Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
der feuchte Film auf ihren Wangen schimmert im trüben Licht. «Ich war schon mit Typen zusammen … vielen Typen.»
Ein langer Seufzer der Erleichterung entfährt meiner Brust. Sie weiß es nicht. Jetzt kann ihr nichts mehr passieren. Dafür werde ich sorgen. Niemand wird ihr je wieder so nahe kommen, dass er ihr wehtun kann. Sonst kriegt er es mit mir zu tun.
Ich gehe langsam zum Fenster. «Wen du in der Vergangenheit geliebt hast …»
Sie verzieht das Gesicht, und ihre Augen werden zu Stein. «Ich habe sie nicht geliebt !», faucht sie.
Ich mache große Augen, und alles wird kalt. «Oh.»
Der Schmerz in ihrer Stimme bringt mich fast um. Ich will sie trösten, aber sie wehrt mich ab. «Ich tue, was ich tun muss, um zu überleben.» Ihre Stimme bricht, und sie wendet sich wieder ab. Vergeblich versucht sie, ein Schluchzen zu unterdrücken.
«Es tut mir so leid, Lili.» Hilflos lege ich eine Hand auf ihre Schulter.
Sie zuckt unter meiner Berührung zusammen und geht in die Küche, nimmt ein Gemüsemesser von der Arbeitsplatte und rollt das Heft zwischen den Händen. Panik überkommt mich bei dem Gedanken, was sie damit anstellen könnte. Doch sie rammt es nur mit der Spitze in die Arbeitsplatte.
«Kann ich etwas tun?» Der Druck in meiner Brust ist schier unerträglich.
Sie wendet sich mir zu, und trotz der Tränen ist ihr Blick hart. «Geh einfach.»
«In diesem Zustand lasse ich dich nicht allein.» Ich mache einen Schritt auf sie zu und strecke die Hand aus, aber ihre Augen blitzen vor Zorn.
«Ich will dein Mitleid nicht. Und jetzt verschwinde, verdammt.»
Ich muss etwas tun. «Nein.»
«Was, gehst du erst, wenn ich’s dir besorgt habe?», versetzt sie sarkastisch. «Du bist genau wie die anderen.» Sie dreht sich wieder um, und es sieht so aus, als wolle sie das Messer aus der Arbeitsplatte ziehen.
Mein Inneres verkrampft sich zu einem harten Ball. Sie muss erfahren, dass ich anders bin, aber wie? Ich konzentriere mich auf sie – auf das, was ich für sie empfinde –, und strahle es aus. Vielleicht versteht sie mich so.
«Nein», sage ich leise. «Ich gehe erst, wenn du kapierst, dass es mir ernst war, als ich sagte, dass ich dich liebe.»
Sie dreht sich mit großen Augen um. «Du kannst mich nicht lieben. Ich bin nicht liebenswert.»
Behutsam lege ich ihr den Arm um die Taille. «Aber ich liebe dich.»
Sie senkt den Blick zu Boden. «Also, ich hasse dich.»
«Wenn du meinst …»
Sie lehnt sich an mich und legt die Hände flach auf meine Brust. «Ich hasse dich», wiederholt sie.
Ich drücke ihr einen Kuss ins Haar und vergrabe das Gesicht darin. «Ich liebe dich.»
Sie schmiegt sich an mich, und ich stehe in Flammen. Und als sie mich küsst, ist es, als habe sie eine Lunte angezündet. Die schwelende Hitze verzehrt mich.
Ich weiß, ich sollte auf Abstand gehen – aus vielen Gründen. Sie ist jetzt sehr verletzlich, und ich darf das nicht ausnutzen. Außerdem ist da noch die Sache mit den Flügeln. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sie verlieren werde, wenn ich diese Grenze überschreite. Aber ich kann nicht anders. Ich brauche sie so sehr, es ist beinahe, als wäre sie das Herz, das ich nicht habe. Ein lebendiger Teil von mir, den ich vermisse.
Endlich schaffe ich es, mich von ihr zu lösen. «Lili, ich kann nicht. Nicht jetzt.»
Sie schubst mich. «Weil ich zu widerwärtig bin.»
«Nein. Ganz und gar nicht.» Ich lege ihr die Hand auf die Brust, über das Herz, und spüre es klopfen. Sie ist mein Herz.
«Ja, gut. Verschwinde einfach.» Sie stürmt zur Tür und reißt sie auf.
Das leere schwarze Loch in meinem Innern stürzt in sich zusammen. Ich muss gehen, bevor die Dinge außer Kontrolle geraten. Aber nicht so.
«Lili …»
«Hau ab.»
An der Tür zögere ich. Ich will ihr zeigen, dass es mir ernst ist, dass ich mehr will als nur Sex. Ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn, und dann wandern meine Lippen zu ihrem Ohr. «Wir machen das richtig, Lili. Ich brauche nur noch ein wenig Zeit.»
Wie lange hat Frannie gebraucht, um Luc zu verwandeln?
Ein paar Wochen? Einen Monat?
Für Lili kann ich so lange warten. Und in der Zwischenzeit muss ich doch irgendetwas tun können, um ihre Markierung umzukehren. Ohne meine Flügel werde ich nutzlos für sie sein. Hoffnung erfüllt mich. Ich muss nur eine Weile stark sein.
Ich kann das.
Aber als unsere Blicke sich begegnen, durchfährt mich ein so mächtiges Verlangen, dass ich an nichts anderes mehr denken kann. Ein Feuer,
Weitere Kostenlose Bücher