Angel City Love (German Edition)
wie aus dem Nichts aufgetaucht sind, einfach so dankbar sein? Sie wissen alles über uns, aber uns Menschen gewähren sie keinen Zutritt in ihre Ausbildungszentren für Schutzengel, mit Ausnahme von speziellen Presseveranstaltungen.« Auf dem Bildschirm war nun zu lesen, dass es sich bei dem Mann um einen ehemaligen Oberst der Armee, Davis A. Jessup, handelte. »Was geht wirklich vor bei der NGE ? Und warum hat sich der Rat der Zwölf die letzten achtzig Jahre überwiegend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen? All diese Fragen spielen durchaus auch eine Rolle im Hinblick auf die nationale Sicherheit.« Der Oberst machte eine kurze Pause, ehe fortfuhr. »Ich bin der Ansicht, dass der jüngste Sieg von Senatsanwärter Ted Linden bei den Umfragen gezeigt hat, dass sich die Mehrheit der Bewohner in diesem Land Antworten auf diese Fragen erhofft. Und zwar sofort.«
Sylvester nahm einen weiteren Schluck von seinem Whiskey und sah wieder zum Bildschirm hoch. Wenn die Öffentlichkeit über alles Bescheid wüsste …, dachte er. In der Sendung zeigte man nun die Aufzeichnung von Ted Linden bei seiner Dankesrede nach dem Sieg. Er war vielleicht fünfundvierzig Jahre alt und gut aussehend. Sein glänzendes dunkles Haar hatte er glatt zurückgekämmt. Er zeigte ein einnehmendes Lächeln, während er seinen Fans den erhobenen Daumen hinhielt.
»Was sollen wir davon halten, dass mit einem Mal Engel getötet werden? Wissenschaftler haben Beweise, dass die Engel doch schneller altern, als wir angenommen haben«, stellte Will soeben fest. »Die neusten Schätzungen datieren das Leben der sogenannten Geborenen Unsterblichen auf rund vierhundert bis fünfhundert Jahre. Doch die NGE beharrt darauf, dass sie unsterblich sind. Sollte tatsächlich ein Alterungsprozess stattfinden und es sich hier wirklich um Serienmorde handeln, deren Täter aller Wahrscheinlichkeit nach aus ihren eigenen Reihen stammt, dann sollten wir uns fragen, was sie wohl sonst noch vor uns verbergen.«
Teri sprang nun beinahe von ihrem Stuhl hoch. »Diesen Bericht habe ich auch gelesen, Will, und ich würde ihn nicht gerade als zuverlässigen Beweis betrachten. Das sind vielmehr alles reine Spekulationen! Engelkritische Elemente wollen lediglich einen Machtkampf provozieren, nur dass das nicht funktioniert. Es hält nie lange an, wenn man die Leute allzu sehr aufpeitscht. Es ist doch offensichtlich, dass sie nichts weiter als ein Sprachrohr für Linden und seine Partei sind.«
Sylvester trank seinen Whiskey aus. Dann stellte er das Glas ab und legte ein paar Geldscheine auf den Tresen.
»Danke«, sagte er zum Barmann, zog die Jacke an und marschierte zur Tür. Als er auf die stillen Straßen von Angel City hinaustrat, sog er tief die nächtliche Luft ein. Die Sterne am Himmel funkelten schwach zwischen den kleinen Wolken hindurch.
Sobald sich die Tür hinter Sylvester geschlossen hatte, trat der Barkeeper ans Fenster, stellte die Neonreklame aus und drehte das Schild an der Tür von »Offen« auf »Geschlossen«. Nachdem er die Tür verriegelt hatte, ging er an die Bar zurück, wo an der Wand reihenweise die staubigen Fotografien von Engeln hingen. Er nahm die Fernbedienung zur Hand. Will, Teri und Colonel Jessup brüllten sich in der Show jetzt regelrecht an. Der Barkeeper drückte auf den roten Knopf und sofort wurde der Bildschirm schwarz. Stille breitete sich in der Bar aus, während er fortfuhr, unter den staubbedeckten, wachsamen Augen der glamourösen Engel auf den Fotos den Boden zu kehren.
20
Maddy stolperte mit noch nassem Haar die Treppe hinunter und zerrte ihren Hoodie über ein Oberteil, das sie aus dem Wäschekorb hatte holen müssen. Infolge des katastrophalen vergangenen Abends hatte sie vergessen, den Wecker zu stellen, und nun war sie zu spät für die Morgenschicht dran. Ihre Glieder pochten vor Müdigkeit und ihr Kopf schmerzte von den qualvollen Erinnerungen an die Party. Doch zumindest war das jetzt ein für alle Mal vorbei. Keine Lügen, keine Ausflüchte mehr. Sie konnte jetzt wieder ganz normal Maddy sein. Über alles Weitere versuchte sie nicht nachzudenken. Auch nicht über Jackson.
Sie griff nach ihrem Rucksack, den sie auf den Boden geworfen hatte, und ließ ihren funkelnagelneuen BlackBerry Miracle hineingleiten. Den würde sie trotz allem behalten, hatte sie beschlossen. Sie hätte ohnehin ein neues Handy benötigt, und so hatte sie das Gefühl, wenigstens etwas Positives gewonnen zu haben. Sie nahm ein Stück Brot aus
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