absoluter Gewissheit zu einer Medienhysterie führen. Und dennoch haben wir nicht den leisesten Schimmer, was vor sich geht. Die Engel tun einfach so, als wäre alles wie immer.«
Sylvester richtete sich auf. Die Nachricht von den Morden war also an die Öffentlichkeit gelangt. Die Engel konnten nicht alle für immer im Dunkeln lassen. Dafür war die Story viel zu explosiv.
Keiner der wenigen verbliebenen Gäste im Lokal schien sich groß darum zu kümmern. Sie waren zu dieser späten Stunde hier, um den Sorgen und Nöten des Alltags in Angel City zu entfliehen. Da wollten sie nicht auch noch an sie erinnert werden.
Die Diskussion auf dem Bildschirm ging trotzdem weiter.
»Okay, okay, kommen wir zurück zum ursprünglichen …« Der Moderator bemühte sich, das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema zu lenken, doch Teri fuhr aufgebracht dazwischen.
»Wenn wir zur ursprünglichen Frage zurückkommen wollen: Sie können nicht alle retten, und schon gar nicht die ganze Zeit«, erklärte Teri. »Es gibt einfach nicht genug von ihnen für die gesamte Menschheit. Die lautstarke Anti-Engels-Minderheit in diesem Land hilft uns da nicht weiter, sie werden keinerlei Lösung herbeiführen. Wir müssen die Engel akzeptieren, wie sie sind, zu ihren eigenen Bedingungen. Überlegen Sie sich doch mal, wie viele Leben sie gerettet haben! Wer das nicht einsieht, liefert hassgetriebenen Gruppierungen wie der Menschlichen Verteidigungsfront Munition, und deren erklärtes Ziel ist die Auslöschung der Engel mit allen erdenklichen Mitteln!«
Nun erhob der dritte Gast, ein Mann mit Stoppelfrisur und einer roten Krawatte, die Stimme. »Woher wollen wir denn wissen, dass sie nicht doch fähig wären, alle zu retten? Und zu welchem Preis sollen wir uns retten lassen? Und wir sollen diesen Wesen, die vor etwa hundert Jahren
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