Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
ich mich um, doch der Flur ist leer.
Ich schlüpfe durch die Wand in die Wohnung des Dämons, wo Frannie die Einkäufe wegräumt, während Luc den tropfenden Eierkarton in den Mülleimer wirft.
Er dreht sich langsam zu mir um. «Was war das denn?»
Ich zucke die Achseln. Hoffentlich sieht man mir meine Gewissensbisse nicht an. «Was?»
«Der Trick mit der berstenden Einkaufstüte.»
Ich hebe in gespielter Unschuld die Hände, denn ich kann den Mund nicht aufmachen, um es zu leugnen.
Er schüttelt den Kopf und kramt mit einem verkniffenen Lächeln in den restlichen Einkäufen.
«Matt hat mir auf dem Weg hierher erzählt, dass er gern sichtbar wäre, wenn er hier ist», erklärt Frannie und schließt den Kühlschrank.
Der Dämon sucht meinen Blick. «Warum?»
Ich gehe zum Tisch und setze mich auf einen Stuhl. «Ich möchte ein Gefühl für die Leute in deinem Haus bekommen.»
«Noch nicht mal ich hab ein ‹Gefühl› für die Leute in meinem Haus», sagt der Dämon.
«Und was ist mit deiner neuen Nachbarin? Lili?» Ein Prickeln elektrisiert meine Haut. Hoffentlich sieht man es mir nicht an.
«Was soll mit ihr sein?» Seine Stimme hat einen scharfen Unterton.
Ich mustere ihn eingehend, bemüht, seinen Blick zu deuten. Schließlich zucke ich die Achseln. «Nichts, ehrlich.»
Frannie lehnt sich mit der Hüfte an den Tisch und schaut Luc voller Hoffnung an.
«Ich weiß nicht …», setzt er an, aber dann bemerkt er Frannies Miene, und seine Züge werden weich. «Könnte von Vorteil sein, wenn du sichtbar wärst. Wenigstens wüssten wir dann genau, wann du da bist», sagt er, als plappere er Frannie nach.
Ich lächele erleichtert, schwinge die Füße auf den Tisch und kippele mit dem Stuhl. «Ich glaube …»
Frannie stürzt sich wütend auf mich und schiebt meine Füße vom Tisch. Der Stuhl knallt runter. «Um Himmels willen, Matt! Kann ja sein, dass du nichts essen muss … Wir aber schon. Füße vom Tisch!»
«Tut mir leid.» Ich richte mich auf. «Nun, ich denke, wir sollten hier im Haus anfangen. Ich kann ein paar Leute kennenlernen, und dann sehen wir ja, wie’s läuft.»
Der Kopf des Dämons fährt hoch, und in seinen Augen flackert etwas auf. «Lili?»
«Warum nicht. Und wen du sonst noch so kennst», sage ich, obwohl ich weiß, dass es sonst niemanden gibt.
Frannie setzt sich mir gegenüber und sieht ihn an. «Was meinst du?»
Er kneift die Augen zusammen. «Na gut.»
«Toll. Wenn Lili das nächste Mal hier ist, tun wir einfach so, als würde ich mit euch abhängen. Um zu sehen, wie es läuft.»
Frannie strahlt und steht auf. «Das wird toll!»
Ich bete, dass sie recht hat. Sie gibt dem Dämon einen Kuss auf die Wange und wendet sich zum Gehen.
«Ich muss zur Arbeit. Holst du mich heute Abend ab, damit wir gemeinsam zu den Gallaghers gehen?», fragt sie.
Luc lächelt und bringt sie zur Tür. «Versuch mal, mich davon abzuhalten.»
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Kapitel 4
Der Kampf mit den inneren Dämonen
Frannie
Die Frühschicht bei Ricco’s ist immer viel lockerer. Trotzdem stinke ich, als ich nach Hause komme, und steige gleich unter die Dusche. Als ich danach in Top und Jeans in mein Zimmer gehe, fühle ich mich fast schon wieder wie ein Mensch.
Matt liegt mit Stöpseln in den Ohren bäuchlings auf meinem Bett und beschäftigt sich mit meinem iPod. Er grinst, wirft den Kopf rhythmisch in die Luft, und seine blonden Locken fliegen im Takt der Musik, die nur er hören kann. «Im nächsten Leben werde ich Rockstar!», ruft er.
Ich reiße ihm die Kopfhörer aus den Ohren. «Pst! Soll die ganze Welt dich hören?»
Er schürzt die Lippen und macht große Augen. «Ups!»
Ich lächele, als mir aufgeht, was er gesagt hat. «In deinem nächsten Leben?»
«Ja.»
«Du bekommst noch ein Leben?» Ich setze mich zu ihm aufs Bett.
«Nein. Jedenfalls nicht im wortwörtlichen Sinne. Aber wenn ich mit meinem Auftritt als Schutzengel durch bin, gründe ich eine Rockband.»
«Im Himmel gibt’s Rockbands?» Ich versuche, mir das vorzustellen. «Das klingt aber nicht nach dem ‹Chor der Engel›, von dem sie in der Kirche immer reden.»
Er schnaubt. «Keine Chöre.»
«Dann geht der himmlische Refrain eher wie ‹Highway to Hell›?» Ich lache und überlege, wie Pater O’Donnell diese Nachricht wohl aufnehmen würde. Als ich den Blick wieder auf Matt richte, grinst er. «Was?»
«Weißt du noch, wie wir Maggie mal an die Nachbarn verkaufen wollten?», fragt er.
Und ob ich mich erinnere!
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