Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)

kahlen Kopf.
    Ich streiche seine grauen Fransen wieder an Ort und Stelle. «Wenn das okay ist?»
    «Ich bin mir nicht sicher, ob ich meine beste Mechanikerin mit jemandem teilen will.»
    Ich setze ein flehendes Gesicht auf.
    Er lacht tief aus dem Bauch heraus. «Da bleibt mir wohl keine andere Wahl.»
    «Er ist richtig gut. Du wirst es bestimmt nicht bereuen.»
    Seine blauen Augen funkeln. «Das werden wir ja sehen.»
    Meine Mutter tritt hinter ihn, wischt sich die Hände an der Schürze ab und beugt sich über ihn, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, bevor sie sich ans Tischende setzt. Sie streicht sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, bevor sie Großvaters Teller nimmt und ihm auftut.
    Unwillkürlich denke ich, wie sehr sie sich in den letzten paar Wochen verändert hat. Sie wirkt viel lebendiger, als habe sie Matts Tod endlich halbwegs überwunden. Es versetzt meinem Herzen einen kleinen Stich, als ich mich in dem Wissen, dass er hier irgendwo ist, in der Küche umschaue. Wie sehr wünschte ich, sie könnte ihn sehen!
    Sie reicht Großvater einen vollen Teller. «Freut mich, dass du zum Abendessen gekommen bist, Dad. Ich finde, du ernährst dich nicht vernünftig.»
    «Ich esse ganz gut.» Er stellt seinen Teller auf den Tisch und klopft sich auf den runden Bauch.
    Mein Vater kommt aus dem Wohnzimmer, und auch meine Schwestern – außer Mary, die letzte Woche ausgezogen ist – versammeln sich um den Esstisch. «Oh, mein Lieblingsessen, Hühnchen und Klöße!» Er breitet seine Serviette auf dem Schoß aus.
    Das Essen wird herumgereicht, und alle lassen es sich schmecken, aber bei den Cavanaughs geht’s bei Tisch nie ruhig zu. Grace und Maggie streiten darüber, wer heute Abend spülen und die Küche aufräumen muss, während mein Vater Kate zusetzt, weil sie für diesen Sommer noch keinen Ferienjob hat. Alle haben etwas zu sagen – und alle gleichzeitig. Als die Gespräche schließlich verebben, wendet meine Mutter sich an mich.
    «Wofür hast du dich so feingemacht?»
    Ich schaue an meinem schwarzen Seidentop und den Jeans hinunter. Was sagt das über mich, wenn ich mich damit schon «feingemacht» habe?
    «Luc und ich gehen heute Abend mit Taylor, Riley und Trev zu den Gallaghers.»
    «Trev? Riley geht immer noch mit Trevor?»
    Ich muss unwillkürlich lächeln. «Ja, da geht’s richtig ab.»
    «Und Taylor hat nichts dagegen, dass Riley mit ihrem kleinen Bruder zusammen ist?»
    «Sie gewöhnt sich allmählich dran.» Das ist geschwindelt. In Wirklichkeit ist Taylor immer noch ziemlich sauer. Aber so ist Taylor nun mal. Verzeihen war noch nie ihre Stärke.
    Taylor war die erste Person, die ich in Haden kennengelernt habe, und sie ist die perfekte Freundin für mich. Wir sind kurz nach Matts Tod hergezogen, und ich war damals ziemlich daneben und brauchte eine Weile, bis mir auffiel, dass auch meine Mutter ziemlich neben der Spur war. Mein Vater wollte, dass wir herziehen, damit meine Mutter in der Nähe ihrer Eltern ist.
    Jedenfalls war Taylor genau das, was ich damals brauchte. Wir reden beide nicht gern über unsere Gefühle oder so. Riley gesellte sich sehr viel später zu uns und wurde eher zufällig unsere Freundin. Sie und all ihr Gefühlskram sind gefährlich. Aber ich freue mich natürlich für sie, dass sie «den Richtigen» gefunden hat. Sie hat immer gewusst, dass es ihn gibt. Nur schade, dass es ausgerechnet Taylors Bruder ist.
    «Chase holt mich auch ab, Mom», sagt Kate. Ich schaue, was sie trägt, und unterdrücke einen Anflug von Neid. Sie sieht immer supertoll aus. Infolge kosmischer Ungerechtigkeit hat Kate in unserer Familie nicht nur das beste Aussehen bekommen, sondern auch eine anständige Körpergröße. Sie ist die Einzige von uns Mädels, die größer ist als eins achtundsechzig.
    «Haben seine Eltern all diese Partys nicht langsam satt?», fragt meine Mutter.
    «Nein, die finden das okay. Wenigstens wissen sie so, wo ihre Kids sich rumtreiben», antwortet Kate.
    Kates Freund Chase ist eines der zehn Kinder der Gallaghers, und sämtliche Highschool-Partys finden seit Menschengedenken im Garten hinter ihrem Haus statt.
    Maggie rutscht auf ihrem Stuhl herum. «Ich gehe auch.»
    Mein Vater zeigt mit der Gabel auf sie und fixiert sie mit strengem Blick. «Das glaube ich nicht.»
    «Aber Roadkill spielt da heute Abend. Delanie hat mich eingeladen», jammert sie und richtet den Blick flehentlich auf mich.
    Ich befasse mich mit dem Rest meines Hühnchens. «Liegt nicht an mir,